Robert Misik: "Die blauen Bände"

Robert Misik liefert uns in einem Radiofeuilleton für den SWR anlässlich des 125. Todestages von Karl Marx (8.3. 2008) auf wunderbar eindringliche Art anhand der so genannten Blauen Bände, den Marx-Engels-Werken aus dem Ostberliner Dietz-Verlag, eine schöne Definition des Begriffs "Materielle Kultur". Zugleich bieten diese Zeilen en passant eine Form der autobiographischen Erinnerung, die sich wohltuend von diesen selbstgewissen 68er-Erinnerungen abhebt. Aber das können halt nur die 77er.


Einst, als ich noch sexuell aktiver war, hatte ich die Gewohnheit, bei neuen Bekanntschaften zunächst – das heißt, als drittes oder viertes – einen Blick auf das Bücherregal zu werfen. Das gab wenigstens einen groben Eindruck, an wen man denn jetzt wieder geraten war. Man sah sich die Bücherwand an, und sah, wer jemand ist – oder zumindest, wer jemand sein wollte. Es bietet sich an, in diesem Zusammenhang von einer doppelten Existenz von Büchern zu sprechen, im Sinne einer „materiellen Kultur“. Sie sind einerseits geistige Güter, führen andererseits auch eine materielle Existenz. Und bei manchen Büchern ist ihre bloße materielle, sichtbare Anwesenheit schon ein starkes Signal. Bei der Bibel etwa, beim Koran, aber eben auch bei den legendären „blauen Bänden“, den „Marx Engels Werken“, nach und nach herausgebracht vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands.

Die wichtigste Hinterlassenschaft der DDR, einmal abgesehen vom grünen Pfeil.

In den siebziger und achtziger Jahren durften die 43 Bände in keiner Wohngemeinschaft fehlen, die auf sich hielt. Die waren so ein „so, da siehst du gleich, mit wem du es zu tun hast“-Signal. Ich beobachte übrigens heute noch sehr gerne, wie die blauen Bände in Wohnungen auf Wanderschaft gehen, bei etabliert gewordenen `68ern etwa. Bei einem guten Freund von mir sind sie mittlerweile an der höchsten Stelle der Bücherwand, fünf Meter über den Boden. Man weiß: Nie mehr wird hier jemand hoch klettern, Kopf und Kragen riskieren, um „Das Kapital“ zu lesen oder kurz in den „Pariser Manuskripten“ nachzuschlagen. Viele haben die Bände natürlich ganz abgeräumt, nachdem sie aus der Mode kamen und erst durch Bataille und Foucault, später dann durch Jamie Oliver ersetzt.

Marx hat man nicht einfach gelesen. Man hat Marx studiert. Das war es auch immer, was die „blauen Bände“ symbolisierten: dass man sich nicht einfach mit zwei, drei, sieben oder siebzehn Büchern von Marx begnügte. Es musste „der ganze Marx“ sein. Getragen war das von einem spezifischen Verhältnis zum Text, dem „Literalismus“, fast eine eigene Art von Religiosität. „Literalismus heißt“, schreibt der Essayist Michael Rutschky, „in gewissen heiligen Büchern – die Bibel, der Koran, die blauen Bände der MEW – ist unverrückbar die Wahrheit niedergelegt. Es kömmt nur darauf an, diese Bücher richtig zu lesen, aber dieses richtige Lesen stellt eine lebenslange und geradezu übermenschliche Aufgabe dar.“

Diese Liebe zum Text, diese Besessenheit mit Marx-Zitaten und –Passagen, diese „Stellenkunde“, hatte gelegentlich etwas leicht Überspanntes, war aber auch getragen von einer ungeheuren Leidenschaft für die Schrift, für die Theorie, die Abstraktion, die Begriffe, für das Welt-Verstehen und Welt-Verändern. Es war eine Leidenschaft, man glühte für etwas. Das Aufgeschriebene war von unerhörter Wichtigkeit. Im Westen konnten an einem Streit über die richtige Auslegung einer Marx-„Stelle“ ganze Freundschaften zerbrechen, im Osten hatte ein geschickt platziertes Marx-Zitat, über Entfremdung etwa, subversive Kraft. Es ist wohl kein Wunder, dass der russische Marx-Forscher David Rjasanow, der mit seinem Mitarbeiterstab in den zwanziger Jahren viele der Marx’-Handschriften entzifferte, in den Gulag wanderte und dort dem Stalinschen Terror zum Opfer fiel.

Ich, übrigens, konnte zu den „blauen Bänden“ nie eine besondere erotische Beziehung entwickeln. Sie bereiteten mir keine haptische Lust. Ich nahm sie vielleicht als Quelle für die Studien zur Hand, viel lieber aber griff ich zu den feinen sechsbändigen „Marx Engels Ausgewählten Werken“. Schön in Leinen gebunden, mit angenehm vergilbenden Papier. Die habe ich seit frühen Teenagertagen, 27 Jahre ist das jetzt her. Wie Schichten überlagern sich die verschieden färbigen Unterstreichungen und Anmerkungen und manchmal muss ich lachen, wenn ich sehe, was ich als 15- oder 16jähriger Wert gefunden habe, unterstrichen zu werden. Da, beispielsweise, Band Eins, Seite 231: „Veränderungen der Menschen nötig“, hat Marx geschrieben. Ich habe drei Rufzeichen daneben gesetzt.
 

