TV-Tip für Arte: Design: Der Walkman

Sonntag, 21. Dezember 2008 um 20.15 Uhr
Wiederholungen: 22.12.2008 um 04:30

Design: Der Walkman
(Frankreich, 2006, 26mn)
ARTE F
Regie: Anna-Celia Kendall


Diese Reihe stellt eine Verbindung zwischen Design und der Zeit seiner Entstehung her und schildert anhand von typischen Industrieprodukten die Geschichte des Designs des letzten Jahrhunderts. Im Vordergrund stehen dabei Gegenstände, die ästhetische und technologische Neuerungen darstellten, ihre jeweilige Epoche widerspiegelten und gleichzeitig ihrer Zeit voraus waren. Heute: der Walkman. Im Bus, beim Einkaufen, beim Joggen: Mit der Erfindung des Walkman revolutionierte Sony 1979 das Musikhören. Plötzlich konnte sich jeder seinen Alltag mit einem eigenen Soundtrack verschönern - immer und überall.

Gerade noch rechtzeitig vor den Sommerferien in Japan, am 22. Juni 1979, präsentierte Sony ein Gerät mit dem sperrigen Namen TPS-L2: ein violett-blaues, 390 Gramm schweres und nahezu backsteingroßes Stück Plastik. Der erste Walkman von Sony.
Die Idee dazu war den persönlichen Bedürfnissen der Sony-Gründer Morita und Ibuka entsprungen, die sich wünschten, Musik individuell und gewissermaßen in jeder Lebenslage hören zu können. Einerseits Musikhören, andererseits Joggen gehen, Einkäufe erledigen oder auf den Bus warten. In kürzester Zeit wurde das kleine drahtlose Gerät zum Verkaufsschlager. Seitdem hat sich das noch immer aktuelle Phänomen "Walkman" auf der ganzen Welt verbreitet und die Privatsphäre, den Musikkonsum und das Verhalten der Menschen, auch untereinander, von Grund auf verändert.
Ob in China, Europa, Japan oder den USA - der weltweite Siegeszug des Walkman war nicht mehr aufzuhalten. Dank seiner einfachen Bedienung und des relativ geringen Preises von rund 140 Dollar wurde der Walkman zum globalen Produkt, das Zugang zu allen gesellschaftlichen Schichten fand. Auch der englische Begriff überwand mühelos alle Sprachbarrieren. Ursprünglich sollte das Gerät, je nach Verkaufsland, unterschiedliche Namen erhalten: zum Beispiel "Stowaway" ("Blinder Passagier") in England, "Soundabout" in den USA oder "Freestyle" in Schweden.

Zum TV Sender Arte
Heute ist "Walkman" selbst jenen ein Begriff, die nie selbst einen besaßen. Genauso wie der Markenname Hoover in den USA für Staubsauger steht oder Tempo für Taschentücher, etablierte sich der Walkman als Inbegriff für tragbare Kassettenrekorder.
 

Cfp: Die konvergente Medienwelt – Neuer Rahmen für alltägliches Medienhandeln

m e r z W i s s e n s c h a f t
m e d i e n + e r z i e h u n g


Mehr denn je sind Medien heute in die alltäglichen Lebensvollzüge der Menschen integriert. Insbesondere die junge Generation organisiert ihren Alltag in Netzen, in denen reale und me-diale Aktivitäten aufs Engste verwoben sind. Die konvergente Medienwelt, Ergebnis der Digi-talisierung sowie der Verzahnung der Einzelmedien und ihrer Angebote durch Vernetzungs- und Vermarktungsstrategien auf technischer und inhaltlicher Ebene rahmt diese Aktivitäten in vielfältiger Art und Weise. Für Amüsement und Information stehen heute verschiedene Zu-gangswege zu den Angeboten der Einzelmedien zur Wahl. Zeit- und Ortsunabhängigkeit er-lauben individualisierte und in hohem Maße flexible Medienrezeption. Favorisierte Inhaltsbe-reiche oder Tätigkeiten können medienübergreifend angegangen werden. So kommt bei Ac-tionfans zum Genuss des Kinofilms der Spaß beim zugehörigen Computerspiel, die Jagd nach Spielezubehör im Internet, die Freude am Fachsimpeln im Spielerchat oder gar die Spannung beim Live-Wettkampf auf der LAN-Party und einige dokumentieren ihr spielerisches Können auch in Videos, die sie übers Internet veröffentlichen.

Die konvergente Medienwelt erweitert die Funktionen, die Medien in den Lebensvollzügen der Menschen haben. Schaltstelle ist dabei das Internet. Als Unterhaltungs-, Informations- und Orientierungsquellen fungieren nicht mehr nur die Massenmedien. Über das Internet werden sie ergänzt und verzahnt mit Angeboten unterschiedlicher Herkunft und Gestalt. Re-zeption ist nicht mehr die vorrangige Komponente des Medienhandelns. Das Internet öffnet zusätzlich Kommunikationsräume, die für die Organisation und Gestaltung des Beziehungsle-bens, für grenzüberschreitenden Austausch über Interessengebiete oder als Ort für die Ratsu-che genutzt werden. Darüber hinaus haben sich die Möglichkeiten erweitert, sich auf media-len Wegen öffentlich zu artikulieren, sich selbst, seine Vorlieben, Meinungen und Talente zu präsentieren. Vor allem die junge Generation konsumiert, was andere auf einschlägigen Platt-formen von sich preisgeben und bestückt diese Plattformen selbst mit ihren Äußerungen und Werken. Der user generated content verzahnt sich vielfach mit der professionell gestalteten Medienwelt, zitiert, parodiert, kopiert sie oder aber ergänzt, erweitert und erneuert sie in In-halten und Formen.

