Kontroversen

 

Technik und Krieg - Interview mit Jutta Weber

In der aktuellen Ausgabe der Zeit befindet sich ein großer Artikel über die immer virtuellere Art und Weise der Kriegsführung. These des Beitrags ist, dass gegenwärtig eine unübersichtliche Gemengelage entsteht, in der nicht mehr klar ist, wer das Kommando hat - Menschen oder Algorithmen. Die militärische Forschung hält sich aus nachvollziehbaren Gründen zu diesem Thema bedeckt. Fragen der Verantwortung, so legt der Artikel nahe, scheinen im militärischen Kontext nicht präsent.
Demgegenüber argumentiert die Techinkphilosophin Jutta Weber (gegenwärtig TU Braunschweig), dass durch die neuen Formen der Kriegsführung neue Fragen der Ethik und Verantwortung entstehen, die diskutiert werden müssen.
Das Interview ist als Download auf der Webseite von Jutta Weber erhältlich.
Der Artikel "Das automatisierte Töten", von Tobias Hürtler, erschien in der Zeit Nr. 27 (1.7.2010) und findet sich auch auf Zeit-Online.
 

Vortrag von Franz Schultheis am Hamburger Institut für Sozialforschung / Hinweis auf Vortragsreihe

Am vergangenen Mittwoch, 28.01.2009 war der Soziologe Franz Schultheis (St. Gallen) am Hamburger Institut für Sozialforschung zu Gast. Anlass war die derzeitige Vortragsreihe zum Themenkomplex Prekarität/ Flexibilität. Sein Vortrag „Flexibilität - Prekarität: Zwei Gesichter der Unternehmensmodernisierung“ kennzeichnete zunächst den aus den französischen Sozialwissenschaften der 1980er Jahre übernommenen Begriff in die deutsche Sozialwissenschaft in den späten 1990er Jahren. Mit dem Konzept lassen sich mehrere Ebenen von Prekarisierungsprozessen kennzeichnen: die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, Prekarisierung der Lebensbedingungen, Abwertung von schulischem Kapital (z. B. Inflation von Bildungstiteln) und weitere, wie z. B. der Verlust kollektiver Identitäten, wie dem „stolzen Arbeiter“ – es handelt sich also einerseits um objektive Tatbestände, aber auch Ensembles inkorporisierter und „naturalisierter“ prekärer Existenzbedingungen (Habitus).
Das Prekarität nicht „einfach so“ entsteht, sondern es sich um eine „systematisch gesellschaftlich hervorgebrachte Lage“ handelt, in der sich „der neue Geist des Kapitalismus“ (Boltanski und Chiapello) zeige, führte Schultheis im Folgenden am Beispiel einer schweizerischen Großbank aus. In einem Umstrukturierungsprozess in den 1990er Jahren, der maßgeblich von der Unternehmensberatung McKinsey durchgeführt wurde, wurden in dem Traditionsunternehmen (das keine wirtschaftlichen Probleme hatte und angab, bis dahin noch nie eine Entlassung durchgeführt zu haben) 4.400 Mitarbeiter entlassen, nachdem alle Angestellten von dem Beratungsunternehmen einer Evaluierung unterzogen worden waren –es handelte sich demnach um die Mitarbeiter mit der geringsten „employability“. Bei der statistischen Auswertung nach bestimmten an Pierre Bourdieu angelehnten Kriterien fand das Forscherteam heraus, dass sich in der Gruppe der 4.400 „leaver“ besonders viele über 55-Jährige, Fauen, Teilzeitbeschäftigte, Menschen mit Handicap, Beschäftigte mit Kindern im schulpflichtigen Alter und Mitarbeiter ohne Abitur befanden.
Wo liegen die Ursachen hierfür? Mit Boltanski und Chiapello gesprochen, ist der Kapitalismus reflexiv geworden und hat seine Kritik inkorporiert: Die „Künstlerkritik“, wonach der Mensch selber nach Autonomie streben solle, anstatt in Hierarchien Aufgaben auszuführen, wurde aufgenommen und gegen die Arbeiter verwendet. Diese Kritik am Kapitalismus ließ jedoch außer Acht, dass nur diejenigen von der Subjektivierung und Flexibilisierung profitieren können, die (über) bestimmte Kapitalsorten besitzen (verfügen)– die Eliten. Für die unteren Sozialschichten bedeuten diese Prozesse eine Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen.
Im Anschluss an den Vortrag entspann sich eine lebhafte Diskussion, in der auch Fragen zur zunehmenden Technizität der Wirtschaft angesprochen wurden. Die Rolle der Technik, die hier noch als „Blackbox“ schemenhaft bleibt, empirisch zu konturieren, ist eine der Aufgaben, mit der sich die volkskundlich-kulturwissenschaftliche Technikforschung in die Untersuchung dieser Veränderungen einbringt.
Weitere Vorträge zum Thema im Februar und März.
 

