Forschungsnetzwerk Anthropologie des Medialen über "mediale Selbstbefähigkeit" (13)
Im Panel 6 des Mainzer dgv-Kongreeses stellte sich das "Forschungsnetzwerk Anthropologie des Medialen" (FAME) vor.
Die Einleitung nahm Katharina Kinder von der Universität Lancaster vor, die das Panel zugleich moderierte.
Claudius Terkowsky (Frankfurt/M.) spricht über "E-Learning by Design: Vom Entwerfen neuer universitärer Lern-Landschaften". So erfahren wir, dass an der Universität Frankfurt das Thema E-Learning eine vergleichsweise große Rolle spielt. Er entwickelt thesenhaft die Bedeutung von elearning im Kontext von Organisationen und betonte eine mitunter kulturrevolutionäre Beziehung zwischen institutionalisiertem Wissen und projektbezogenes Wissen im Internet. Er untersucht aber nicht nur die kulturellen Implikationen, sondern auch die mit E-Learning verbundene Ökonomisierung. Eine zentrale Aussage hinsichtlich der Veränderung von Lernkultur und dem Einfluss auf die Wissenskompetenzen von Lehrenden und Lernenden, lautete: Die mediale Lernfähigkeit sei prinzipiell offen und erschöpfe sich nicht in den bestehenden kulturellen Voraussetzungen.
Anschließend sprach Carsten Ochs über "Software-Lokalisierung in Lahore". Er stellt die grundsätzliche Frage, was passiert im Zuge des Computerisierungs-Prozessse der Gesellschaft eines sogenannten Entwicklungslandes in Hinblick auf die
- menschlichen Formen,
- nicht-menschlichen Formen sowie
- kulturelle "Programmatiken"
Bei ihm steht die empirische Feldphase noch aus und er sprach vor allem über seinen Forschungsplan. Das Verhältnis zwischen Medium und Mensch möchte er als wechselseitiges gefasst sehen. Er beabsichtigt dynamische Wechselwirkungen zwischen Menschen und Medien in den Mittelpunkt stellen und argumentiert wider einen Formzentrismus.
(Vgl. hierzu sein Forschungexposee auf der Fame-Netzwerk-Seite).
Eine seiner zentralen Frage lautet darüber hinaus: Was passiert mit der Technologie, wenn sie in ein anderes kulturelles Umfeld gelangt?
Zu Alexander Schwinghammer (Frankfurt) und dem Vortrag "Blick/Bild/Berichterstattung. Zu den Praktiken des Bildgebrauchs" vgl a. den Kongress-Blog:
"Der Theaterwissenschaftler Alexander Schwinghammer hingegen referierte zu den Praktiken des Bildgebrauchs in Kriegs- und Krisenzeiten. Am Beispiel des Ende 2003 erstmals in Berlin vorgeführten und als Verarbeitung des Irak-Kriegs bezeichneten Stücks “Bambiland” (Text: Elfriede Jellinek), erläuterte er die mediale Vermittlung von Kriegsgeschehen, die vorrangig mit Inszenierung - und damit mit einer temporären Verdichtung - arbeitet. Durch spezifische Auswahl, Organisation und Strukturierung von Materialien wird bei der Kriegsberichterstattung etwas zur Erscheinung gebracht, das sich seiner wahrnehmbaren Gegenständlichkeit entzieht und nur durch Medien zur Erscheinung kommt. Schwinghammer rückte das Transformationsgeschehen in den Mittelpunkt, indem er darauf hinwies, dass Reporter, dadurch, dass sie mediale Formate erhalten, erschaffen und weiterentwickeln, darauf abzielen, das Ungewöhnliche im Mittelpunkt der medialen Beobachtung zu platzieren. Projekte wie Bambiland würden daher zur Reflexion anregen. Denn sie belegen, welche Weltgeschehnisse als medial-kulturelle Attraktion hervorgebracht werden."
Julie Woletz (Frankfurt/Main) sprach über "Digitale Videostories: Mediale Selbstbefähigung oder 15 Minuten Ruhm"
Sie stellte im Kontext von "Web 2.0" oder "Mitmach_Internet" die Vorstellung der medialen Selbstbefähigung die der Andy-Warholschen Vorstellung von "15 Minuten Ruhm" gegenüber. Sie verortete das Digital Storytelling im Kontext des kulturellen Musters des Geschichtenerzählens. Dabei verwies sie auch darauf, in welcher Weise diese Formen und Ästhetik des Amateur-Erzählens auf die professionelle Mediendarstellung zurückwirke. In den Main-Stream-Medienformaten finde allerdings der Aspekt der Nutzerpartizipation eine vergleichbare Rückkoppelung. Sie berichtete, dass unter YouTube sich über 600.000 Filme finden ließen, die den Titel "Story" in sich trügen oder unter "Story" getaggt seien (So habe angesichts der Fülle von Filmen YouTube ein Kategoriensystem entwickeln müssen).
