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Konstanzer Leibnizpreisträger Koschorke rechnet mit deutscher universitärer Forschungslandschaft ab

Anton Tantner verweist im Adress-Comptoir auf eine Rezension des Luzerner Historikers Valentin Groebner des bereits 2004 bei Suhrkamp erschienen Buches:
Kimmich, Dorothee/ Thumfart, Alexander (Hg.): Universität ohne Zukunft? Frankfurt/M. 2004: Suhrkamp es 2304. Über diese Rezension ist A. Tantner auf den Beitrag des Konstanzer Leibnizpreisträgers Albrecht Koschorke gestoßen (Koschorke, Albrecht: Wissenschaftsbetrieb als Wissenschaftsvernichtung. Einführung in die Paradoxologie des deutschen Hochschulwesens, in: Kimmich, Dorothee/Thumfart, Alexander (Hg.): Universität ohne Zukunft? Frankfurt am Main: Suhrkamp es 2304, 2004, S. 142-157.)

Und Tantners Zusammenfassung des Textes macht auch Lust auf den ganzen Text:

"Der Artikel von Albrecht Koschorke ist einfach atemberaubend gut, eine witzige und zutreffende Analyse des (nicht nur) deutschen Wissenschaftsbetriebs. Koschorke attestiert dem System wechselseitiger Begutachtung, oft zur Reduzierung von Innovation (149) beizutragen, bedauert den Kursverfall des für die Wissenschaft doch so essentiellen Inkommunikablen - In welchem Ranking spielt Konzentration eine Rolle, die eine Tochter des Schweigens ist? (153) -, kritisiert die befristete Juniorprofessur und die Graduiertenkollegs; letztere liefen auf eine Verschulung der Promotionsphase (154) hinaus. Ganz allgemein sei mit den Reformen der letzten Jahre die Kontrollgesellschaft (...) in der Wissenschaft angekommen; Innovation durch Dissens wird erschwert (155). Und wenn schon eine leistungsgerechte Belohnung von ProfessorInnen, dann nicht mittels Geld, sondern mittels Zeit: Zeit ist im Wissenschaftsbetrieb die wahrhaft knappe Ressource, und ein Belohnungssystem, das zusätzlich freie Forschungsphasen in Aussicht stellte, würde viel stimulierender wirken (...) (157)."

Ich möchte aber auch noch ein paar Auszüge von V. Groebner zum Besten geben:

"Die bedrängten Gelehrten rächen sich listig damit, dass sie ihre
Selbstdarstellungs- und Antragsprosa mit flott übernommenen
angelsächsischen Begriffen aufblasen, die den angelsächsischen Jargon der Unternehmensberater parodieren. Das Ergebnis ist ein Wörterwald von bizarrem Reiz, ein grossspuriges und dadaistisches Deppenenglisch. Was mit "soft skills" oder "employability", Eexcellence" oder "advanced studies" jeweils genau gemeint ist, bleibt dabei offen. Als eine Art eierlegende Wollmilchsau versprechen die Geisteswissenschaften der Zukunft offensichtlich schlechthin alles zu vermitteln. Ausser anständiges Englisch.
In "Universität ohne Zukunft?" ist es der Literaturwissenschaftler Albrecht Koschorke, der in einem höchst lesenwerten und witzigen Beitrag einige Paradoxa des Hochschulbetriebs und der alltäglichen Arbeit eines Professors beschreibt. Der Historiker Dieter Langewiesche steuert ein gelassenes und kluges Plädoyer zur Unternehmensferne der Geisteswissenschaften als Chance bei."


Es folgen noch Anmerkungen zu einigen weiteren Beiträge, die offensichtlich eher Zeugnis ablegen von dem was sie vordergründig beklagen.
 

Hermann Bausinger und Thomas Hengartner bei Wikipedia

Neben Hermann Bausinger gibt es bei Wikipedia gibt es nun auch einen Eintrag zu Thomas Hengartner, dem Leiter des Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung am Institut für Volkskunde der Universität Hamburg. Weitere Einträge finden sich zu Utz Jeggle, Martin Scharfe, Ingeborg Weber-Kellermann, Albrecht Lehmann, Rolf Wilhelm Brednich.

Hier geht's zum Eintrag "Volkskunde".
 