- Wie beeinflusst die konvergente Medienwelt die Medienaneignung und das konkrete Me-dienhandeln und weitergehend alltägliche Handlungsroutinen und Lebensvollzüge?
- Wie gehen Menschen in verschiedenen Altersstadien mit den Möglichkeiten der konver-genten Medienwelt um? Welche Bedeutung hat das für das Generationenverhältnis?
- Wie wird in unterschiedlichen sozio-kulturellen Milieus von den Möglichkeiten der kon-vergenten Medienwelt Gebrauch gemacht?
- Worin bestehen Ressourcen für eine souveräne Lebensführung? Wodurch sind Risiken zu gewärtigen?
- Wie gestaltet sich in der konvergenten Medienwelt das Verhältnis von öffentlicher Regu-lierung und Selbstverantwortung der Menschen?

merzWissenschaft bietet ein Forum, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung in der Me-dienpädagogik zu fördern und die theoretische Fundierung der Disziplin weiterzutreiben. Da-bei sollen auch Forschungen im Ausland einbezogen werden. Zugleich möchte merzWissen-schaft mit benachbarten Disziplinen Debatten über medienbezogene Perspektiven anregen. merzWissenschaft erscheint einmal jährlich, jeweils als letztes merz-Heft des Jahres. Für das Jahr 2009 lädt merzWissenschaft zur Einreichung von Beiträgen ein, die sich aus unterschied-lichen wissenschaftlichen Perspektiven mit Fragebereichen wie den oben skizzierten beschäf-tigen

Kriterien
Erwünscht sind Beiträge, die
• empirisch oder theoretisch fundiert sind,
• primär aus der Sicht der Nutzenden argumentieren,
• neue Aspekte oder Zugänge zum Thema aufzeigen und
• bisher unveröffentlicht sind.

Interessierte Autorinnen und Autoren werden gebeten, bis zum 02. März 2009 ein Abstract (max. 4.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) bei merz einzureichen. Im Falle der Annahme der Abstracts durch die merzWissenschaftsredaktion stehen ca. 14 Wochen für das Verfassen der Beiträge (max. 30.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) zur Verfügung. Abgabe der Artikel ist der 22. Juni 2009. Die eingereichten Beiträge werden anschließend in anonymisierter Form einem Peer Review Verfahren unterzogen. Erscheinungstermin für merzWissenschaft ist Ende 2009.

Termine im Überblick
02. März 2009: Abgabe der Abstracts
13. März 2009: Entscheidung über die Annahme bzw. Ablehnung von Beiträgen
22. Juni 2009: Abgabe der Beiträge
29. Juni bis 04. September 2009: Begutachtungsphase
August/September 2009: ggf. Überarbeitung
28. September 2009: endgültige Abgabe

merz-Redaktion, Pfälzer-Wald-Str. 64, D – 81539 München, merz@jff.de
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Susanne Eggert, Fon +49.89.68989-120
 

CfP aus Gießen: Web as Culture - Ethnographische, linguistische und didaktische Perspektiven

Call for Papers
Web as Culture
Ethnographische, linguistische und didaktische Perspektiven


Internationales Symposium des Graduate Centre for Study of Culture (GCSC)
und des Zentrums für Medien und Interaktivität (ZMI),
Justus-Liebig-Universität Giessen


16.-18. Juli 2009


Das World Wide Web ist ein kultureller Handlungsraum in dem sich neue Formen der sozialen Vernetzung, der Wissenserzeugung, -vermittlung und -aneignung sowie der Konstruktion personaler und kultureller Identitäten herausbilden. Die Tagung „Web as Culture“ will die Prozesse und Praktiken der Konstruktion und Tradierung von sozialen Strukturen, kulturellen Narrativen, Erinnerungen, Wissen und Sprache im World Wide Web in den Blick nehmen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei soziokulturellen Transformationsprozessen wie dem Wandel sozialer Organisations- und Vernetzungsformen, dem Wandel von Lehr- und Lernkulturen und dem Sprachwandel. Die sich vollziehenden Transformationsprozesse gilt es, auf verschiedenen Ebenen und vor verschiedenen fachwissenschaftlichen Hintergründen zu thematisieren. Im Sinne einer transdisziplinär arbeitenden Kulturwissenschaft werden Vertreter verschiedener akademischer Hintergründe eingeladen, sich mit Fragen der sozio-technischen Vernetzung, der Wissensvermittlung und -aneignung und des Sprachwandels im Web aus kulturwissenschaftlicher Perspektive auseinanderzusetzen. Neben den Kerndisziplinen Ethnographie,
Didaktik und Linguistik werden insbesondere auch Vertreter aus der
Medienwissenschaft, Literaturwissenschaft, Soziologie, Anthropologie, Philosophie sowie den angrenzenden kulturwissenschaftlichen Disziplinen aufgefordert, Beiträge einzureichen.

Die Plenarvorträge werden gehalten von:
- Prof. Dr. Henning Lobin (Justus-Liebig-Universität Giessen)
- Prof. Dr. Angelika Storrer (Universität Dortmund)
- Prof. Dr. Jörg Strübing (Universität Tübingen) [angefragt]
- Prof. Steven L. Thorne, Ph.D. (Pennsylvania State University)

Der kulturelle Handlungsraum des Web wird in Bezug auf die Themen Netzwerke, Lernen und Sprache thematisiert. Folgende Fragestellungen stehen im Zentrum der einzelnen Sektionen:

1. Netzwerke
- Wie verändern sich soziokulturelle Strukturen durch das Web? Wie
schreibt sich das Soziale umgekehrt in das Medium Internet ein?
- Wie verschieben sich im und mit dem Web Bedeutungs-Strukturen und tradierte Konzepte?
- Wie wird der kulturelle Handlungsraum des Web sozial und technisch erzeugt und begrenzt?
- Welchen Beitrag können ethnographische Methoden zur Erforschung soziokultureller Phänomene im Web leisten und wie werden die Methoden dabei ihrerseits transformiert?

2. Lernen
- Wie verändert sich das Lernen im Web?
- Welche Rolle spielt das Web in unterschiedlichen didaktischen Kontexten?
- Wie kann das Internet als Informations-, Kommunikations- und
Produktionsmedium den Lehr- und Lernprozess positiv beeinflussen?
- Was sind die didaktischen Herausforderungen für den erfolgreichen Einsatz des Webs im Lernprozess?