Volkskunde vs. Völkerkunde? Kulturwissenschaftliche Technikforschung and Cyberanthropology

Alexander Knorr ist Wissenschaftlicher Assistent an der LMU München an der Fakultät für Kulturwissenschaften / Institut für Ethnologie und Afrikanistik. Dort betreibt er unter anderem ein englischsprachiges Weblog "xirdalium" zu seinem Schwerpunkt Cyberanthropologie ("a blog in the strict
sense of the term accompanying the c y b e r anthropological
research-project 'm a x m o d'"
) . Nun hat er offensichtlich dieses Weblog hier entdeckt und nimmt das zum Anlass, sich prinzipiell zum Verhältnis von Volkskunde und Völkerkunde zu äußern.


Hats

(Diese Abbildung ist der Aufmacher für seinen Weblogeintrag)

Zunächst zitiert er ausführlich aus unserer englischen Selbstdarstellung (scrollen). Dabei versucht er seinem englischsprachigen Publikum den Unterschied zwischen Volkskunde und Völkerkunde zu erklären:

"Now you may ask what is "Volkskunde" and how is it differentiated from ↵sociocultural anthropology?"

Für seine Argumentation greift er auf die Erklärung von Alan Barnard ("History and Theory in Anthropology") zurück, die mir dann doch etwas zu schlicht ausfällt, da sie offensichtlich den Stand vor 1970 referiert und wenigstens in den mir im Moment verfügbaren Auszügen die nach 1970 stattgefundenen Entwicklungen (etwa die Hinwendung zu den Sozialwissenschaften insgesamt, zu den Cultural Studies oder zur Sozialgeschichte bzw. ihre zentrale Rolle für die Durchsetzung der Alltagsgeschichte nicht reflektiert oder wenigstens erahnen lässt):

"In Germany and parts of Central and Eastern Europe, there is a further distinction, namely between Volkskunde and Völkerkunde. These terms have no precise English equivalents, but the distinction is a very important one. Volkskunde usually refers to the study of folklore and local customs, including handicrafts, of one's own country. It is a particularly strong field in these parts of Europe and to some extent in Scandinavia. Völkerkunde is the wider, comparative social science also known in Germany as Ethnologie. (Barnard 2000: 2)"

Schließlich informiert A. Knorr über die Irrungen und Wirrungen der Münchner Version der BA/MA-Einführung und den Konsequenzen dessen, dass die Münchner Volkskunde sich den Zusatz "Europpäische Ethnologie" gegeben hat, was im übrigen auch andernorts immer wieder diskutiert wurde, aber offensichtlich hier am weitesten fortgeschritten ist :

"And indeed since quite some years Munich's Institut für Volkskunde has added Europäische Ethnologie to its name. This addition lured some outsiders, namely within the university's higher administration, to the following request: "Fuse those two things, they have converged to indistinguishability already!" The "greater vision" was to have the fusage manifested in one BA-course-of-studies, and pressure towards that end was executed upon us. For roughly the last one and a half years we had intensive talks with our Volkskunde-peers. In terms of envisioned structure the result of the talks indeed is a combined BA, but with two clearly separated MAs on top of it. The really worthwhile results of the talks are the vast clarification of indeed different methods, perspectives and approaches at large. Volkskunde and Völkerkunde of course are kin disciplines which share a lot—but there's a big heap they don't share. Herein lies the value of cooperation: mutual influence and benefit. Interdisciplinarity—still one of the biggest buzzwords flying around into every direction within the ivory tower and beyond—needs disciplines as a prerequisite."

Es dürfte der Zustand der Wissenschaftslandschaft insgesamt sein, nämlich die zahlreichen Versuche Hochschule zu ökonomisieren, der dazu führt, dass die an sich vernünftige Bestrebung, das Gemeinsame zu betonen, in dieser Form ad absurdum geführt wird.

"And it's not meant as a melting pot. The same is true for the respective sub-genres cyberanthropology and Kulturwissenschaftliche Technikforschung. There's still the naive, cliché-laden way of how to distinguish disciplines: Them guys are looking at Europe, and them other guys are looking on Africa; those two gangs are both looking at technology ... That way of defining and circumscribing academical endeavours is as dated as hat and helmet pictured above. They are a joke at best."