Bonn: Sektion Neue Medien und Alltagskultur

Bei der Bonner Gesellschaft für Volkskunde und Kulturwissenschaften findet sich (neuerdings?) eine "Sektion Neue Medien und Alltagskultur", die wir aber nur durch Zufall gefunden haben. Es ist erfreulich, dass sich das Thema nunmehr auch an anderen Instituten zu etablieren vermag. Die Arbeit der Sektion wird mittels eines programmatischen Textes umrissen, der zunächst die Unterteilung der 90er Jahre in online/offline wieder aufmacht (1):

"Die Volkskunde/Europäische Ethnologie betrachtet Umgangsformen mit Technik und Information als kulturelle Phänomene, die spezifischen Erwartungshaltungen und Kulturmustern unterliegen. Communities, virtuelle Unternehmen und Netzwerke bilden neue Forschungsfelder im Spannungsfeld zwischen regionaler Kultur und der Enträumlichung des Internet."

Das ist in der Tat eine spannende Frage. Dabei wäre allerdings ebenfalls zu prüfen, inwiefern das Internet nicht auch zu einer neuen Art von Lokalität beiträgt.

Als Arbeitsprogramm wird formuliert:

"Im Rahmen dieser Sektion ist bisher geplant, folgende Fragestellungen zu behandeln: Welche ethnografischen Methoden eignen sich, um die neue Arbeits- und Alltagskultur zu beschreiben und analysieren? Was für Strategien und Wertzuschreibungen entwickeln Akteure im Umgang mit der sich in dauerhaftem Fortschritt befindenden Technik? Wie wirken sich die neuen Formen der Kommunikation und Kooperation wiederum auf das Alltagsleben der Akteure aus? Welche Folgen hat der “Digital Divide”, also die sich stark abzeichnenden gesellschaftlichen Differenzierungen im Umgang mit technischem Fortschritt im Hinblick auf soziale Gruppe, Bildung, Alter und Sprache? Untersucht werden sollen auch die Auswirkungen, die die aktuellen Interessenskonflikte um Softwarepatente, Digital Rights Management und Datenschutz haben."

Wenn man über die Begriffswahl "Medien- und Informationsgesellschaft" auch streiten kann, so ist erfreulich, dass die eingangs formulierte Grenzziehung online/offline weiter unten im Text implizit wieder relativiert wird (1):

"Charakteristisch für die moderne Medien- und Informationsgesellschaft ist die umfassende Integration der so genannten neuen Medien in die Arbeits- und Alltagskultur. Der Umgang mit Internet, Mobiltelefonen und Computern prägt und verändert die alltägliche Erfahrungswelt breiter Bevölkerungsschichten und ist damit Gegenstand und Herausforderung für die kulturwissenschaftliche Forschung."

Wir freuen uns über diese Entwicklung, oblgleich solche Sektionsbildungen in akademischen Gesellschaften oft nur der erste Schritt sein können. Im Zuge des Veralltäglichungsprozesse neuer Informations- und Kommunikationstechnik wird es nämlich langsam Zeit, dass diese Themen in den Nachfolgedisziplinen der Volkskunde selbstverständlicher werden. Es ist aber wie überall in der Gesellschaft, die eigene kulturelle Distanz führt dazu, dass die Beschäftigung mit Neuen Medien im Fach noch immer als Spezialistentum angesehen wird. Welcome!


(1) vgl. grundsätzlich dazu: Klaus Schönberger: Online – offline.
Persistenz – Auflösung – Rekombination – alte und neue Grenzen und Differenzen in der Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnik. Ein Überblick zum Forschungsstand der kulturwissenschaftlichen Internet-Forschung. Erscheint 2006 in:
Hengartner, Thomas/Moser, Johannes: Grenzen und Differenzen. Zur Macht sozialer und kultureller Grenzziehungen. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag.
 

Entscheidung in Innsbruck

Morgen, 9. 11. 2005, tagt in Innsbruck der Universitätsrat. Es geht dabei um eine Entscheidung über den Entwurf des Rektorats zur Strukturplanung. Derselbe hat für erhebliches Aufsehen gesorgt. Nicht zuletzt deshalb weil zahlreiche geisteswissenschaftliche Studienrichtungen zusammengestrichen werden sollen. Insbesondere auch die Innsbrucker Europäische Ethnologie. Aufgrund dessen liegt die bereits beschlossene Berufungsliste auf Eis.
Der Entwurf hat im Sommer für Protestaktivitäten verschiedener Art geführt.
Die studentischen Vertreter meinten im Zusammenhang mit der morgigen Sitzung:
"Wir hoffen sehr, dass die Studienrichtung Europäische Ethnologie an unserer Universität in irgendeiner Form erhalten bleibt."

