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authentizität@gesellschaft (10): Plagiate an der Uni

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Technische "Lösungen" für ein nicht-technisches Problem:



[Materialien für die gleichnamige Vorlesung und Übung am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien: "Authentizität@Gesellschaft - Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Suche nach dem Original und auf die Dynamiken von Fake, Konstruktion und Fälschung"]
 

authentizität@gesellschaft (9): CORNELIA SOLLFRANK: ORIGINALE UND ANDERE FÄLSCHUNGEN | ORIGINALS AND OTHER FAKES

ERÖFFNUNG | OPENING
Freitag, 23. Januar 2009, 19 Uhr | Friday, 23 January 2009, 7 p.m.

im Edith-Ruß-Haus für Medienkunst in Oldenburg


Cornelia Sollfrank
ORIGINALE UND ANDERE FÄLSCHUNGEN



Pressegespräch: Donnerstag, 22. Januar 2009, 14 Uhr
Eröffnung: 23. Januar 2009, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 24. Januar bis 19. April 2009


Im Edith-Ruß-Haus für Medienkunst wird am 23. Januar 2009 die
Ausstellung *Originale und andere Fälschungen* eröffnet. Im Zentrum der Ausstellung steht die Frage nach den *geistigen* Eigentumsverhältnissen von in öffentlichem Besitz befindlichen
Kunstwerken, die im Projekt MuseumShop bearbeitet wird. Die Künstlerin Cornelia Sollfrank nutzt ihre Einladung zu einer Einzelausstellung für eine Zusammenarbeit mit Oldenburger Museen: Sie wählte Ölgemälde, Skulpturen und Grafiken aus dem Bestand des Stadtmuseums, des Horst-Janssen-Museums und des Landesmuseums Oldenburg aus und zeigt´anhand dieser Werke einen exemplarischen Verwertungsdurchlauf.

Im Obergeschoss des Edith-Ruß-Hauses für Medienkunst werden die
Besucher zunächst mit einer klassisch-musealen Präsentation der
ausgeliehenen Originalwerke überrascht. Im Untergeschoss beginnt der Verwertungszyklus durch die im Video *Das maximal Einmalige und seine Transformation zum Gleichartigen* dokumentierte Arbeit des Museumsfotografen Christoph Irrgang, der die Werke in bester Qualität abbildet.

Basis der Verwertung von Immaterialgütern ist das Urheberrecht;
entsprechend stellt die Künstlerin die komplexe juristische Ebene des Projektes durch eine Vielzahl von Verträgen in der Ausstellung dar:
Nicht nur mit den leihgebenden Museen wurden Verträge abgeschlossen, sondern auch mit der VG Bild-Kunst, den Urhebern der Originalwerke bzw. ihrer Erben, den Fotografen, der Kamerafrau und zahlreichen weiteren Beteiligten.

In ihrer Online-Agentur *Art-Content24* bietet die Künstlerin
schließlich die Reproduktionen der Originalwerke zum Verkauf an. Über die Website http://www.art-content24.de kann der Besucher in der Ausstellung oder ganz bequem von zuhause aus Reproduktionen der Originalwerke in unterschiedlichen Qualitäten und Preisen erwerben.

Cornelia Sollfrank arbeitet seit den 1990er Jahren künstlerisch in und
mit weltweiten Kommunikationsnetzen und ihr Projekt net.art generator - eine Kunst generierende Internetmaschine - gilt als Pionierleistung der Netzkunst. Die als Cyberfeministin und Hackerin bekannte Künstlerin lebt in Celle, Hamburg und Dundee (UK) und erhielt 2008 das Arbeitsstipendium des Edith-Ruß-Hauses für Medienkunst. Zu den zentralen Anliegen ihrer Kunst gehört es, neue Formen von Autorschaft zu erproben, künstlerische Verfahren der Aneignung weiterzuschreiben und Mythen um Genialität und
Originalität zu dekonstruieren. Aus dieser Thematik entwickelte sich ihr derzeitiger Arbeitsschwerpunkt zum Thema Urheberecht und geistiges Eigentum. (http://artwarez.org)