In der Tat, so lässt sich die Geschichte nicht mehr erzählen. Insbesondere im Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung nicht mehr. Mehr dazu, in den nächsten Wochen.

Aber: What about "the heap, they don't share"?
Vielleicht nur soviel aus meiner Sicht, nämlich dass es in unserer Fachperspektive keinen Sinn macht (wobei ich das für die Ethnologie nicht in Abrede stellen möchte und so etwas - um ein Thema zu pushen - eine Zeit lang auch stimmig sein kann), das Internet im Sinne einer CyberVolkskunde oder Cyberkulturwissenschaft zu untersuchen. Ich sehe darin ein mediales Artefakt, dass insbesondere in Verknüpfung mit dem 'Real Life' von Bedeutung ist.

Das ist aber in der Tat ein interessanter Punkt. Vielleicht können wir uns darüber in eine konstruktive Diskussion verwickeln.
 

Unterwelten ohne Internetkultur

Peter Genath, Mitautor des jüngst in der Rheinisch-Westfälischen Zeitschrift für Volkskunde publizierten Beitrags über "Ethnografie und Internet", verfasste in der selben Ausgabe dieser Zeitschrift eine Rezension (S. 229-230) des in Tübingen entstandenen und von Kaspar Maase und Bernd Jürgen Warneken herausgegebenen Sammelbandes "Unterwelten der Kultur. Themen und Theorien der volkskundlichen Kulturwissenschaft". Darin kritisiert Genath zunächst noch einigermaßen nachvollziehbar, wenn auch demgegenüber einwendbar wäre, dass sich die Systematik des Buches auf einem anderen Abstraktionsniveau bewegt und beispielsweise der Beitrag von Kaspar Maase ("Zum Studium der Unterhaltung") sich auch Anregungen für die Analyse von Internetkulturen bereithält:

"Allerdings hat dieser Band keinen Fokus auf einen Kernbereich gegenwärtiger Alltagskultur, und zwar den Bereich Internet und Internetkultur. Dies ist zu bedauern, denn die von den Autoren beschriebenen 'Unterwelten' der Kultur lassen sich natürlich auch bzw. gerade in diesem typischen alltagskulturellen Feld finden, das aus der heutigen Berufs- und Alltagswelt nicht mehr wegzudenken ist. Dabei sind ebenen auch die im Band kurz angedeuteten Lebensstile von größter Bedeutung."

Allerdings werden hier auch Eulen nach Athen getragen, wenn vergessen wird, dass gerade in Tübingen 1998 das erste DFG-Projekt zur "Transformation von Alltagsbeziehungen von InternetnutzerInnen" durchgeführt wurde. Darüber hinaus ist es eben die Frage, ob es Sinn macht, "Internet und Internetkultur" als eigenen Forschungsgegenstand zum Kernbereich von Alltagskultur zu erheben. Hier würde ich widersprechen und vorschlagen, die Konvergenzen zwischen Online- und Offline-Welt ernst zu nehmen und die Nutzung von neuen Informations- und Kommunikationstechniken entweder in unterschiedlichen sozialen Gruppen oder im Kontext umfassenderer Aspekte von Alltagskultur zu untersuchen [womit aber die Kritik, dass das Thema in den "Unterwelten" nicht angemessen vorkommt, nicht hinfällig wird].

[Darüber hinaus ist eine zunehmende Verengung auf historische Perspektiven allerdings nicht nur ein Tübinger Charakteristikum. Damit eng verbunden ist die Renaissance des Begriffs "Volkskunde" sowie eine Überbetonung historischer Themen. Dabei wird eine Stärke des Faches, nämlich die Verknüpfung von historischer Perspektive und Gegenwartskultur recht eindimensional zurechtgestutzt.]

"Ganz eindeutig zeigt sich bei der Forschung um und mit dem Internet eine gesellschaftliche Differenzierung der Akteure nach dem Alter, denn der Umgang mit dem Internet - und damit mit dem Computer und den vielfälitgen Möglichkeiten der Nutzung von Software (z.B. die gegenwärtig zum Teil ideologisch aufgeladene Entscheidung, Microsoft oder so genannte 'Open Source Software') und Hardware - wird inzwischen in jüngeren und mittel alten Gesellschaftsschichten als selbstverständlich vorausgesetzt."

