II. Kongress Kulturwissenschaftliche Technikforschung - Eröffnungsvortrag David Gugerli (2)
David Gugerli hält gegenwärtig den Eröffnungsvortrag des II. Kongresses Kulturwissenschaftliche Technikforschung des gleichnamigen Forschungskollegs am Institut für Volkskunde der Universität Hamburg
Titel:
Flexibles Kombinieren. Datenbankkultur und Deutungsautonomie
Die Welt als Datenbank
Sein Ausgangspunkt ist eine Welt als Datenbank, wie sie in der populären Fernsehserie CSI inszeniert wird. "Mit den von der Crime Scene abgerufenen Daten generieren die Kriminalisten - im technischen wie im cineastischen Sinne - 'views_' - die Rückschlüsse über die vielfältigen Relationen zwischen den Dingen ermöglichen".
David Gugerli zeigt, wie sich diese Perspektive auf die Dramaturgie der Krimiserie auswirkt. Die Datenbank verändere die Prozedur krimalistischer Arbeit - das zeige auch die Art wie der Film aufgebaut sei, - alle Daten der Spezialisten würden erst im Verlauf des Filmes zusammengefügt, die "herkömmliche hermeneutische Prozedur" à la Inspektor Columbo "gehört der Vergangenheit" an.
Historiographische Zugänge
Für seine Untersuchung der interdependenten Entwicklung der Datenbankkultur und Deutungstechnik kritisiert er jene Studien, die "einen bald sechs Jahrzehnte dauernden, höchst verwickelten soziotechnischen Wandesl auf das Thema der Computerrevolution verkürzen wollen".
Er bezieht sich demgegenüber auf drei Forschungsrichtungen, die den Zusammenhang zwischen Datenbankentwicklung und kulturellem Wandel konzipieren:
1. Die Untersuchung von genaueren Nutzerkontexten (Paul Edwards)
2. Die Abkehr vom Primat der Hardwaregeschichte zugunsten einer Softwaregeschichte (Martin Campbell-Kelly)
3. Eine Computergeschichte, "welche mit sozialhistorischen Ansätzen Strategien der Professionalisierung und der Gouvernance" im Zusammenhang von Rechner- und Softwareentwicklung untersuche (etwa bei Verwaltungen und Unternehmen)
Erklärtes Ziel sei eine kritische Geschichte der relationalen Datenbanken.
Die neue Gewaltentrennung
Edgar F. Codd ("A Relational Model of Data for Lare Sharéd Data Banks") konzipierte eine Arbeits- und Gewaltenteilung, bei der informationstechnische Laien, "aber abfragetechnisch urteilssicheren" zukünftigen Nutzer bedient werden sollte.
Charme der Relationalität
Nunmehr wendet sich D. Gugerlich den mit relationalen DAtenbanken erneuten "alten Hoffnungen" erwachten. Insbesondere im Kontext von Unternehmensorganisationen wurden leistungsfähige "Management Information-Systeme" erhofft. Es wurde gehofft, dass hierüber disparate Datenbestände zusammengefasst werden könnten: "Ein Unternehmen sollte in absehbarer Zeit wie ein offenes Buch vor den Augen seiner Manager liegen."
Es ging dabei um die betriebswirtschaftliche Deutungsautonomie: "die erhöhte interpretatorische Freiheit des Nutzers von Datenbanken" falle allerdings in eine Zeit der Diskurse über den "Tod des Autors". Unter Rekurs auf Roland Barthes, Umberto Eco, Michel Foucault und Susan Sonntag sieht D. Gugerli die Entwicklung der relationalen Datenbank im Zusammenhang dieser Krise der Autorenschaft bzw. der Hermeneutik, einem Diskurs über die Trennung von Autor und Leser, die wiederum mit der Trennung von Nutzer und Programmierer korrespondiere. Eine andere Nuance bringe Wolfgang Iser in die Debatte, wenn er von der Unbestimmtheit als Wirkungsbedingung literarischer Prosa"
Die Debatte um die möglichen Lesarten von Texten verknüpft D. Gugerli mit einer impliziten Kritik an diesen Hoffnungen an die Datenbanken im Organisationskontext: "Wieder soll ihre Präsentation so beschaffen sien, dass ihre Deutung nur in eingeschränkter , eben vorgespurter Weise möglich bleibt, noch können sie für sich selbst sprechen."