Im Rahmen ihres Arbeitsstipendiums begann Cornelia Sollfrank die Arbeit an ihrem neuen Projekt *Déja vu*, einer grafisch orientierten
Plagiaterkennungssoftware. *Während Anti-Plagiarismus-Software in
wissenschaftlichen Umgebungen bereits standardmäßig zum Einsatz kommt, gibt es im Bereich der Bildenden Kunst und visueller Kultur kaum technische Lösungen zum Schutz vor geistigem Diebstahl*, stellt Sollfrank fest. Als Partner konnte die Künstlerin das Fraunhofer SIT (Institut Sichere Informationstechnologie) in Darmstadt gewinnen, das an Software-Anwendungen für Wasserzeichen-basierten Urheberschutz arbeitet.
In der Ausstellung werden erste Ergebnisse der praktischen Anwendung von digitalem Originalitätsschutz in Form von Differenzbildern vorgestellt.

Zur Ausstellung erscheint Ende März der Katalog Cornelia Sollfrank
*Expanded Original* beim Hatje Cantz Verlag. Präsentation am
Sonntag, den 29. März 2009, 16 Uhr.


Die Ausstellung wird großzügig gefördert von der Stiftung
Niedersachsen, der Stiftung Kunstfonds, dem Land Niedersachen und der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg.


VORTRAG UND KÜNSTLERGESPRÄCH
Donnerstag, 26. Februar 2009, 19 Uhr
Dr. Martin Steinebach, Fraunhofer Institut Sichere
InfomationsTechnologie (SIT), Darmstadt und Cornelia Sollfrank zum Thema Digitaler Originalitäts-Nachweis und Plagiarismus als Kunst

FÜHRUNGEN
> >Regelmäßige Führungen
jeden Sonntag, 15 Uhr
> >Abendöffnung mit Führung
Donnerstag, 19. Februar 2009, 17 - 20 Uhr, Führung um 18 Uhr von Sabine Himmelsbach, Leiterin des Edith-Ruß-Hauses für Medienkunst
Donnerstag, 26. März 2009, 17 - 20 Uhr, Führung um 18 Uhr von Sabine Himmelsbach
Donnerstag, 9. April 2009, 17 - 20 Uhr, Führung um 18 Uhr von Katrin
Werner, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Edith-Ruß-Hauses für
Medienkunst
> >Führungen für private Gruppen, Firmen und Schulklassen nach Absprache


ÖFFNUNGSZEITEN
Dienstag - Freitag 14 - 17 Uhr
Samstag und Sonntag 11 - 17 Uhr
Montag geschlossen
Eintritt: 2,50 / 1,50 €


Edith-Ruß-Haus für Medienkunst
Katharinenstraße 23
D-26121 Oldenburg
fon: +49 (0)441 - 235 25 68
fax: +49 (0)441 - 235 21 61
info@edith-russ-haus.de
www.edith-russ-haus.de

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authentizität@gesellschaft (8): Plagiieren an den Universitäten

Derzeit finden sich wieder gehäuft Zeitungsartikel in Österreich wie in Deutschland, die sich mit dem Thema "Plagiat" im Studium und an der Universität beschäftigen. Das ist ein Dauerbrenner geworden und da stellt sich dann schon die Frage, warum das Thema entweder nur als überwiegend technisches ("Generation Copy & Paste") oder als moralisches Problem verhandelt wird:

Allein die Studentenpresse (13.11.2008) fragt auch nach dem Warum:

"Es stellt sich die Frage: Warum machen Studierende das? Warum setzen sie leichtsinnig ihre Zukunft aufs Spiel? Gründe gibt es viele, allen voran stetig steigender Konkurrenzdruck, keine Lust auf großen Aufwand, oftmals aber auch geringe Fähigkeiten des wissenschaftlichen Arbeitens. Zudem ist das Fälschen einer Arbeit heutzutage so einfach wie nie zuvor: Google, Wikipedia und Co stehen allzeit bereit."


Am Ende mündet es dann doch wieder in die alte Leier: Weil es technisch so einfach sei.

In Baden-Württemberg wird derweil eine Änderung des Hochschulgesetzes vorbereitet werden. Wer abschreibt fliegt raus. Derweil werden in Wien nicht nur gegen Studierende Plagiats-Vorwürfe erhoben, sondern auch gegen ein Team der Wiener Medizinuniversität der Fälschungs-Vorwurf, was aber noch mal eine ganz andere Nummer ist.

