CfP Mobilität und Mobilisierung. Arbeit im soziokulturellen, ökonomischen und politischen Wandel

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Mobilität und Mobilisierung. Arbeit im soziokulturellen, ökonomischen und politischen Wandel
14. Tagung der Kommission „Arbeitskulturen“ der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde

Institut für Volkskunde/ Europäische Ethnologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

München, 26.3.-28.3.09

Die 14. Tagung der „Kommission Arbeitskulturen“ innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde knüpft inhaltlich und konzeptionell sowie hinsichtlich der interdisziplinären Ausrichtung an die letzten beiden Kommissionstagungen in Passau (2005) und Hamburg (2007) an (http://www.d-g-v.org/kommissionen/index.html). Auch in München wird ein erweiterter Arbeitsbegriff in den Mittelpunkt gerückt, der Arbeit nicht auf Erwerbsarbeit verkürzt, son-dern auch andere Formen einbezieht, wie z.B. Familienarbeit, bürgerschaftliches Engagement oder Formen der „Eigenarbeit“. Im Zentrum der Tagung sollen Verfasstheit, Korrespondenz und insbesondere Wandlungsdynamiken von Arbeits- und Lebenswelten in Vergangenheit und Gegenwart stehen. Diese Wandlungsprozesse werden in rezenten Studien mit Hilfe von Begrifflichkeiten wie „Postfordismus“, „Flexibilisierung“, „Prekarisierung“, „Subjektivie-rung“ oder „multiple Entgrenzungen“ analysiert. Die weitere Diskussion dieser Konzepte soll in München allerdings unter einem spezifischen Fokus erfolgen. So wird es darum gehen, solche Prozesse und Dynamiken unter der Perspektive von „Mobilität und Mobilisierung“ zu erhellen und dabei auch besonders die in der Volkskunde prominiente historisch-vergleichende Perspektive stärker zu berücksichtigen.

Die Leitbegriffe umschließen dabei nicht nur zeitliche, sondern auch räumliche, soziale, mentale, psychische und organisatorische Aspekte. Das Spannungsfeld reicht von äußeren Mobili-tätsanforderungen in Ausbildung, Berufslaufbahn, Arbeitsstrukturen und Lebensverhältnissen sowie gouvernementalen Regulationsstrukturen bis hin zu gesellschaftlichen Mobilitätsdis-kursen und intrinsischen Prozessen der Be- und Verarbeitung von Mobilitätswünschen. Zu dem Themenfeld „Mobilität“ werden theoretische wie auch empirische Vorträge anvisiert, die nicht nur einschlägige Phänomene im Postfordismus, sondern auch historische Formen der „Arbeit in Bewegung“ gezielt und unter verschiedenen Aspekten in den Blick nehmen:

• zum einen lokale, z.B. transnationale, und zum anderen soziale Positionsverschiebungen in der Arbeitswelt

• Veränderungen der Arbeitsstrukturen und Arbeitsweisen in historischer und aktueller Perspektive

• die Mobilität bzw. Ortsunabhängigkeit der Arbeit

• saisonale oder dauerhafte Wechsel der Arbeits- und Lebensorte, etwa bei SaisonarbeiterInnen, Trans-MigrantInnen oder PendlerInnen

• Entgrenzungen und (neue) Grenzziehungen in historischer und gegenwärtiger Perspektive: wie lassen sich Bewegungen zwischen Arbeits- und Lebenswelt beschreiben? Zu denken ist an das Arbeiten zwischen „Zuhause“ und „Draußen“, an die Kapitalisierung des Lebens jenseits der Ewerbsarbeit, an Fragen nach Selbst-Ökonomisierung und „Work-Life-Balance“ oder auch an historische Entgrenzungen von Wohn- und Arbeitsformen, z.B. im Bereich der Heimarbeit.

