Darmstädter Workshop "Technisierte Körper-Räume und Raumwahrnehmung" mit Technikkolleg-Beteiligung
Interdisziplinärer Workshop, 15. bis 16. Mai 2008, Darmstadt
Technisierte Körper-Räume und Raumwahrnehmung
An diesem Workshop im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs "Topologie der Technik" beteiligt sich auch das Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung. Katrin Petersen, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungskolleg, wird dort ihr Forschungsprojekt (s.u.) zur Diskussion stellen. Der Workshop fragt u.a., wie Räume über technisch-soziale Arrangements hervorgebracht werden und wie sich Körper und Körpervorstellungen in diesen Prozessen verändern. (Call)
Abstract
Fahrrad-Fahren als Körper-Technik.
Zur Erzeugung von Körperlichkeit und Räumlichkeit
in der schulischen Verkehrserziehung.
Fahrradfahren erfordert die Interaktion innerhalb eines komplexen, soziotechnischen Netzwerks aus „Aktanten“ (Bruno Latour). Verkehrsschilder, das Fahrrad, aber auch menschliche Akteure und deren Körper enthalten sozial und kulturell eingeschriebene Handlungsanleitungen und bringen zusammen den Straßenverkehr als technisch-räumliches Arrangement bzw. Fahrradfahren als technisch-räumliche Praxis hervor.
Im Workshop möchte ich am Beispiel der schulischen Verkehrserziehung das Fahrradfahren als Körper-Technik kennzeichnen, in der gerade die Interaktion zwischen Körper und Ding – das Fahrrad-Fahren – entscheidend für die Erzeugung und Wahrnehmung von Körperlichkeit und Räumlichkeit ist. In Wechselwirkung von materiellen Settings, Institutionen, Diskursen und leiblich-körperlicher Erfahrung werden dabei performativ und situativ unterschiedliche, spezifische Fahrrad-Körper erzeugt.
Mit dem Transfer eines spezifischen Regel- und Handlungswissens zielt die Verkehrserziehung zunächst auf die Institutionalisierung der (Körper-) Bewegungen und Beziehungen im Straßenverkehr – also die Erzeugung eines Straßenverkehrs-Körpers – ab. Dies gilt erstens für die Herstellung und Ordnung des Straßenverkehrs als Raum, indem z.B. Einteilungen wie rechts und links vorgenommen werden. Zweitens dient die Verkehrserziehung vor allem der Einübung des Wahrnehmungs- und Handhabungsmediums „Körper“: Aufmerksamkeit wird kanalisiert und situiert (z.B. auf „Gefahrenkonstellationen“), sinnliche Wahrnehmungen werden kategorisiert (z.B. schnell/langsam), motorische Fähigkeiten erprobt (z.B. Gleichgewicht). Die Einübung eines institutionalisierten und technisierten Körper-, Handhabungs- und Handlungswissens soll dabei die notwendigen Kompetenzen für den Umgang mit dem soziotechnischen Netzwerk Straßenverkehr hervorbringen.
Hinsichtlich dieses Wissenstransfers wird dem Körper in der Verkehrserziehung eine besondere pädagogische Wertschätzung zuteil. Erst dessen „praktischer“ Einsatz als Lehr- und Lernmedium verspricht die nachhaltige Habitualisierung der „Körpertechniken“ (Marcel Mauss), die für die Teilnahme am Straßenverkehr normativ als notwendig erachtet werden. So soll hier in Bezug auf das Vor-Machen, aber auch das Er-Fahren mit Michel Foucault nach der Zurichtung des Fahrrad-Körpers als Speicherungsmedium „eingeschriebener“ Körpertechniken gefragt werden.
Um jedoch die Erzeugung – gerade auch eigensinniger – Fahrrad-Körper als Spiel- oder subversive Körper in den Blick zu nehmen, wird weiterhin ein Körperkonzept herangezogen, das mit Helmuth Plessner vom Ineinandergreifen von Körper-Haben und Leib-Sein ausgeht. Dieses Vorgehen ermöglicht, sowohl die diskursive und performative Erzeugung von Körpern und Körperwissen in den Blick zu nehmen, gleichzeitig jedoch Körper in seiner konkreten Materialität – als handlungsermöglichende und -begrenzende Bedingung menschlicher Praxen – zu berücksichtigen. So kann in Bezug auf das Fahrrad-Fahren nicht nur von Hybriden aus menschlichen Akteuren und Dingen die Rede sein, sondern auch der Körper soll – mit Stefan Hirschauer – als materieller Partizipant kultureller Praxen – und damit als bedeutungskonstituierender Bestandteil des soziotechnischen Netzwerks „Straßenverkehr“ gekennzeichnet werden.
Empirische Basis bilden Daten, die ich im Rahmen meines Dissertationsvorhabens „Ordnungs- und Orientierungssysteme des Umgangs mit Technik“ erhoben habe. In diesem Zusammenhang führte ich „beobachtende Teilnahmen“ (Anne Honer) in der Radfahrausbildung an Hamburger Schulen durch. In dieser Hinsicht soll auch der eigene Körper als „Mess- und Erkenntnisinstrument“ (Karin Knorr-Cetina) reflektiert werden.