Sie konstatiert eine mediale Selbstbefähigung im Sinne einer produktiven Aneignung medientechnoloigscher Features und einer Weiterentwicklung ihrere Optionen, auch abseits öffentlicher Resonanz.
Sie diagnostiziert eine aktuelle Kulturtechnik des Geschichtenerzählens in den untersuchten Videostories. Dabei stehen Formen des Erzählens in in den klassischen Massenmedien den Formen des DigitalStorytellings gegenüber:
Unterdessen habe sich eine eigene Medienkultur herausgebildet.
Als letzter Referent in diesem Panel sprach Wolfgang Zeglovits (Wien) über "Praxis der Weblog-Software-Entwicklung. Fallstudien zu blogger.com und antville.org". Das Forschungsvorhaben dreht sich um das Entstehen von Weblogsoftware.
1. Theoretisches
W.Zeglovits geht von den Begriffen Produktion - Distribution - Konsumtion, die für ihn auf unterschiedliche Wissenskompetenzen
und nicht auf unterschiedliche Rollen verweisen. Sein zentraler Begriff lautet "Mediale Selbstbefähigung"
2. Methodisch:
Er will Keine reine Online-Ethnographie vorlegen.
3. Ziel
Es geht ihm auch darum zu zeigen, dass auch im Kontext von Social Software, Web 2.0 oder Open Source die martkförmigen Mechanismen der kapitalistischen Produktionsweise nicht ausser Kraft gesetzt wird, sondern, dass auch die Entwicklung von Weblog-Software diesem Rahmen nicht entkommen kann.
W. Zeglovits versuchte schließlich als letzter Sprecher das Verbindende der auf dem Kongress vertretenen Ansätze wie Kulturwissenschaftliche Technikforschung oder eben auch "Forschungsnetzwerk Anthropologie des Medialen" hervorzuheben. Ihm gehe es darum die vorhandenen Chancen etwas neues auszuprobieren, zu nutzen. Katharina Kinder hatte aber auch in ihrer Einleitung auf gegenseitige Bezüge aufmerksam gemacht. Und die Frage nach dem "Eigensinn" ermöglichte den ReferentInnen mit ihren doch sehr unterschiedlichen Themen bzw. Ansätzen nochmals die Schnittmengen praktisch auszuloten. Was der Einführungsvortrag des Kongresses - nach allem was zu hören war - offenbar nicht zu leisten vermochte, wurde hier im konkreten Handgemenge des Panels nun doch greifbarer. Das Bemühen wurde jedenfalls deutlich und das ist doch ein guter Anfang.
Die Einleitung nahm Katharina Kinder von der Universität Lancaster vor, die das Panel zugleich moderierte.
Claudius Terkowsky (Frankfurt/M.) spricht über "E-Learning by Design: Vom Entwerfen neuer universitärer Lern-Landschaften". So erfahren wir, dass an der Universität Frankfurt das Thema E-Learning eine vergleichsweise große Rolle spielt. Er entwickelt thesenhaft die Bedeutung von elearning im Kontext von Organisationen und betonte eine mitunter kulturrevolutionäre Beziehung zwischen institutionalisiertem Wissen und projektbezogenes Wissen im Internet. Er untersucht aber nicht nur die kulturellen Implikationen, sondern auch die mit E-Learning verbundene Ökonomisierung. Eine zentrale Aussage hinsichtlich der Veränderung von Lernkultur und dem Einfluss auf die Wissenskompetenzen von Lehrenden und Lernenden, lautete: Die mediale Lernfähigkeit sei prinzipiell offen und erschöpfe sich nicht in den bestehenden kulturellen Voraussetzungen.
Anschließend sprach Carsten Ochs über "Software-Lokalisierung in Lahore". Er stellt die grundsätzliche Frage, was passiert im Zuge des Computerisierungs-Prozessse der Gesellschaft eines sogenannten Entwicklungslandes in Hinblick auf die
- menschlichen Formen,
- nicht-menschlichen Formen sowie
- kulturelle "Programmatiken"
Bei ihm steht die empirische Feldphase noch aus und er sprach vor allem über seinen Forschungsplan. Das Verhältnis zwischen Medium und Mensch möchte er als wechselseitiges gefasst sehen. Er beabsichtigt dynamische Wechselwirkungen zwischen Menschen und Medien in den Mittelpunkt stellen und argumentiert wider einen Formzentrismus.
(Vgl. hierzu sein Forschungexposee auf der Fame-Netzwerk-Seite).
Eine seiner zentralen Frage lautet darüber hinaus: Was passiert mit der Technologie, wenn sie in ein anderes kulturelles Umfeld gelangt?