3. Sprache
- Wie verändert sich der Sprachgebrauch im Web?
- Welche neuen Kommunikationsformen und Genres entstehen im Web?
- Wie lässt sich das Web als sprachwissenschaftliche und
sprachdidaktische Datenbasis nutzen?
- Wie manifestieren sich interaktive Handlungen im Web (z.B. in sozialen Netzwerken, in webbasierten Lernprozessen) im Sprachgebrauch?

Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Interessierte werden gebeten, einen Vortragsvorschlag in Form eines Abstracts (max. 400 Wörter) bis zum 31. Januar 2009 bei info@webasculture.de einzureichen. Die Annahme der Beiträge wird bis 28. Februar 2009 bestätigt. Für die Beiträge sind 20 Minuten Vortragszeit und 10 Minuten Diskussionszeit vorgesehen. Eine spätere Veröffentlichung ausgewählter Beiträge ist geplant.

Kontakt:
Email info@webasculture.de
Website www.webasculture.de

Termine:
Deadline Abstracts 31.01.2009
Notification of acceptance 28.02.2009
Tagung 16.-18.07.2009


Veranstalter sind:

Joybrato Mukherjee
Zentrum für Medien und Interaktivität
Justus-Liebig-Universität Giessen
Ludwigstraße 34
35390 Giessen


Marcus Burkhardt
International Graduate Centre for the Study of Culture
Justus-Liebig-Universität Giessen
Alter Steinbacher Weg 38
35394 Giessen
 

SWR 2 Feature über den Angriff der Generalbundesanwaltschaft auf die kritische Sozialwissenschaft

Die Generalbundesanwältin Frau Harms ist noch im Amt. Sie kann sich viel herausnehmen. Was sie auf dem Kerbholz hat, unterstreicht nochmals ein SWR 2-Bericht über jenen Wissenschaftsskandal im Juli 2007, der sie international in Verruf gebracht hat. Die Geschichte von Andrej Holm, der wir hier auch einigen Platz gewidmet haben, wird in diesem Feature rekonstruiert. Eine Zusammenfassung kann man hier nachlesen oder auch nachhören.
 

Claude Levi-Strauss auf allen Kanälen. Der Ethnologe wird morgen 100 Jahre alt.

Dieser Geburtstag wird allenthalben überall ausführlich begangen und gewürdigt. So auch die taz (27.11.2008):

Mythen, Musik, Bastelei
Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss feiert morgen seinen 100. Geburtstag. Der Altmeister der Ethnologie und Anthropologie veränderte von Grund auf unser Bild vom Menschen.


Auch die FAZ gratuliert (leider nicht online):
"Die Forschung-und-Lehre-Seite würdigt das mit zwei großen Artikel. Levi-Strauss' Kollege Karl-Heinz Kohl fragt, was bleiben wird vom strukturalistischen Denker. Der Soziologe Ferdinand Zehentreiter schreibt über Levi-Strauss und die Musik." (Perlentaucher)

Und auf ARTE gibt es bereits heute den ganzen Tag über Sendungen zu diesem Thema:

Donnerstag, 27. November 2008 um 12.00 Uhr

Wiederholungen: Keine Wiederholungen
Claude Lévi-Strauss, eine Reise durch sein Werk
(Frankreich, 2008, 633mn)
ARTE F
Regie: Guy Seligmann
Moderation: Sandrine Mörch
Produzent: Arte France Developpement

Am 28. November 2008 wird der französische Ethnologe und Anthropologe Claude Lévi-Strauss 100 Jahre alt. Aus diesem Anlass widmet ARTE dem berühmten Denker heute einen ganzen Tag lang einen Programmschwerpunkt: Dokumentationen, Spielfilme, Interviews und Debatten bieten Gelegenheit, den großen Intellektuellen in einer Sonderprogrammierung zu entdecken.

Donnerstag, 27. November 2008 um 13.00 Uhr

Wiederholungen: 30.11.2008 um 05:00
Claude Lévi-Strauss
(Frankreich, 2004, 59mn)
ARTE F
Regie: Pierre Beuchot

Claude Lévi-Strauss ist zweifelsohne einer der größten Denker des 20. Jahrhunderts. Er gilt als führender Vertreter der modernen Anthropologie. Vor dem Zweiten Weltkrieg erforschte er die Indianerstämme Amazoniens. Über seine Begegnung mit den sogenannten "primitiven" Gesellschaften berichtet er in seinem Buch "Traurige Tropen", das ihn berühmt machte. ARTE zeigt ein Porträt des französische Kulturtheoretikers, dessen Werk praktisch alle Forschungen von der Philosophie bis zur Literaturwissenschaft nachhaltig geprägt hat.



Donnerstag, 27. November 2008 um 16.30 Uhr
Wiederholungen:
28.11.2008 um 05:00
03.12.2008 um 10:40
Réflexions faites
(Frankreich, 1990, 56mn)
ARTE F
Regie: Philippe Collin

Claude Lévi-Strauss gilt als Begründer der strukturalen Anthropologie und als einer der ersten Forscher, der die Komplementarität der Wissenschaften anerkannte. Die Dokumentation zeichnet das Porträt eines der größten Denker des 20. Jahrhunderts und lässt neben dem Porträtierten selbst auch Forscher aus anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen zu Wort kommen, wie Jean-Pierre Vernant, Jacques Le Goff oder Pierre Bourdieu.


Donnerstag, 27. November 2008 um 22.35 Uhr

Wiederholungen:
01.12.2008 um 09:55
03.12.2008 um 03:00
18.12.2008 um 03:00
Claude Lévi-Strauss, das Selbstbildnis des Ethnologen
(Frankreich, 2008, 93mn)
ARTE F
Regie: Pierre-Andre Boutang
Produzent: Les Films Du Bouloi
16:9 (Breitbildformat)

Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss ist der Begründer der strukturalen Anthropologie. Die Dokumentation zeichnet ein faszinierendes Porträt dieses großen Forschers. Zahlreiche Ausschnitte aus Interviews mit Lévi-Strauss von den 60er Jahren bis heute geben Einblick in das Denken eines Mannes, der stets für alle Menschen offen ist und - trotz seiner pessimistischen Sicht der gegenwärtigen Menschheitsentwicklung - den Glauben an die Schöpferkraft des menschlichen Geistes nie verloren hat.
 