Alter und Generationen werden inzwischen immer wieder als harter Indikator für soziale Ungleichheit verhandelt. Das stimmt schon in der Rentenfrage nicht und führt auch im Hinblick auf die Nutzung Neuer Medien von dem eigentlichen Digital Divide (der in der Forschung immer mehr mit Blick auf die Nutzungsweisen untersucht wird) weg. Zudem erscheint es mir langsam wieder an der Zeit, sich im Fach wieder auf die Vermittlung von Basiswissen zu den Kategorien sozialer Strukturierung zu besinnen. In diesem Sinne immer wieder empfehlenswert: Michael Vester (zusammen mit Peter von Oertzen/Heiko Geiling/Thomas Hermann/Dagmar Müller: Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Frankfurt/M. 2001.

"Sowohl im Privaten als auch in der beruflichen Sphäre bedeutet die Nichtteilnahme an der Kommunikation über das Internet für dieses Altersgruppierungen einen z.T. dramatischen Verlust nicht nur an Informations- und Arbeitsmöglichkeit, sondern auch an sozialen Austauschprozessen. Inwieweit eine Nichtteilnahme an diesen neuen Medien oder sogenannten Online-Communities neue Unterwelten überhaupt erst produziert, ist eine weitere relevante Frage für die Volkskunde."

Das klingt ein wenig nach volkspädagogischem Bemühen und dem Multimedia-Hype der Bangemann-Kommission aus Mitte der 90er Jahre. Eine "relevante Frage" kulturwissenschaftlicher Technikforschung ist darüber hinaus auch, woher der technikeuphorischen Diskurs seine Durchschlagskraft erhalten hat und welche soziale Gruppen denselben artikulieren (vgl. hierzu einige thesenhaften Überlegungen). Die angesprochenen Ungleichheiten haben ihre Ursache nicht im sogenannten Digital Divide (wenn überhaupt repräsentiert der Digital Divide diverse Formen von sozialer Ungleichheit). Vielmehr entsteht soziale Ungleichheit gegenwärtig als politisch gewollte soziale Entwicklung. "Relevant" wird die Frage, wenn man sie vom Kopf auf die Füße stellt und zeigt wie Nichtnutzung und Nutzung (sic!) bestehende soziale Praxen und Strukturierungen repräsentiert, ermöglicht oder verstärkt. By the way: Bereits aus den Cultural Studies der 70er Jahre (z.B. Willis 1979: "Spaß am Widerstand") wissen wir, dass auch bestimmte soziokulturelle Praxen (etwa in der Schule) zur sozialen Selbststigmatisierung beitragen können. Es ist daher weniger die Teilhabe am Internet das Problem, als vielmehr die Vermittlung zentraler (aktueller) Kulturtechniken angesagt, die zur Nutzung von Bildungsinhalten überhaupt erst befähigen. Dazu benötigt man aber keineswegs das Internet oder das Laptop im Klassenzimmer, sondern eine vernünftige Kindergarteninfrastruktur und Schulausbildung, die aber die neoliberale Politik nicht finanzieren will.
 

"Blogger" gegen "Akademiker"?

Verschiedentlich entdecken Blogger, die sich einer wie auch immer gearteten Weblog-Szene zugehörig fühlen, Weblogs wie des unsrigen. Dann kann es schon vorkommen, dass sie sich aufregen. So wenn beispielsweise "Q: Are We Not Men? oblomows freudententakel", ein gerade mal zwei Monate altes Blog dieses Weblog unter dem etwas selbstentlarvenden Titel Akademiker, so nicht!auf's Korn nimmt.

Nach dem Motto, wer sich der Blogossphäre aussetzt, der ist selbst schuld, könnte man das ganze ackselzuckend übergehen (oder polemisch platt psychologisierend die Rachegefühle geplagter Studierender oder gar gescheiterter Akademiker unterstellen), aber immerhin ist es doch interessant, wenn einem das, was Teil der wissenschaftlichen Wissensproduktion ist, selbst unterläuft. In dem von Jan Schmidt/Christian Stegbauer/Klaus Schönberger (2005, 11) im Weblog-Schwerpunkt von kommunikation@gesellschaft veröffentlichten Forschungsstand wird genau jener Sachverhalt thematisiert, wenn die, die Gegenstand der Forschung sind "zurückschlagen" oder sagen wir mal neutraler "sich zu Wort melden" ("Die Labormäuse schlagen zurück").
So werden in besagtem Eintrag Standards eingeklagt, die sich mit Blick auf die Ergebnisse der Forschung zwar leicht zurückweisen lassen (Vgl. den Kommentar in besagtem Blog). Interessanter ist demgegenüber das Phänomenen, dass via Weblog nun mehr die "ProbandInnen" den Spieß umdrehen können. Diesen Sachverhalt könnte man auch unter Verweis auf den im Fach bekannten Methoden-Text von Warneken/Wittel (Die neue Angst vor dem Feld. Ethnographisches Research up am Beispiel der Unternehmenskulturforschung, in: Zeitschrift für Volkskunde, Jg. 93, H. 1, S. 1–17.) diskutieren. Warneken/Wittel beschreiben nämlich ein vergleichbares Problem am Beispiel von Forschungen in der Unternehmensethnographie. Sie bezeichnen Untersuchungssituationen, in denen die Probanden einen ähnlichen bis höheren Status als die Feldforscher besitzen und diese nun um ihren Status als anerkannte Wissenschaftler ringen müssen, als „research up“. In unserem Falle geht es zwar nicht um einen höheren Status, sondern bereits um eine Art "Gegenbeobachtung" oder "Gegenuntersuchung". Das animiert zu spannenden methodischen Überlegungen. Hierbei muss ich es bewenden lassen, weil ein Problem für Akademiker-Blogger ist nun mal ein zeitnotorisches. Es gibt einfach auch noch eine Menge anderer Dinge zu erledigen.
 