Technisierte Körper-Räume und Raumwahrnehmung
An diesem Workshop im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs "Topologie der Technik" beteiligt sich auch das Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung. Katrin Petersen, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungskolleg, wird dort ihr Forschungsprojekt (s.u.) zur Diskussion stellen. Der Workshop fragt u.a., wie Räume über technisch-soziale Arrangements hervorgebracht werden und wie sich Körper und Körpervorstellungen in diesen Prozessen verändern. (Call)
Abstract
Fahrrad-Fahren als Körper-Technik.
Zur Erzeugung von Körperlichkeit und Räumlichkeit
in der schulischen Verkehrserziehung.
Fahrradfahren erfordert die Interaktion innerhalb eines komplexen, soziotechnischen Netzwerks aus „Aktanten“ (Bruno Latour). Verkehrsschilder, das Fahrrad, aber auch menschliche Akteure und deren Körper enthalten sozial und kulturell eingeschriebene Handlungsanleitungen und bringen zusammen den Straßenverkehr als technisch-räumliches Arrangement bzw. Fahrradfahren als technisch-räumliche Praxis hervor.
Im Workshop möchte ich am Beispiel der schulischen Verkehrserziehung das Fahrradfahren als Körper-Technik kennzeichnen, in der gerade die Interaktion zwischen Körper und Ding – das Fahrrad-Fahren – entscheidend für die Erzeugung und Wahrnehmung von Körperlichkeit und Räumlichkeit ist. In Wechselwirkung von materiellen Settings, Institutionen, Diskursen und leiblich-körperlicher Erfahrung werden dabei performativ und situativ unterschiedliche, spezifische Fahrrad-Körper erzeugt.
Mit dem Transfer eines spezifischen Regel- und Handlungswissens zielt die Verkehrserziehung zunächst auf die Institutionalisierung der (Körper-) Bewegungen und Beziehungen im Straßenverkehr – also die Erzeugung eines Straßenverkehrs-Körpers – ab. Dies gilt erstens für die Herstellung und Ordnung des Straßenverkehrs als Raum, indem z.B. Einteilungen wie rechts und links vorgenommen werden. Zweitens dient die Verkehrserziehung vor allem der Einübung des Wahrnehmungs- und Handhabungsmediums „Körper“: Aufmerksamkeit wird kanalisiert und situiert (z.B. auf „Gefahrenkonstellationen“), sinnliche Wahrnehmungen werden kategorisiert (z.B. schnell/langsam), motorische Fähigkeiten erprobt (z.B. Gleichgewicht). Die Einübung eines institutionalisierten und technisierten Körper-, Handhabungs- und Handlungswissens soll dabei die notwendigen Kompetenzen für den Umgang mit dem soziotechnischen Netzwerk Straßenverkehr hervorbringen.
Hinsichtlich dieses Wissenstransfers wird dem Körper in der Verkehrserziehung eine besondere pädagogische Wertschätzung zuteil. Erst dessen „praktischer“ Einsatz als Lehr- und Lernmedium verspricht die nachhaltige Habitualisierung der „Körpertechniken“ (Marcel Mauss), die für die Teilnahme am Straßenverkehr normativ als notwendig erachtet werden. So soll hier in Bezug auf das Vor-Machen, aber auch das Er-Fahren mit Michel Foucault nach der Zurichtung des Fahrrad-Körpers als Speicherungsmedium „eingeschriebener“ Körpertechniken gefragt werden.
Um jedoch die Erzeugung – gerade auch eigensinniger – Fahrrad-Körper als Spiel- oder subversive Körper in den Blick zu nehmen, wird weiterhin ein Körperkonzept herangezogen, das mit Helmuth Plessner vom Ineinandergreifen von Körper-Haben und Leib-Sein ausgeht. Dieses Vorgehen ermöglicht, sowohl die diskursive und performative Erzeugung von Körpern und Körperwissen in den Blick zu nehmen, gleichzeitig jedoch Körper in seiner konkreten Materialität – als handlungsermöglichende und -begrenzende Bedingung menschlicher Praxen – zu berücksichtigen. So kann in Bezug auf das Fahrrad-Fahren nicht nur von Hybriden aus menschlichen Akteuren und Dingen die Rede sein, sondern auch der Körper soll – mit Stefan Hirschauer – als materieller Partizipant kultureller Praxen – und damit als bedeutungskonstituierender Bestandteil des soziotechnischen Netzwerks „Straßenverkehr“ gekennzeichnet werden.
Empirische Basis bilden Daten, die ich im Rahmen meines Dissertationsvorhabens „Ordnungs- und Orientierungssysteme des Umgangs mit Technik“ erhoben habe. In diesem Zusammenhang führte ich „beobachtende Teilnahmen“ (Anne Honer) in der Radfahrausbildung an Hamburger Schulen durch. In dieser Hinsicht soll auch der eigene Körper als „Mess- und Erkenntnisinstrument“ (Karin Knorr-Cetina) reflektiert werden.
TK-Kolleg - 15. Mai, 10:19
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