• Wie sind Mobilitätsprozesse transnational oder sozial sowie eventuell auch aus einer gouvernementalen Perspektive zu fassen? Zu denken ist hier an Statusverschiebungen im Lebenslauf, individuelle und kollektive Prekarisierungsprozesse, neue Gruppenbildungen und Schichten im Kontext von ökonomischen Entwicklungen und kulturellen Verschiebungen (Proletariat und Prekariatszonen). Wie werden solche Formen und Räume der Prekarisierung durch gouvernementale Strategien und Praxen mit geschaffen?

• Wie sind Phänomene des „Kognitiven Kapitalismus“ (Yann Moulier Boutang) zu diskutieren, das sich im „Driften“ (Richard Sennett) artikuliert oder auch im Phänomen des Selbst-Vorsorge-Tragens als „mitarbeitender Kunde“ (G. Günther Voss)?

• Wie ist die psychische Mobilität der Arbeitenden zu erkunden, bedingt durch Jobwechsel oder lebenslanges Lernen?

• Wie ist der Wandel des gesellschaftlichen Diskurses über Arbeit zu analysieren?

• Wie lässt sich Mobilität und Mobilisierung museal konzeptionieren und ausstellen?

Neben einer akteurszentrierten Perspektive, aus der solche Themenfelder empirisch und fallstudienartig angegangen werden, soll auch Beiträgen Raum gegeben werden, die politische Entwürfe über die sich verändernden Arbeitsformen auf der Makroebene („Lebenslanges Lernen“, „aktivierender Staat“, „Employability“) zu analysieren suchen. Hier böte sich auch z.B. eine kritisch-selbstreflexive Analyse der Begrifflichkeiten „Mobilität“ und „Mobilisierung“ an sowie der damit verbundenen soziokulturellen Selbstbilder.

Der Fokus „Mobilisierung“ verweist vor allem auch auf die imaginativen Momente der Ar-beitswelt ebenso wie auf alltägliche individuelle und kollektive Widerständigkeiten gegen die marktförmige Zurichtung des Lebens – im Sinne des neuen „Geistes des Kapitalismus“ (Boltanski/Chiapello) oder im Sinne der Disziplinarisierungsdynamiken im fordistischen Wohlfahrtsstaat. Wenn hier nich zuletzt dazu aufgerufen wird, in der Tradition der Arbeiterkulturforschung alltägliche Gegenmuster und Formen der Widerständigkeit, z.B. auch gegen die Rhetorik der Globalisierung, Flexibilität oder gegen andere „Zwänge des Marktes“, aus einer Akteursperspektive heraus als Praxen dicht zu beschreiben, dann werden hier zudem Stärken und Spezifiken volkskundlichen Denkens und ethnographischen Arbeitens ausgespielt, die auf dieser Tagung in einem interdisziplinären Austausch reflektiert werden sollen. Des weiteren sind Beiträge besonders willkommen, die aus einer Metaperspektive die virulente Diskurse über scheinbar „neue“ Arbeitsformen durch den historischen Vergleich sowie durch Diskursanalysen kritisch hinterfragen.

Der „Call“ richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Volkskunde/ Europäischen Ethnologie/Empirischen Kulturwissenschaft und verwandter sozialwissenschaftlicher Disziplinen, die die Themen „Arbeit und Leben“ in Geschichte und Gegenwart untersuchen und sich von der einen oder anderen der hier aufgeworfenen Fragen angeregt fühlen. Ausdrücklich aufgerufen sind auch AbsolventInnen , die sehr gute Qualifizierungsarbeiten verfasst haben. Vorträge können in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden. Sie werden in einem Tagungsband zeitnah an die Tagung publiziert. Die Autorinnen und Autoren der für die Tagung ausgewählten Beiträge werden Anfang August benachrichtigt.

Senden Sie Ihr abstract (max. 2000 Zeichen) bitte bis 04. Juli 2008 an folgende Adresse:

B.Lemberger[at]vkde.fak12.uni-muenchen.de

Konzeption und Organisation:
Prof. Dr. Irene Götz , Barbara Lemberger, M.A.

Institut für Volkskunde/ Europäische Ethnologie
Ludwig-Maximilians-Universität München
Ludwigstrasse 25
D-80539 München
http://www.volkskunde.uni-muenchen.de/index.html

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Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








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