"Tagebücher für die Forschung" - über wissenschaftliche Weblogs

Andreas Köster, Volontär, beim duz Magazin, rief neulich hier in Hamburg an und erkundigte sich über den Einsatz von Weblogs in der Wissenschaft. Der Artikel "Tagebücher für die Forschung" erschien nun im duz MAGAZIN 07/2005.

Köster befragte eine ganzen Reihe von Wissenschaftlern über den Einsatz von Weblogs in der Wissenschaft. Zum Zeitpunkt seiner Recherche hatte er, nach eigenem Bekunden, nicht viel gefunden. Das sollte auch so bleiben. Daher sind denn auch die Interviewpartner weniger Praktiker als Beobachter oder Nutzer der Szenerie:

"Was in den USA längst gang und gäbe ist, hält in der deutschen Forscherszene erst allmählich Einzug: Die Wissenschaftskommunikation via Online-Tagebuch. Das Potenzial so genannter 'Forschungs-Weblogs' ist unbestritten. Es gilt allerdings, sie auch zu nutzen."

Und damit sind wir bei dem Problem des Artikels. Er bringt die Sache nicht auf den Punkt. Das mag vor allem daran liegen, dass praktische Erfahrungen bisher hierzulande tatsächlich kaum vorliegen. Schließlich wird unser eigenes Weblog als Beispiel herangezogen. Dabei ist es immer wieder eine erhellende Erfahrung, wenn man sich selbst an die zentralen Punkte eines Gespräches zu erinnern versucht und dann sieht, was der Gegenüber daraus gemacht hat:

"Die wichtigsten Hürden auf dem Weg zu einer gelungenen Weblog-Kommunikation müssen jedoch die Forscher selbst überwinden, fordert der Hamburger Kulturwissenschaftler Dr. Klaus Schönberger. Nämlich veröffentlichen und kommentieren, kurz: 'bloggen'. Natürlich weiß er: „Forscher neigen zur Perfektion.“ Und dies führe allzu oft dazu, dass sie erst ans Publizieren dächten, wenn sie sich ihrer Sache ganz sicher seien. „Denn Wissenschaftler sagen nicht gern etwas Unvernünftiges, schon gar nicht in einem öffentlichen Raum.“

Gefordert habe ich das nicht, sondern festgestellt. Und by the way ist es sogar sinnvoll, etwas zurückhaltender zu sein, solange Wissenschaft so funktioniert wie sie funktioniert.

Schönberger reizt indes die Probe aufs Exempel. „Man muss ja mal damit anfangen“, sagt er. Am Hamburger Forschungskolleg 'Kulturwissenschaftliche Technikforschung' betreut er seit kurzem einen Forschungs-Weblog – und wartet seitdem gespannt auf Einträge (http://bildung. twoday.net/stories/719985/). Ein eifriger Tagebuchschreiber war allerdings auch er bislang nicht."
Das mit dem Warten ist natürlich Blödsinn. Vielmehr zeigt sich in der Praxis was vorhersehbar war und ich das dem Journalisten auch gesagt habe. Nämlich dass es illusorisch ist, bloss weil technisch Möglichkeiten zur Verfügung stehen, dieselben auch im Sinne des sozialen Potenzials genutzt werden. Und wer sagt denn, dass bloss weil ein Format ursprünglich vom Tagebuch herrührt, dasselbe auch im Sinne dieser Formatvorgabe angeeignet werden muss. Das wissen nun die Kulturwissenschaftler seit langem, dass Eigensinn, Zweckentfremdung usw. klassische Effekte im Verlauf der Aneignung eines Mediums sind. Insofern kann der Autor noch lange warten ....
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Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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