Carl Friedrich von Weizsäcker-Friedensvorlesung: Nils Zurawski über "Überwachungsstaat aus Terrorangst"

Im Rahmen der "Carl Friedrich von Weizsäcker-Friedensvorlesung
Globale Herausforderungen der Menschheit und Verantwortung der Wissenschaft", die im Wintersemester 2008/09 durchgeführt wird, spricht Mittwoch, 26.11. 2008 14:00-16:00 Uhr, im Hörsaal A im Philosophenturm (Von-Melle-Park 6, Uni Hamburg) Nils Zurawski (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung) zum Thema "Überwachungsstaat aus Terrorangst".

Zum Plakat der Vorlesungsreihe

Ausführliches Programm der Vorlesungsreihe

Literaturhinweise zur Vorlesung
  • Christiane Schulzki-Haddouti: Im Netz der inneren Sicherheit, Hamburg (EVA), 2004
  • Wilhelm Heitmeyer & John Hagan (Hg.): Internationale Handbuch der Gewaltforschung, Wiesbaden 2002 - darin: Fernando Reinares: Terrorismus, S. 390-405.
  • Sebastian Scheerer: Die Zukunft des Terrorismus. Drei Szenarien. Lüneburg 2002.
  • Nils Zurawski (Hg.): Surveillance Studies. Perspektiven eines Forschungsfeldes, Opladen (Barbara Budrich) 2007.
  • Nils Zurawski (Hg.): Sicherheitsdiskurse. Frankfurt/Main, 2007
    David Lyon: Surveillance Studies. An Overview. Cambridge 2007 (Polity)
  • Leon Hempel & Jörg Metelmann: Bild Raum Kontrolle. Frankfurt/Main 2005

Wiener Volkskundemuseum: "Advent 2.0. - Momente urbaner Andacht"

Sozusagen genau das, was das Begriffspaar "Persistenz und Rekombination" im Rahmen einer Theorie des soziokulturellen Wandels beschreiben will, nämlich wie das Alte neu wird:
(via eSeL )

"Machen Sie uns ein Bild von ihrem persönlichen Weihnachten! Ergänzen Sie die Ausstellung "Weihnachtskrippen. Spiegelbilder vergangener Lebenswelten" um ihren fotografischen Blickwinkel auf die Adventzeit der Gegenwart!

Weihnachten hat viele Gesichter. Wie feiern junge Familien, urbane Singles und Patchwork-Familien das Weihnachtsfest? Wie begehen die unterschiedlichen Communities Wiens die Weihnachtszeit? Gibt es Alternativen zu Weihnachtsbaum und Shoppingwahn? Wie kommen Sie in der "Stillsten Zeit des Jahres" zur Ruhe? Wie begegnen Sie den Weihnachtsinszenierungen in der Öffentlichkeit?

Christkind, Weihnachtsmann oder Weihnachtsverweigerer? Adventkranz, Plastikbaum oder ein stiller Weihnachtsspaziergang im Wald? Welchen Adventmoment haben Sie heuer oder im letzten Jahr fotografisch festgehalten?

Senden Sie Ihr Foto aus der Vorweihnachtszeit mit einer kurzen Beschreibung (Datum, Ort, Dargestellte Personen / Ding, sofern vorhanden: Kurze Beschreibung der Situation) per Email (an diese Emailadresse: advent[at]esel.at) oder laden Sie hier ihr Foto hoch.

Wir präsentieren alle Einsendungen auf der Webpage und zeigen eine Auswahl der besten 24 aktuellen Ansichten auf die Adventzeit im Rahmen der Krippen-Ausstellung. Unter allen Einsendungen werden 5x je ein Katalog aus dem Programm des Österreichischen Museums für Volkskunde und je eine Jahreskarte für das Volkskundemuseum verlost.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mit Ihrer Einsendung gewähren Sie die museale Archivierung und die nicht-kommerzielle Verwendung und Präsentation ihres Fotomotivs unter Hinweis auf Ihre Urheberschaft.

Eine fotografische Feldforschung des österreichischen Museums für Volkskunde und eSeL.

Im Rahmen der Ausstellung
"Weihnachtskrippen. Spiegelbilder vergangener Lebenswelten"
30. November 2008 – 1. Februar 2009
im Österreichischen Museum für Volkskunde
Gartenpalais Schönborn, Laudongasse 15-19, 1080 Wien"

Online-Dokumention von "Deep Search" - The digital future of finding out

Die Video-Dokumentation der Konferenz “Deep Search. The Digital Future of Finding Out” in Wien ist jetzt online.
 

authentizität@gesellschaft (8): Plagiieren an den Universitäten

Derzeit finden sich wieder gehäuft Zeitungsartikel in Österreich wie in Deutschland, die sich mit dem Thema "Plagiat" im Studium und an der Universität beschäftigen. Das ist ein Dauerbrenner geworden und da stellt sich dann schon die Frage, warum das Thema entweder nur als überwiegend technisches ("Generation Copy & Paste") oder als moralisches Problem verhandelt wird:

Allein die Studentenpresse (13.11.2008) fragt auch nach dem Warum:

"Es stellt sich die Frage: Warum machen Studierende das? Warum setzen sie leichtsinnig ihre Zukunft aufs Spiel? Gründe gibt es viele, allen voran stetig steigender Konkurrenzdruck, keine Lust auf großen Aufwand, oftmals aber auch geringe Fähigkeiten des wissenschaftlichen Arbeitens. Zudem ist das Fälschen einer Arbeit heutzutage so einfach wie nie zuvor: Google, Wikipedia und Co stehen allzeit bereit."