Zu Alexander Schwinghammer (Frankfurt) und dem Vortrag "Blick/Bild/Berichterstattung. Zu den Praktiken des Bildgebrauchs" vgl a. den Kongress-Blog:
"Der Theaterwissenschaftler Alexander Schwinghammer hingegen referierte zu den Praktiken des Bildgebrauchs in Kriegs- und Krisenzeiten. Am Beispiel des Ende 2003 erstmals in Berlin vorgeführten und als Verarbeitung des Irak-Kriegs bezeichneten Stücks “Bambiland” (Text: Elfriede Jellinek), erläuterte er die mediale Vermittlung von Kriegsgeschehen, die vorrangig mit Inszenierung - und damit mit einer temporären Verdichtung - arbeitet. Durch spezifische Auswahl, Organisation und Strukturierung von Materialien wird bei der Kriegsberichterstattung etwas zur Erscheinung gebracht, das sich seiner wahrnehmbaren Gegenständlichkeit entzieht und nur durch Medien zur Erscheinung kommt. Schwinghammer rückte das Transformationsgeschehen in den Mittelpunkt, indem er darauf hinwies, dass Reporter, dadurch, dass sie mediale Formate erhalten, erschaffen und weiterentwickeln, darauf abzielen, das Ungewöhnliche im Mittelpunkt der medialen Beobachtung zu platzieren. Projekte wie Bambiland würden daher zur Reflexion anregen. Denn sie belegen, welche Weltgeschehnisse als medial-kulturelle Attraktion hervorgebracht werden."
Julie Woletz (Frankfurt/Main) sprach über "Digitale Videostories: Mediale Selbstbefähigung oder 15 Minuten Ruhm"
Sie stellte im Kontext von "Web 2.0" oder "Mitmach_Internet" die Vorstellung der medialen Selbstbefähigung die der Andy-Warholschen Vorstellung von "15 Minuten Ruhm" gegenüber. Sie verortete das Digital Storytelling im Kontext des kulturellen Musters des Geschichtenerzählens. Dabei verwies sie auch darauf, in welcher Weise diese Formen und Ästhetik des Amateur-Erzählens auf die professionelle Mediendarstellung zurückwirke. In den Main-Stream-Medienformaten finde allerdings der Aspekt der Nutzerpartizipation eine vergleichbare Rückkoppelung. Sie berichtete, dass unter YouTube sich über 600.000 Filme finden ließen, die den Titel "Story" in sich trügen oder unter "Story" getaggt seien (So habe angesichts der Fülle von Filmen YouTube ein Kategoriensystem entwickeln müssen).
Sie konstatiert eine mediale Selbstbefähigung im Sinne einer produktiven Aneignung medientechnoloigscher Features und einer Weiterentwicklung ihrere Optionen, auch abseits öffentlicher Resonanz.
Sie diagnostiziert eine aktuelle Kulturtechnik des Geschichtenerzählens in den untersuchten Videostories. Dabei stehen Formen des Erzählens in in den klassischen Massenmedien den Formen des DigitalStorytellings gegenüber:
- erweiterte Beteiligungsformen und Nutzerpartizipation im Internet
- private Medienarcdhive und Geschichten als Selbstinszenierung (Mediatisierung es Privaten, "Authentischen"
- Verlagerung der Inhalte zugunsten einer Inszenierung des Pirevaten allätglichen und Authentischen
Unterdessen habe sich eine eigene Medienkultur herausgebildet.
Als letzter Referent in diesem Panel sprach Wolfgang Zeglovits (Wien) über "Praxis der Weblog-Software-Entwicklung. Fallstudien zu blogger.com und antville.org". Das Forschungsvorhaben dreht sich um das Entstehen von Weblogsoftware.
1. Theoretisches
W.Zeglovits geht von den Begriffen Produktion - Distribution - Konsumtion, die für ihn auf unterschiedliche Wissenskompetenzen
und nicht auf unterschiedliche Rollen verweisen. Sein zentraler Begriff lautet "Mediale Selbstbefähigung"
2. Methodisch:
Er will Keine reine Online-Ethnographie vorlegen.
3. Ziel
Es geht ihm auch darum zu zeigen, dass auch im Kontext von Social Software, Web 2.0 oder Open Source die martkförmigen Mechanismen der kapitalistischen Produktionsweise nicht ausser Kraft gesetzt wird, sondern, dass auch die Entwicklung von Weblog-Software diesem Rahmen nicht entkommen kann.
W. Zeglovits versuchte schließlich als letzter Sprecher das Verbindende der auf dem Kongress vertretenen Ansätze wie Kulturwissenschaftliche Technikforschung oder eben auch "Forschungsnetzwerk Anthropologie des Medialen" hervorzuheben. Ihm gehe es darum die vorhandenen Chancen etwas neues auszuprobieren, zu nutzen. Katharina Kinder hatte aber auch in ihrer Einleitung auf gegenseitige Bezüge aufmerksam gemacht. Und die Frage nach dem "Eigensinn" ermöglichte den ReferentInnen mit ihren doch sehr unterschiedlichen Themen bzw. Ansätzen nochmals die Schnittmengen praktisch auszuloten. Was der Einführungsvortrag des Kongresses - nach allem was zu hören war - offenbar nicht zu leisten vermochte, wurde hier im konkreten Handgemenge des Panels nun doch greifbarer. Das Bemühen wurde jedenfalls deutlich und das ist doch ein guter Anfang.
kschoenberger - 26. Sep, 10:02
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