Vortrag Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber: Technik versus Kultur: Warum kommt die Digitalisierung des Radios nicht voran?
Im Rahmen der Vortragsreihe des Hamburger Arbeitskreises Technik und Kultur spricht Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber am 1.2.2007 zum Thema "Technik versus Kultur: Warum kommt die Digitalisierung des Radios nicht voran?"
Mit dem Vortrag setzt der Hamburger Arbeitskreis Technik und Kultur seine Veranstaltungsreihe im Wintersemester 2006/2007 fort. Vortragsbeginn ist um 18 Uhr, Veranstaltungsort ist der Raum 220 im Institut für Volkskunde, Flügelbau West der Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg.
Warum kommt die Digitalisierung des Radios nicht voran?
"Eine recht lapidare Frage. Die Beantwortung hat viel mit verfehlter Technologiepolitik und falschen Leitbildern zu tun. Seit etwa 25 Jahren gibt es das Projekt, eine digitale Nachfolgetechnik für UKW zu entwickeln und einzuführen. In den 90er Jahren wurde dieses Thema in Deutschland entdeckt und europaweit verankert. Eine große Allianz von Herstellern von Unterhaltungselektronik, Forschungsinstituten, Rundfunkanstalten und Landesmedienanstalten arbeitete daran, Digital Audio Broadcasting (DAB) zu entwickeln, zu erproben und schließlich ab 1999 als Regeltechnik in Deutschland und später weltweit einzuführen. Spätestens 2015 sollen laut Beschluss der Bundesregierung alle analogen Radioübertragungen beendet werden. Heute sind DAB-Radioprogramme in etwa 80 % aller deutschen Haushalte empfangbar, freilich ist die Technik auch im siebten Jahr ihres Einsatzes nicht aus der Nische herausgekommen. Viele Anzeichen weisen darauf hin, dass das Vorhaben insgesamt zu scheitern droht. Der Radio-Bereich sollte unter den Medien besonders früh digitalisiert werden; schon jetzt ist sicher, dass er zum Nachzügler wird.
Worin liegen die Gründe? Eine Digitalisierung der Radioübertragung ist zweifellos sinnvoll, es wären mehr Programme in besserer Qualität möglich, dazu sind ganz neue Zusatzleistungen einsetzbar. Wenn das Projekt gescheitert ist, dann aus Gründen, die in folgenden Feldern zu finden sind:
• falsche Leitbilder der Ingenieure,
• verfehlter Einsatz von Geldern zur Technologieförderung,
• widersprüchliche Unterstützungsstrategien aus der Politik,
• zu geringes Bemühen, eine breite Allianz aufzubauen,
• keinerlei Einbezug von Radiomachern und –nutzern,
• kein Einbezug kritischen Sachverstands (Technikfolgenabschätzung, Radio-Wissenschaftler etc.).
Im Jahre 2006 hat DAB längst seine Alleinstellung verloren. In verschiedenen Feldern werden derzeit digitale Radioübertragungen bereits erfolgreich eingesetzt (digitales Satellitenradio in den USA), sind bereit zur Einführung (DRM für Kurz-,Mittel- und Langwelle), dazu finden sich ganz neue digitale Lösungen im Internet (iRadio etc). Damit droht sich das Window of Opportunity für DAB-Radio zu schließen. An dem DAB-Fiasko lässt sich gut darstellen, was geschieht, wenn man bei der Entwicklung neuer Hochleistungstechniken nicht-technische Faktoren ignoriert."
Mit dem Vortrag setzt der Hamburger Arbeitskreis Technik und Kultur seine Veranstaltungsreihe im Wintersemester 2006/2007 fort. Vortragsbeginn ist um 18 Uhr, Veranstaltungsort ist der Raum 220 im Institut für Volkskunde, Flügelbau West der Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg.
Warum kommt die Digitalisierung des Radios nicht voran?
"Eine recht lapidare Frage. Die Beantwortung hat viel mit verfehlter Technologiepolitik und falschen Leitbildern zu tun. Seit etwa 25 Jahren gibt es das Projekt, eine digitale Nachfolgetechnik für UKW zu entwickeln und einzuführen. In den 90er Jahren wurde dieses Thema in Deutschland entdeckt und europaweit verankert. Eine große Allianz von Herstellern von Unterhaltungselektronik, Forschungsinstituten, Rundfunkanstalten und Landesmedienanstalten arbeitete daran, Digital Audio Broadcasting (DAB) zu entwickeln, zu erproben und schließlich ab 1999 als Regeltechnik in Deutschland und später weltweit einzuführen. Spätestens 2015 sollen laut Beschluss der Bundesregierung alle analogen Radioübertragungen beendet werden. Heute sind DAB-Radioprogramme in etwa 80 % aller deutschen Haushalte empfangbar, freilich ist die Technik auch im siebten Jahr ihres Einsatzes nicht aus der Nische herausgekommen. Viele Anzeichen weisen darauf hin, dass das Vorhaben insgesamt zu scheitern droht. Der Radio-Bereich sollte unter den Medien besonders früh digitalisiert werden; schon jetzt ist sicher, dass er zum Nachzügler wird.
Worin liegen die Gründe? Eine Digitalisierung der Radioübertragung ist zweifellos sinnvoll, es wären mehr Programme in besserer Qualität möglich, dazu sind ganz neue Zusatzleistungen einsetzbar. Wenn das Projekt gescheitert ist, dann aus Gründen, die in folgenden Feldern zu finden sind:
• falsche Leitbilder der Ingenieure,
• verfehlter Einsatz von Geldern zur Technologieförderung,
• widersprüchliche Unterstützungsstrategien aus der Politik,
• zu geringes Bemühen, eine breite Allianz aufzubauen,
• keinerlei Einbezug von Radiomachern und –nutzern,
• kein Einbezug kritischen Sachverstands (Technikfolgenabschätzung, Radio-Wissenschaftler etc.).
Im Jahre 2006 hat DAB längst seine Alleinstellung verloren. In verschiedenen Feldern werden derzeit digitale Radioübertragungen bereits erfolgreich eingesetzt (digitales Satellitenradio in den USA), sind bereit zur Einführung (DRM für Kurz-,Mittel- und Langwelle), dazu finden sich ganz neue digitale Lösungen im Internet (iRadio etc). Damit droht sich das Window of Opportunity für DAB-Radio zu schließen. An dem DAB-Fiasko lässt sich gut darstellen, was geschieht, wenn man bei der Entwicklung neuer Hochleistungstechniken nicht-technische Faktoren ignoriert."
C.Oldoerp - 25. Jan, 17:41
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