Am Ende mündet es dann doch wieder in die alte Leier: Weil es technisch so einfach sei.

In Baden-Württemberg wird derweil eine Änderung des Hochschulgesetzes vorbereitet werden. Wer abschreibt fliegt raus. Derweil werden in Wien nicht nur gegen Studierende Plagiats-Vorwürfe erhoben, sondern auch gegen ein Team der Wiener Medizinuniversität der Fälschungs-Vorwurf, was aber noch mal eine ganz andere Nummer ist.

Berühmt-berücktigt ist der inzwischen als "Plagiats-Jäger" bekannt gewordene österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber, dessen Motive, sich in dieser Verve einer solchen Sache zu verschreiben, unklar bleiben: "Plagiats-Jäger Weber kritisiert Software – und gibt Tipps zum richtigen Abschreiben." (Die Presse, 16.11. 2008). Das dabei eine Portion Wut und Frustration über den Universitätsbetrieb im Allgemeinen und die Verhältnisse in den Medienwissenschaften im Besonderen eine Rolle spielen, lässt sich vermuten. Und natürlich geht es auch um Branding. Dass die Berichtererstattung über das Thema das Problem fortlaufend neu generiert ist aus solch einer Perspektive eher nachrangig. Wenn dann auch noch eine „Agentur für wissenschaftliche Integrität“ gefordert und vorbereitet wird, dann ist auch klar, wer hierfür am besten geeignet erscheint. Good luck!

Die Universitäten treibt Weber derzeit vor sich her, dass es eine wahre Freude für jeden Agenda-Setting-Anhänger sein muss.

Die FAZ (13.11. 2008) geht auf die dem baden-württembergischen Gesetzentwurf zugrunde liegende Annahmen ein:

"Ohne dass es schon zweifelsfreie Zahlen zu Plagiatsfällen gäbe, besteht der Eindruck, dass diese Art akademischer Delinquenz erheblich zugenommen hat und sich praktisch auf alle Textsorten erstreckt: Referate, „Folien“, Hausarbeiten, Qualifikationsschriften. Eine lockere Umfrage der Zeitschrift „Varsity“ unter gut eintausend Studenten an der Universität Cambridge will herausgefunden haben, jeder zweite davon greife zuweilen unausgewiesenermaßen auf fremde Textbausteine aus Netzwerken wie Facebook und Myspace zurück. Sätze aus Wikipdia in eigene Werke hineinkopiert hätten mehr als zwei Drittel der Befragten. Dem stehe eine Entdeckungsquote von fünf Prozent gegenüber. Die höchste Zustimmung hat das Plagiieren in Cambridge offenbar unter Studenten der Rechtswissenschaft."

Der Punkt ist allerdings, das überhaupt nicht klar ist, ob das Plagiat wirklich so wie behauptet zugenommen hat, oder dass es jetzt einfach sichtbar wird (nämlich mit der gleichen Technologie, die dafür verantwortlich sein soll, dass es zunähme), zum anderen weist der FAZ-Artikel implizit zumindest darauf hin, dass es die beklagten Praktiken schon immer gegeben hat.

"Das hilft selbstverständlich nicht bei Plagiaten aus Büchern oder anderen Texten, die nicht im Netz lagern. Bei flächendeckendem Einsatz solcher Textvergleichs-Software könnte es insofern zu einer Wiederentdeckung älterer Abschreibepraktiken kommen. Man weiß aus der Wissenschaft selber, wie weit es manche Autoren auch in jüngerer Zeit damit gebracht haben. Oder die Software zeigt ihr normneutrales Gesicht dadurch, dass sie umgekehrt von Studenten eingesetzt wird, die herauszufinden suchen, ob ihr Plagiat als ein solches identifiziert werden kann. Erste Internetanbieter sind bekannt, die gegen eine erschwingliche Gebühr solche Qualitätsprüfungen an Plagiaten vornehmen."

Was aber am meisten stört an der Debatte ist der moralische Unterton. Es wird allenfalls erwähnt, aber nicht als das eigentlich Problem erwähnt, dass es mitunter die Ökonomisierung der Universität selbst ist, die die heutigen Praktiken (ohne das eine Zunahme behauptet werden soll) hervorbringt. Abgesehen davon, dass es im Eigeninteresse der Studierenden liegt (gemessen am Ausbildungsziel) eigenständige Leistungen zu erbringen, lenkt diese Debatte davon ab, dass nicht die plagiierenden Studierenden unser Problem sind, sondern die Bedingungen des Studiums (Bologna-Prozess, Ökonomisierung usw.), die den Nährboden hierfür abgeben.

Eine alternative Betrachtungsweise bietet die österreichische Zeitschrift der IG Kultur, "Kulturrisse". Insbesondere Konrad Becker zeigt, dass der Diskurs auf der ganzen Linie falsch ist.

[Materialien für die gleichnamige Vorlesung und Übung am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien: "Authentizität@Gesellschaft - Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Suche nach dem Original und auf die Dynamiken von Fake, Konstruktion und Fälschung"]
 

authentizität@gesellschaft (7): "Yes (Men), we can!"

Eine Camouflage sei dies in erster Linie und weniger ein Fake, belehrt uns die "Blogchronik der Kommunikationsguerilla" über die neueste Aktion der YesMen, als sie eine falsche Ausgabe der New York Times in einer Auflage von 1,2 Millionen Stück unter die Leute brachte. Darin hiess es unter anderem, dass der Krieg im Irak vorbei sei und George W.Bush vor Gericht gestellt würde. Dabei geht es wieder einmal um die Schaffung wahrer Ereignisse durch falsche Behauptungen. Vgl. als kulturwissenschaftliche Annäherung an die Aktionen der YesMen: Schönberger, Klaus: Scheinbar un-wahr oder wie falsche (Online-) Informationen, wahre (,Real Life') Ereignisse schaffen. Kulturwissenschaftliche Anmerkungen zum Fake als politisches Handlungs- und Kommunikationsmuster. In: Kuckuck 1/2005. Notizen zur Alltagskultur. Themenheft »scheinbar«, S. 18-23. Online verfügbar unter: http://www.code-flow.net/fake/book/schoenberger-dowethics-de.html sowie unter: http://gewi.uni-graz.at/~kuckuck/probe051.htm.