Berühmt-berücktigt ist der inzwischen als "Plagiats-Jäger" bekannt gewordene österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber, dessen Motive, sich in dieser Verve einer solchen Sache zu verschreiben, unklar bleiben: "Plagiats-Jäger Weber kritisiert Software – und gibt Tipps zum richtigen Abschreiben." (Die Presse, 16.11. 2008). Das dabei eine Portion Wut und Frustration über den Universitätsbetrieb im Allgemeinen und die Verhältnisse in den Medienwissenschaften im Besonderen eine Rolle spielen, lässt sich vermuten. Und natürlich geht es auch um Branding. Dass die Berichtererstattung über das Thema das Problem fortlaufend neu generiert ist aus solch einer Perspektive eher nachrangig. Wenn dann auch noch eine „Agentur für wissenschaftliche Integrität“ gefordert und vorbereitet wird, dann ist auch klar, wer hierfür am besten geeignet erscheint. Good luck!

Die Universitäten treibt Weber derzeit vor sich her, dass es eine wahre Freude für jeden Agenda-Setting-Anhänger sein muss.

Die FAZ (13.11. 2008) geht auf die dem baden-württembergischen Gesetzentwurf zugrunde liegende Annahmen ein:

"Ohne dass es schon zweifelsfreie Zahlen zu Plagiatsfällen gäbe, besteht der Eindruck, dass diese Art akademischer Delinquenz erheblich zugenommen hat und sich praktisch auf alle Textsorten erstreckt: Referate, „Folien“, Hausarbeiten, Qualifikationsschriften. Eine lockere Umfrage der Zeitschrift „Varsity“ unter gut eintausend Studenten an der Universität Cambridge will herausgefunden haben, jeder zweite davon greife zuweilen unausgewiesenermaßen auf fremde Textbausteine aus Netzwerken wie Facebook und Myspace zurück. Sätze aus Wikipdia in eigene Werke hineinkopiert hätten mehr als zwei Drittel der Befragten. Dem stehe eine Entdeckungsquote von fünf Prozent gegenüber. Die höchste Zustimmung hat das Plagiieren in Cambridge offenbar unter Studenten der Rechtswissenschaft."

Der Punkt ist allerdings, das überhaupt nicht klar ist, ob das Plagiat wirklich so wie behauptet zugenommen hat, oder dass es jetzt einfach sichtbar wird (nämlich mit der gleichen Technologie, die dafür verantwortlich sein soll, dass es zunähme), zum anderen weist der FAZ-Artikel implizit zumindest darauf hin, dass es die beklagten Praktiken schon immer gegeben hat.

"Das hilft selbstverständlich nicht bei Plagiaten aus Büchern oder anderen Texten, die nicht im Netz lagern. Bei flächendeckendem Einsatz solcher Textvergleichs-Software könnte es insofern zu einer Wiederentdeckung älterer Abschreibepraktiken kommen. Man weiß aus der Wissenschaft selber, wie weit es manche Autoren auch in jüngerer Zeit damit gebracht haben. Oder die Software zeigt ihr normneutrales Gesicht dadurch, dass sie umgekehrt von Studenten eingesetzt wird, die herauszufinden suchen, ob ihr Plagiat als ein solches identifiziert werden kann. Erste Internetanbieter sind bekannt, die gegen eine erschwingliche Gebühr solche Qualitätsprüfungen an Plagiaten vornehmen."

Was aber am meisten stört an der Debatte ist der moralische Unterton. Es wird allenfalls erwähnt, aber nicht als das eigentlich Problem erwähnt, dass es mitunter die Ökonomisierung der Universität selbst ist, die die heutigen Praktiken (ohne das eine Zunahme behauptet werden soll) hervorbringt. Abgesehen davon, dass es im Eigeninteresse der Studierenden liegt (gemessen am Ausbildungsziel) eigenständige Leistungen zu erbringen, lenkt diese Debatte davon ab, dass nicht die plagiierenden Studierenden unser Problem sind, sondern die Bedingungen des Studiums (Bologna-Prozess, Ökonomisierung usw.), die den Nährboden hierfür abgeben.