Dem können wir uns nicht nur anschließen, sondern wir (aus Hamburg) unterstützen diese Forderung nachdrücklich.
 

Entwicklungsplan an der Uni Innsbruck: Volkskunde soll gestrichen werden

Der Entwicklungsplan des Rektors der Uni Innsbruck sieht vor, dass neben Latein, Griechisch, Russisch, Psychologie und Philosophie auch das Fach Volkskunde gestrichen werden sollen, wie mehrere österreichische Zeitungen heute berichten:

Der Wiener "Standard" (5.7. 2005) gibt weitgehend die APA-Meldung wieder:

"Mehrere neue Studienrichtungen vorgesehen - Von Uni entworfener Entwicklungsplan soll Mitte Juli dem Senat übergeben werden

Innsbruck - Einige Studienrichtungen weniger sollen ab Herbst 2006 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck angeboten werden. Dies sieht der so genannte Entwicklungsplan vor. Im September wird der Universitätsrat eine endgültige Entscheidung treffen.

Nicht mehr vorgesehen sind die Lehramtsfächer Latein, Griechisch, Russisch sowie Psychologie und Philosophie. Gestrichen werden sollen auch die Studienrichtungen Volkskunde, Vergleichende Literaturwissenschaften und Sprachwissenschaften. Alle Fächer bleiben laut Uni jedoch in den breiten Bakkalaureaten erhalten, Teile wurden in einem neuen Studium zusammengefasst. So werden etwa Klassische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte gemäß dem Vorschlag zu einem Studium der Altertumswissenschaften. Insgesamt 16 Institute sollen aufgelöst oder zusammengefasst werden.

Neu eingerichtet werden sollen die Studien Wirtschaftsinformatik, Soziologie, Kommunikationswissenschaften (Sprachen, Medien, Kommunikation), Mathematik sowie Material- und Nanowissenschaften. Künftig wird es mit 88 Studienmöglichkeiten um elf mehr als bisher geben. Grund ist die Zahl der neu eingeführten Bakkalaureate.

Der von der Universität entworfene Entwicklungsplan soll Mitte Juli dem Senat übergeben werden. Es folgt ein Diskussionsprozess. Ende September wird der Plan dem Universitätsrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. (APA)"


In diesem Zusammenhang ist auch jener Vorgang zu sehen, dass letzten Sommer die schon fertige Liste zur Neubesetzung des Lehrstuhls per Handstreich aus dem Rektorat gestoppt wurde. Zugleich wurde verkündet, dass die Soziologen eine weitere Stelle Universitäts-Assistenten-Stelle zugesprochen wurde. Allerdings konnte die im Zuge der darauf folgenden Auseinandersetzungen bisher nicht besetzt werden.


Die Presse (5.7.2005) berichtet detaiilierter über den Urheber des Planes und den Widerstand der Geisteswissenschaften:

"INNSBRUCK. Unter den Geisteswissenschaftern der Universität Innsbruck gärt es. Laut Vorschlag des Entwicklungsplans, den Rektor Manfried Gantner nun vorgelegt hat, soll ab Herbst 2006 das Latein-Lehramtsstudium gestrichen werden, ebenso die Lehramtsfächer Griechisch, Russisch, Psychologie und Philosophie. Außerdem stehen die Studienrichtungen Volkskunde, Vergleichende Literaturwissenschaften und die Sprachwissenschaften vor dem Aus.

Insgesamt sollen 16 Institute aufgelöst oder zusammengefasst werden. Seitens des Rektorats ist man um Beruhigung bemüht: "Die Fächer bleiben wie versprochen erhalten, sie werden nur in breiten Bakkalaureaten zusammengelegt", sagt der Sprecher des Rektors, Jürgen Steinberger. So sollen Latein und Griechisch gemeinsam mit Fächern wie Ur- und Frühgeschichte, Klassischer Archäologie und Orientalistik unterrichtet werden. Genau an diesem Plan scheiden sich die Geister. "Wenn so viele Fächer in ein einziges Bakkalaureat zusammengefasst werden, schaffen wir gerade noch Volkshochschulniveau", kritisiert der Dekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, Hans Moser, im "Presse"-Gespräch."


Über die Volkskunde ist nichts weiter zu entnehmen.
Ein Weblog mit Informationen und Meinungen rund um Fragen der Kulturwissenschaftlichen Technikforschung

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Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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