[Materialien für die gleichnamige Vorlesung und Übung am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien: "Authentizität@Gesellschaft - Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Suche nach dem Original und auf die Dynamiken von Fake, Konstruktion und Fälschung"]
 

authentizität@gesellschaft (6): arte: Die Kameramänner von Verdun

Auf arte tv zu sehen am Mittwoch, 12. November 2008 um 21.00 Uhr

Die Kameramänner von Verdun

(Frankreich, 2003, 48mn)
ARTE F
Regie: Agnes De Sacy, Laurent Veray

Wiederholungen:
13.11.2008 um 05:00
15.11.2008 um 14:00

Aus der Ankündigung:

Filmdokumente, die das Geschehen bei Verdun und an den Frontlinien zwischen Franzosen und Deutschen während des Ersten Weltkrieges dokumentieren, gibt es unzählige. Doch die wenigsten Menschen wissen, dass diese Bilder in erster Linie Szenen zeigen, die Jahre später nachgestellt wurden. Die Dokumentation macht deutlich, wie schwierig es für die Kameramänner war, das Filmmaterial, das tatsächliches Kampfgeschehen zeigte, auch öffentlich zu präsentieren.

Zahlreiche Kameraleute haben im Ersten Weltkrieg überall an der Front gefilmt. Die allseits bekannten Bilder zeigen Schützengräben, mörderische Sturmangriffe und Explosionen und lassen sich spontan dem Ersten Weltkrieg zuordnen. Die Filmaufnahmen vermitteln den Eindruck, als folge die Berichterstattung unmittelbar der Wirklichkeit. Tatsache ist aber, dass nur sehr wenige Bilder an der Front entstanden. In den meisten Fällen wurden die spektakulären Szenen Jahre nach Kriegsende auf militärischem Übungsgelände nachgestellt. So blieb das wirkliche Kampfgeschehen unsichtbar.
Zur Propaganda verpflichtet und von der Zensur kontrolliert, unterlagen die Kameraleute zu vielen Zwängen, um ihr Material zu veröffentlichen. Auf der Grundlage einer genauen Prüfung der europäischen Archive rekonstruiert die Dokumentation die Kriegstagebücher, die ein deutscher und ein französischer Kameramann in den Jahren 1914 bis 1918 führten. Damals filmten sie jeweils auf ihrer Seite der Front für die Wochenschauen ihres Landes und standen zum ersten Mal in der Geschichte vor der Frage: Wie lässt sich ein Krieg mit filmischen Mitteln dokumentieren?


[Materialien für die gleichnamige Vorlesung und Übung am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien: "Authentizität@Gesellschaft - Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Suche nach dem Original und auf die Dynamiken von Fake, Konstruktion und Fälschung"]
 

SHOT revisited – Sonntag, 12.10.2008

Tagungsbericht: 50th Annual Meeting der Society for the History of Technology, 11.–14. Oktober 2008 in Lissabon

[alle Session- und Paperabstracts sind unter -> conference schedule abrufbar]

Ein Panel am Sonntagmorgen trug den versöhnlichen Titel „Religion in Harmony with Technology“, der Berichtende nahm jedoch an der Session „History and Energy Policy: A Role for Historians of Technology“, organisiert von Richard Hirsh (Dept. of History, Virginia Tech) teil. Übergeordnetes Thema des Blocks war die Politikberatungsfunktion von TechnikhistorikerInnen, da die Rolle von Technikgeschichtserzählungen für das Verständnis von aktuellen Ereignissen weitgehend unterschätzt werde, wie Hirsh betonte. Sara Pritchard (Dept. of STS, Cornell University) eröffnete das Panel, indem sie auf das generelle Potential des Begriffs „Energie” verwies, unterschiedlichste Diskurse, wie etwa zu den Themen „Umwelt“, „Ölkrise“ oder „Technik“ unter einem Dach zu vereinen. Ihr paper wählt dabei einen envirotechnical approach, der historische Erkenntnisse über die Technik und ihre Vor- und Nachteile bei der Generierung von Energie, z. B. bei der Aufdeckung versteckter Kosten, miteinbezieht. Gerade TechnikhistorikerInnen müssten diese Kompetenzen nutzen, aus dem „Elfenbeinturm“ heraustreten und ihr Wissen in die „real world“ einbringen, so Richard F. Hirshs Plädoyer.

David E. Nye (Center for American Studies, University of Southern Denmark, Odense), Autor von „Electrifying America“, offerierte in seinem Vortrag “Blackouts: Social Behavior during ‘Artificial Darkness’” eine originelle Sicht auf Stromausfälle, die er in folgendem Satz zusammenfasste: „There is no blackout, there is only no electricity.“ In kulturhistorischer Perspektive auf das Thema untersuchte er an Hand von Presse- und anderen schriftlichen Quellen die jeweiligen Reaktionen der Bevölkerung auf vier größere Stromausfälle in New York zwischen 1936 und 2003. Unter Einbeziehung des Foucault’schen Konzepts der „Heterotopie“ interpretierte er die unterschiedlichen Reaktionen – „ranged from resignation to partying, looting, and solidarity“ – als jeweils ihre Zeit reflektierend. So kursierten im Zusammenhang mit dem ‚blackout’ 2003 sofort Terrorismusgerüchte (die noch unter dem Eindruck von 9/11 standen und sich als unwahr herausstellten), und es wurde eine größere Solidarität unter den New YorkerInnen beobachtet. Der beschleunigte Kapitalismus, der durch die zunehmend angewandten IuK-Technologien so abhängig wie noch nie von Elektrizität ist, diente dabei als Kontrastfolie des „euphorischen“ Moments, der die Stadt zu einer anderen Landschaft machte: erst in der Zeitlosigkeit des entschleunigten heterotopischen Moments konnten nichtmonetäre Werte überhaupt erscheinen.
Leo Marx (Prof. em., STS-Programm am MIT), Verfasser des einflussreichen Buches „The Machine in the Garden“ (1964) und Begründer der american studies, erinnerte in seinem Session-Kommentar daran, dass heutige Studien, wie die Envirotech-Forschung, auch 150 Jahre später nicht vergessen dürften, dass es schon im 19. Jh. Ansätze gab, Technik zu verstehen, indem moderne Technologien mit der Umwelt in Verbindung gebracht wurden. Damals war ein (Literatur-)Diskurs entstanden (hier zitiert er in The Machine ... die großen (Natur-) Schriftsteller, der Technik als Eindringling in der unberührten Natur des amerikanischen Kontinents interpretierte. Doch die Technik komme nicht von selbst in die Natur, dementprechend sein Fazit: „We are still obsessed with […] technological determinism.“