Eine alternative Betrachtungsweise bietet die österreichische Zeitschrift der IG Kultur, "Kulturrisse". Insbesondere Konrad Becker zeigt, dass der Diskurs auf der ganzen Linie falsch ist.

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authentizität@gesellschaft (7): "Yes (Men), we can!"

Eine Camouflage sei dies in erster Linie und weniger ein Fake, belehrt uns die "Blogchronik der Kommunikationsguerilla" über die neueste Aktion der YesMen, als sie eine falsche Ausgabe der New York Times in einer Auflage von 1,2 Millionen Stück unter die Leute brachte. Darin hiess es unter anderem, dass der Krieg im Irak vorbei sei und George W.Bush vor Gericht gestellt würde. Dabei geht es wieder einmal um die Schaffung wahrer Ereignisse durch falsche Behauptungen. Vgl. als kulturwissenschaftliche Annäherung an die Aktionen der YesMen: Schönberger, Klaus: Scheinbar un-wahr oder wie falsche (Online-) Informationen, wahre (,Real Life') Ereignisse schaffen. Kulturwissenschaftliche Anmerkungen zum Fake als politisches Handlungs- und Kommunikationsmuster. In: Kuckuck 1/2005. Notizen zur Alltagskultur. Themenheft »scheinbar«, S. 18-23. Online verfügbar unter: http://www.code-flow.net/fake/book/schoenberger-dowethics-de.html sowie unter: http://gewi.uni-graz.at/~kuckuck/probe051.htm.


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authentizität@gesellschaft (6): arte: Die Kameramänner von Verdun

Auf arte tv zu sehen am Mittwoch, 12. November 2008 um 21.00 Uhr

Die Kameramänner von Verdun

(Frankreich, 2003, 48mn)
ARTE F
Regie: Agnes De Sacy, Laurent Veray

Wiederholungen:
13.11.2008 um 05:00
15.11.2008 um 14:00

Aus der Ankündigung:

Filmdokumente, die das Geschehen bei Verdun und an den Frontlinien zwischen Franzosen und Deutschen während des Ersten Weltkrieges dokumentieren, gibt es unzählige. Doch die wenigsten Menschen wissen, dass diese Bilder in erster Linie Szenen zeigen, die Jahre später nachgestellt wurden. Die Dokumentation macht deutlich, wie schwierig es für die Kameramänner war, das Filmmaterial, das tatsächliches Kampfgeschehen zeigte, auch öffentlich zu präsentieren.

Zahlreiche Kameraleute haben im Ersten Weltkrieg überall an der Front gefilmt. Die allseits bekannten Bilder zeigen Schützengräben, mörderische Sturmangriffe und Explosionen und lassen sich spontan dem Ersten Weltkrieg zuordnen. Die Filmaufnahmen vermitteln den Eindruck, als folge die Berichterstattung unmittelbar der Wirklichkeit. Tatsache ist aber, dass nur sehr wenige Bilder an der Front entstanden. In den meisten Fällen wurden die spektakulären Szenen Jahre nach Kriegsende auf militärischem Übungsgelände nachgestellt. So blieb das wirkliche Kampfgeschehen unsichtbar.
Zur Propaganda verpflichtet und von der Zensur kontrolliert, unterlagen die Kameraleute zu vielen Zwängen, um ihr Material zu veröffentlichen. Auf der Grundlage einer genauen Prüfung der europäischen Archive rekonstruiert die Dokumentation die Kriegstagebücher, die ein deutscher und ein französischer Kameramann in den Jahren 1914 bis 1918 führten. Damals filmten sie jeweils auf ihrer Seite der Front für die Wochenschauen ihres Landes und standen zum ersten Mal in der Geschichte vor der Frage: Wie lässt sich ein Krieg mit filmischen Mitteln dokumentieren?


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authentizität@gesellschaft (5): Vermarktung "authentischer" indigener Kultur?

Die Wiener Tageszeitung "Die Presse" (31.10.2008) berichtet auf ihrer Wochenend-Reiseseite über "Das Erbe der Regenbogenschlange" oder wie "die Reste der indigenen Kultur" derzeit in Australien "touristisch zu vermarkten" versucht wird.