Titel:
Flexibles Kombinieren. Datenbankkultur und Deutungsautonomie
Die Welt als Datenbank
Sein Ausgangspunkt ist eine Welt als Datenbank, wie sie in der populären Fernsehserie CSI inszeniert wird. "Mit den von der Crime Scene abgerufenen Daten generieren die Kriminalisten - im technischen wie im cineastischen Sinne - 'views_' - die Rückschlüsse über die vielfältigen Relationen zwischen den Dingen ermöglichen".
David Gugerli zeigt, wie sich diese Perspektive auf die Dramaturgie der Krimiserie auswirkt. Die Datenbank verändere die Prozedur krimalistischer Arbeit - das zeige auch die Art wie der Film aufgebaut sei, - alle Daten der Spezialisten würden erst im Verlauf des Filmes zusammengefügt, die "herkömmliche hermeneutische Prozedur" à la Inspektor Columbo "gehört der Vergangenheit" an.
Historiographische Zugänge
Für seine Untersuchung der interdependenten Entwicklung der Datenbankkultur und Deutungstechnik kritisiert er jene Studien, die "einen bald sechs Jahrzehnte dauernden, höchst verwickelten soziotechnischen Wandesl auf das Thema der Computerrevolution verkürzen wollen".
Er bezieht sich demgegenüber auf drei Forschungsrichtungen, die den Zusammenhang zwischen Datenbankentwicklung und kulturellem Wandel konzipieren:
1. Die Untersuchung von genaueren Nutzerkontexten (Paul Edwards)
2. Die Abkehr vom Primat der Hardwaregeschichte zugunsten einer Softwaregeschichte (Martin Campbell-Kelly)
3. Eine Computergeschichte, "welche mit sozialhistorischen Ansätzen Strategien der Professionalisierung und der Gouvernance" im Zusammenhang von Rechner- und Softwareentwicklung untersuche (etwa bei Verwaltungen und Unternehmen)
Erklärtes Ziel sei eine kritische Geschichte der relationalen Datenbanken.
Die neue Gewaltentrennung
Edgar F. Codd ("A Relational Model of Data for Lare Sharéd Data Banks") konzipierte eine Arbeits- und Gewaltenteilung, bei der informationstechnische Laien, "aber abfragetechnisch urteilssicheren" zukünftigen Nutzer bedient werden sollte.
Charme der Relationalität
Nunmehr wendet sich D. Gugerlich den mit relationalen DAtenbanken erneuten "alten Hoffnungen" erwachten. Insbesondere im Kontext von Unternehmensorganisationen wurden leistungsfähige "Management Information-Systeme" erhofft. Es wurde gehofft, dass hierüber disparate Datenbestände zusammengefasst werden könnten: "Ein Unternehmen sollte in absehbarer Zeit wie ein offenes Buch vor den Augen seiner Manager liegen."
Es ging dabei um die betriebswirtschaftliche Deutungsautonomie: "die erhöhte interpretatorische Freiheit des Nutzers von Datenbanken" falle allerdings in eine Zeit der Diskurse über den "Tod des Autors". Unter Rekurs auf Roland Barthes, Umberto Eco, Michel Foucault und Susan Sonntag sieht D. Gugerli die Entwicklung der relationalen Datenbank im Zusammenhang dieser Krise der Autorenschaft bzw. der Hermeneutik, einem Diskurs über die Trennung von Autor und Leser, die wiederum mit der Trennung von Nutzer und Programmierer korrespondiere. Eine andere Nuance bringe Wolfgang Iser in die Debatte, wenn er von der Unbestimmtheit als Wirkungsbedingung literarischer Prosa"
Die Debatte um die möglichen Lesarten von Texten verknüpft D. Gugerli mit einer impliziten Kritik an diesen Hoffnungen an die Datenbanken im Organisationskontext: "Wieder soll ihre Präsentation so beschaffen sien, dass ihre Deutung nur in eingeschränkter , eben vorgespurter Weise möglich bleibt, noch können sie für sich selbst sprechen."
kschoenberger - 1. Jun, 15:59
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