Vor diesem Hintergrund konnte die darauffolgende Session „New Approaches and Tools I“ mit besonderer Spannung erwartet werden. Trevor Pinch (Dept. Of Sociology, Cornell University) und Mitverfasser (und -herausgeber, zusammen mit Wiebe Bijker und Thomas P. Hughes) des STS-Klassikers „The Social Construction of Technological Systems“ (1987) behandelte in seinem Vortrag die Rolle von „unsichtbaren Technologien“ für unser Verständnis von aktuellen (sehr sichtbaren) Technologien, wie dem so genannten „Web 2.0“. In seinem Vortrag „The Invisible Technologies of Goffman’s Sociology: From the Merry-Go-Round to the Internet“ integrierte Pinch die Theorie der sozialen Interaktion in seine Überlegungen zur technisch vermittelten Interaktion (technological mediated interaction). Goffman hatte die soziale Welt (social life) – mit dem Vokabular des Theaters – als Drama beschrieben, in der es eine Vorder- und eine Hinterbühne gibt und die Menschen Darsteller ihrer selbst sind. Der Techniksoziologe sieht die menschlichen Interaktionen (dargestellt an Goffmans Restaurant-Beispiel) in ein technisches Setting eingebettet, die unsichtbaren Technologien. Pinch geht von einem weiten Technikbegriff aus; technology erfasst auch Fähigkeiten, wie z. B. den Umgang mit Tieren (ein weiteres Beispiel der „unsichtbaren Technologien“ sind bei ihm Pferde im Kriegseinsatz, neben moderner Kriegstechnik). Dementsprechend bilden in seinem Gedankengang Wände, Korridore, vor allem aber die Schwingtür zwischen Vorderbühne (Restaurant) und Hinterbühne (Küche), die Technologien, die die Bewegung zwischen den verschiedenen Rollen und Bühnen ermöglichen. Das Framework der technisch vermittelten Interaktion führte er sodann an Hand seiner aktuellen Untersuchungen zur webbasierten Kommunikation zwischen Musikfans auf der Online-Plattform Acidplanet.com aus. Sein Fazit verwies auf die Anfangsthese: Theorien der sozialen Interaktion können und sollten für die Analyse von Technik fruchtbar gemacht werden, um die Interaktionen der Nutzer/innen – auch ihre Rolle als „agents of technological change“ – besser zu verstehen.

Die Sessions des frühen Sonntagnachmittags „New Approaches and Tools II“ und „Owning and Disowning Invention“ liefen leider parallel, sodass hier nur jeweils nur ein unvollständiger Eindruck gewonnen werden konnte. Während das erste Panel zu den „New Approaches and Tools“ noch überzeugende Ansätze zur Integration sozial- und kulturwissenschaftlicher Modelle für die Technikanalyse lieferte, wurde im zweiten Themenblock (moderiert von Wiebe E. Bijker, Dept. of Technology & Society Studies, Universiteit Maastricht) deutlich, dass Forschungen in frühen Entwicklungsphasen auch viele offene Fragen aufwerfen können.

Nina E. Lerman (Dept. of History, Whitman College, WA) legte in ihrem Paper (“Apprenticeship Industrialized: Technological Knowledge from Household to Shopfloor”) an Hand historischer Lehrlingsbücher und anderer Archivalien dar, dass die Strukturen der Lehrlingausbildung („hands-on“, paternalistische Rollenverteilung) in den USA des späten 18./ frühen 19 Jhs. von den Lehrlingen übernommen wurden und das das damit von späteren Generationen reproduzierte Bild von adulthood bis in die Zeit der Industrialisierung trug. In seinem Kommentar bemerkte Bart Hacker (Kurator, Nat. Museum of American History, Smithsonian Institution) dazu, dass Ausbildung (apprenticeship) nicht die einzige Praxis (practice) der Weitergabe von Wissensbeständen gewesen sei.
Andreas Stascheit (FB Angewandte Sozialwissenschaften, Fachhochschule Dortmund), stellte in seinem Vortrag „History of technology as history of experience: the case of sound transformation“ die These auf, dass das High-Fidelity-Prinzip (möglichst originalgetreue Klangwiedergabe), sich durch die Hörerfahrung umgekehrt habe: Klangreproduktionen müssen heute so klingen, wie die „Originalaufnahme“. Diese These entwickelte er an einem komplexen phänomenologischen Theoriegebäude um den Begriff der Erfahrung, was im Plenum die Fragen aufwarf, ob die Fülle von Klangerfahrungen hier nicht willkürlich reduziert werde: auch wenn Britney-Spears-Fans oder ein an modernen Klassikeinspielungen („Anna Netrebko“) interessiertes Publikum beim Konzertbesuch CD-Qualität hören wolle, gelte dies für Freunde der historischen Aufführungspraxis noch lange nicht. Auch bliebe bei der Analyse der Klangaufzeichnung die Parallele zu einer anderen Technologie des 19. Jhs. unberücksichtigt – auch die sedimentierten Erfahrungen im Umgang mit der Fotografie dürften nicht vergessen werden.