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authentizität@gesellschaft (4): "Der Tucholsky-Schwindel"

heisst es mit gebührender Verspätung in der Wiener Tageszeitung "Die Presse" (31.10.2008). Sie berichtet erzürnt über jene FinanzmarktkritikerInnen, die einem Lesefehler aufgesessen seien und die Zeilen eines eher rechten Globalisierungskritiker den Rang eines Tucholsky-Gedichtes zugeschrieben hätten.

Der Suedblog (23.10.2008), das Weblog zu Kurt Tucholsky, rekonstruiert das "Making of" und ist einerseits begeistert, via Internet das Entstehen quasi "live" nachvollziehen zu können, andererseits wird hier auch die Ursache unterstellt:


"Es ist ja häufig kaum nachzuvollziehen, warum und weshalb bestimmte Aussagen Tucholsky untergeschoben werden. Um so schöner ist es daher, wenn sich die offensichtlich falsche Verbindung eines Textes mit der Autorschaft Tucholskys einmal “live” mitverfolgen lässt.

Seit gut zwei Wochen geistert im Internet (wo sonst) ein Gedicht herum, das Tucholsky angeblich 1930 in der Weltbühne veröffentlicht hat. Es beschreibt so perfekt die aktuelle Finanzkrise, dass jede Debatte um eine mögliche Vergleichbarkeit mit der Weltwirtschaftskrise von 1929ff sofort verstummen müsste: Heute alles genau wie damals!"


Der weitere Argumentationsgang ...

"Aufklärung" liefert die Frankfurter Rundschau (23.10.2008), die uns zudem klar macht, dass Tucholsky wohl etwas anders argumentiert hätte:

Falsch. Der Text findet sich ursprünglich auf der Website eines gewissen, "freiheitlich" gesinnten Pannonicus (www.genius.co.at/index.php?id=165), der mit richtigem Namen Richard G. Kerschhofer heißt, öfter für die deutlich rechts angesiedelte österreichische Zeitschrift "Zeitbühne" schreibt und wohl auch gewisse Sympathien für die FPÖ hegt. Hätte Tucholsky zum Beispiel jemals von der "Spekulantenbrut" gesprochen oder klingt hier nicht vielmehr ein völkisches Ressentiment an? Ist ja nur 'ne Frage…

Tucholsky war da schon weiter. 1930 erschien in der "Weltbühne" unter dem Pseudonym Theobald Tiger sein Gedicht "Die freie Wirtschaft" und machte die Leser mit dem Klassenstandpunkt vertraut: "…merkt ihr nicht, was mit euch gespielt wird? / mit wessen Schweiß der Gewinn erzielt wird? / Komme, was da kommen mag. / Es kommt der Tag, / da ruft der Arbeitspionier: / Ihr nicht. / Aber Wir. Wir. Wir."



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authentizität@gesellschaft (3): Bildmanipulationen

In der c't 18/2008, S. 148 findet sich ein ausführlicher Artikel-zum Thema Bildmanipulationen von Andrea Trinkwalder
Der Einstieg des Beitrags ist online:


Können diese Pixel lügen?

Der schmale Grat zwischen Bildoptimierung und -fälschung

Digitalkamera plus Photoshop: Gilt das noch als Künstlerbedarf oder bereits als Fälscherwerkzeug? Die Grenze zwischen erlaubtem Handwerk und Manipulation ist fließend, denn selbst ein minimaler Eingriff kann die Aussage eines Bildes komplett verändern.


Weiter im Text


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authentizität@gesellschaft (2): Das Plagiat, als eine schöne Kunst betrachtet

Hans Schmid (Telepolis, 07.10.2008) über "Poe, Pym und allerlei Kopisten":


Die Geschichte des Arthur Gordon Pym von Edgar Allan Poe ist ein Hauptwerk der amerikanischen Literatur. Poe hat allerdings knapp ein Drittel des Romantexts von anderen Autoren abgeschrieben. Warum hat er abgeschrieben und von wem? Ist es schlimm, dass er abgeschrieben hat? Hier sind die Antworten.


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authentizität@gesellschaft (1): Augenzeuge des Krieges Über die Entstehung des Mythos Robert Capa

Augenzeuge des Krieges
so lautet die Überschrift eines Beitrages von Anton Holzer (Herausgeber von "Fotogeschichte") über "die Entstehung des Mythos Robert Capa" in der Zürcher NZZ vom Wochenende (18.10.2008):

"Robert Capas vor kurzem wiederentdeckter Fotokoffer aus dem Spanischen Bürgerkrieg wird weltweit als Sensation gefeiert. Die bisher unbekannten Negative, so heisst es, werfen ein neues Licht auf die frühen Jahre des Fotografen. Ist der Fund wirklich so bedeutsam? Oder ist er nicht vielmehr der vorläufig letzte Baustein einer jahrzehntelang kultivierten Mythologie um den Namen Robert Capa."


Anton Holzer erinnert an die Debatte um die Authentizität des Photos vom berühmten "fallenden" Soldaten.

"Dogma der Authentizität
Blenden wir noch einmal zurück. Am 23. September 1936 veröffentlichte die französische Illustrierte «Vu» Capas Foto des fallenden Soldaten. Wenig später, im Juli 1937, druckte auch die amerikanische Illustrierte «Life» das Bild, Capa war mit einem Schlag weltberühmt. Die Foto wurde zur Ikone der Kriegsfotografie. Sie wurde seither millionenfach reproduziert. Ab Mitte der 1970er Jahre tauchten erstmals Zweifel an der Echtheit des Bildes auf. Sie drehten sich um die entscheidende Frage: Ist die Foto gestellt? Bis heute ist der Streit nicht wirklich entschieden. Interessant ist diese Auseinandersetzung, weil seit dem Spanischen Bürgerkrieg an die Kriegsfotografie neue Ansprüche gestellt wurden, die im Dogma der Authentizität gipfeln. In den 1930er Jahren änderte sich das Image des Kriegsfotografen grundlegend. Der Kriegsfotograf legte nun seine Rolle des anonymen Berichterstatters ab und wurde zum privilegierten Augenzeugen, der unter hohem persönlichem Risiko in die unmittelbare Gefahrenzone des Krieges, die Frontlinie, vordringt und aus dieser Hölle wahre (nicht mehr gestellte) Bilder mitzubringen hat. Robert Capa war einer der ersten Kriegsfotografen, die diese Rolle des auserwählten Sendboten meisterhaft spielten. Noch zwanzig Jahre zuvor, im Ersten Weltkrieg, war ein Grossteil der Pressebilder, die die Kämpfe an vorderster Front zeigen, gestellt. Kaum jemand kümmerte sich damals darum, die Fotografen, die solche Bilder lieferten, wurden nicht der Fälschung geziehen und die Zeitungen, die sie druckten, ebenso wenig. "


Der Artikel dreht sich insgesamt überwiegend um die Bedeutung der "wiedergefundenen" Negative und Holzer kommt zum Schluss:

"Die wiederentdeckten Negative werden das Capa-Bild kaum verändern. Grosse Überraschungen sind nicht zu erwarten. Und auch die Streitfrage, ob der «fallende Soldat» nun eine gestellte Szene ist oder nicht, bleibt weiter ungeklärt. Denn dieses Negativ ist nicht im Koffer. Wieso dann dieser ganze Spuk? Die Bilder leisten vor allem eines: Sie beglaubigen – nach all den Debatten um den fallenden Soldaten – Robert Capas Rolle als herausragender Augenzeuge unseres Jahrhunderts. Die Negative werden als heilige Originale zirkulieren, die über jeden Zweifel erhaben sind. Denn, so wird man behaupten, die Negative, nicht die Abzüge stehen in geradezu greifbarer Nähe zum historischen Ereignis. Sie bestätigen das Bild eines Fotografen, der sich wahrhaftig der Gefahr des Krieges ausgesetzt hat und der in seinen Bildern unzweifelhaft Zeugnis ablegte von dem, was er sah."




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Ein Weblog mit Informationen und Meinungen rund um Fragen der Kulturwissenschaftlichen Technikforschung

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Gerrit Herlyn
Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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