Das Parallelpanel „Owning and Disowning Invention: Intellectual Property and Identity in British Science and Technology, 1880–1920” untersuchte in historischer Perspektive, welche Beziehungen zwischen der Entwicklung des Britischen Patent-Systems und wichtigen Innovationen, den „fields of electrical engineering, aviation and plant breeding“, bestanden. Das Panel spiegelte aktuelle interdisziplinäre Diskussionen wider, die bei der Betrachtung neuer inventions rechtliche Rahmenbedingungen mitberücksichtigen, wobei davon ausgegangen wird, dass es – zumindest wenn ein I.P.-Regime funktioniert – der Schutz von intellektuellem Eigentum der Hervorbringung von Innovationen förderlich sei.
Mit dem Thema der Rolle des Intellectual Property (I.P.) bei der Entstehung von Innovationen beschäftigte sich vertiefend auch Session 26, „The ‚Strong Patent System’ Story vs. the History of Technology“. In seinem abstract fasste Organisator Bryan Pfaffenberger (STS-Dept., School of Engineering and Applied Science, University of Virginia) noch einmal die „große Erzählung des amerikanischen Strong Patent Systems“ zusammen – unbeachtet von den TechnikhistorikerInnen haben Ökonomen und Wirtschaftshistoriker durch die Auswertung großer Patentdatensätze herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen dem starken, von Innovationen geprägten Wachstum in den USA im 19. Jh. und dem einzigartigen U.S.-Patentrecht gebe. Dieses zeichne sich durch eine vorteilhaft ausgewogene Beachtung von open access und dem Schutz geistigen Eigentums aus. Innerhalb dieses Diskurses müsse die Technikhistorik ihre Deutungshoheit über die Interpretation des technological past zurückgewinnen, indem nicht mehr nur Einzelfallstudien spezielle Themen untersuchten, sondern durch die Auswertung größerer Datenbestände und die Anwendung neuer Methoden auch generalisierende Aussagen getroffen werden könnten. Wie genau also könnten TechnikhistorikerInnen auf die (methodischen) Herausforderungen der cliometrics reagieren? „The question […] is this: Can historians of technology discover more efficient ways to place large numbers of patents in context – and, in so doing, retell the patent story in new and critical ways that are consistent with our commitment to scholarship?”
Einen ersten Zugang entwickelte hier Paul Israel (Dept. of History, Rutgers University, NJ), der in seinem Vortrag (Learning from Thomas Edison’s patents) darlegte, dass Edison, der in der Patent-Erzählung wegen der Vielzahl seiner Patente eine herausgehobene Stellung einnimmt, nicht immer aus Erfindergeist oder persönlicher Motivation gehandelt habe. Ausgangsfrage war, warum sich eigentlich so viele Patente im Bereich der Telegrafie mit der (Weiter-) Entwicklung von Telegrafenkomponenten beschäftigten, wenige sich jedoch um die Datenintensität bemühten. An Hand von Patentakten und Briefwechseln gelang es Israel nachzuweisen, dass der Erfinder in engem Kontakt mit Mitarbeitern der Western Union Telegraph Company stand, die bei ihm technische Variationen regelrecht „bestellten“, um das Monopol über das Telegrafenpatent zu behalten. Das Patentrecht, welches das I.P. schützen und seinen Urheber am Erfolg teilhaben lassen sollte, wurde von Erfindern und (ihren) Unternehmen also auch gezielt genutzt, um den Marktzugang für Wettbewerber zu erschweren und Marketingstrategien (Monopol über die Distribution) umzusetzen.
Auch die Papers von Pfaffenberger selbst (zur amerikanischen voting machine industry, 1889–1925) und Alessandro Nuvolari (Dept. of Technology Mgmt., Eindhoven University of Technology; „Quackery, patents and the market for medicines in England, 1617–1852“) beschäftigten sich mit Fragen der Auswirkungen des Patentrechts auf technischen Wandel und bezogen dabei quantitative Datenanalysen mit ein.
Diese einheitliche Fragerichtung forderte die Session-Kommentatorin Eda Kranakis (Dept. of History, University of Ottawa), die auch schon den Kommentar zur vorhergehenden Session geliefert hatte, zur Feststellung heraus, dass die hier skizzierten Überlegungen zum Patentrecht noch einmal überdacht werden müssten: Patentrecht diene eben nicht Innovationen, sondern in erster Linie Ansprüchen (claims). Kranakis, die sich in einem im Fach beachteten Artikel erst kürzlich mit dem Thema auseinandergesetzt hatte ("Patents and Power", in: Technology and Culture, Vol. 48 (2007), Nr. 4, pp. 689 ff.) unterstrich in ihrem ausführlichen Kommentar, dass manche Patente (gateway patents) besonders wirkungsvoll seien („some patents have extra powers“), da sie den Zugang zur öffentlichen Domäne regulierten. Dies sei z. B. beim Telegrafen, wie Israel deutlich gemacht habe, der Fall: die Datenübertragung per Elektrizität könnte zwar durch das Patentrecht nicht geschützt werden und damit theoretisch für jedermann offen, aber die Rechte der Western Union am Telegrafen nebst aller seiner technischen Variationen führte faktisch trotzdem zu einem Zugang nur über deren Telegrafenstationen (und damit zu einem Monopol). Es zeige sich hier deutlich, dass das Patentsystem v. a. Einkommensquellen für Financiers durch die Ideen Dritter erschließe. Gerade heute zeigten internationale Handelsabkommen (und Handelskonflikte, siehe China), dass I.P.-Regimes mitverantwortlich für die Welt-Einkommensunterschiede sind. Als Ergebnis stand die Übereinkunft, dass das Patentsystem nicht als ein Indikator für die Technikentwicklung betrachtet werden könne, sondern dass auch vielmehr beachtet werden müsse, welche ökonomischen benefits durch I.P.-Schutzregimes entstehen, und wer von diesen profitiere, um die Verbindungen zwischen Innovationen und Recht besser zu verstehen.
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