Suite 101: "Moderne Kommunikation"

Horst Schinzel schreibt in Suite 101 (4.2.2008) unter der Überschrift "Moderne Kommunikation" über die gegenwärtig laufende Ausstellung des Instituts für Volkskunde / Kulturanthropologie bzw. des Forschungskollegs Kulturwissenschaftliche Technikforschung "Gegenwart und Zukunft der Kommunikation" im Hamburger Museum für Kommunikation:

"Sie stellt den Menschen und seine alltäglichen Erfahrungen in den Mittelpunkt. Sie verzichtet weitestgehend auf erklärende Texte und will selbst ein Ort der Kommunikation sein. Die Besucher können die Ausstellung aktiv mit gestalten. Anfassen und Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht. Dabei sind die Themen vielfältig und vielschichtig: Kommunikationsvisionen, die Pluralisierung und Globalisierung der Kommunikationswege, die Veränderung sozialer Beziehungen, die Aneignung neuer Technologien, das Mobiltelefon als Designobjekt sowie die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine."


Allerdings wie man darauf kommen kann, den Text unter "Institut für Anthropologie" zu taggen, ist vielleicht auch so ein Rätsel, nicht der modernen Kommunikation (weil man sich ja via Internet sehr schnell informieren können, was für ein seltsames Ding so ein Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie" ist), aber lassen wir das ...

HistNet: "Wikipedia zitieren oder nicht zitieren?"

Im Schweizer histnet (Weblog zu Geschichte und Digitalen Medien) lief im Dezember 2007 eine Debatte zur Zitierfähigkeit von Wikipedia-Einträge in Seminararbeiten. Den Beitrag von Peter Haber, der ein Argumentarium von Klaus Graf diskutierte, möchte ich - da Ende März vielerorts die Hausarbeiten-Abgabe ansteht, hier nicht unerwähnt lassen.
 

"Absolut privat? - Vom Tagebuch zum Weblog" - Ausstellungseröffnung im Frankfurter Museum für Kommunikation

Die Ausstellung "Absolut privat?", die morgen im Museum für Kommunikation Frankfurt, eröffnet wird, übernimmt im Untertitel ("vom Tagebuch zum Weblog") den Titel eine Seminars, dass im Sommersemester 2006 am Institut für Volkskunde / Kulturantropologie unter der Leitung von Klaus Schönberger durchgeführt wurde. Der Wissenschaftliche Koordinator hat auch einen Beitrag zum Ausstellungskatalog beigesteuert:

Schönberger, Klaus: Von der »Lesewut« zur Schreibwut? Vom legitimen Lesen und Schreiben. In: Gold, Helmut (Hg.): Absolut privat?! Vom Tagebuch zum Weblog. Frankfurt 2008 (Kataloge der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Bd. 26). S. 112-114.



"Absolut privat!?Frankfurt-Einladung
Vom Tagebuch zum Weblog


6. März bis 14. September 2008

Tagebuch schreiben – das ist verbunden mit vagen Vorstellungen von Intimität und Egotrip, von Geheimnis und Enthüllung. Das Fragezeichen im Ausstellungstitel„Absolut privat!?“ lädt dazu ein, diese gängigen Vorstellungen zu überprüfen. Privatheit ist keineswegs eine durchgehende Konstante für das Tagebuch, denn schon seit der frühen Neuzeit – und nicht erst zu Zeiten des Webs 2.0 – hat es Tagebücher gegeben, die für andere Leser oder gar auf eine Veröffentlichung hin angelegt sind. Umgekehrt sind die Blogs, die mittlerweile allein in Deutschland von weit über einer Million Menschen gelesen werden, nicht auf Schlagworte wie Exhibitionismus oder Enthüllung zu reduzieren. Das Museum für Kommunikation Frankfurt zeigt in seiner neuen großen Ausstellung über 300 Tagebücher und Weblogs. Erstmals werden in Deutschland papierene und digitale Tagebücher zusammen gezeigt und diskutiert, darunter auch Originale von prominenten Autorinnen und Autoren wie Franz Kafka, Theodor W. Adorno, Clara Schumann, Johann Wolfgang Goethe, Lou Andreas-Salomé oder Rainald Goetz.
Kostenfreie öffentliche Führungen werden sonntags, 15 Uhr und mittwochs, 16 Uhr angeboten."



Ausstellungseröffnung ist am 5. März 2008 um 19 Uhr

Begrüßung
Dr. Helmut Gold
Direktor
Museum für Kommunikation

Es spricht
Dr. Christiane Holm
Sonderforschungsbereich Erinnerungskulturen
Universität Gießen

Lesung
Eva Demski und Jan Seghers
(zu papierenen und digitalen Tagebüchern)

Der Abend wird mit "Zeitansagen" der Künstlergruppe AKKU begleitet

Wegbeschreibung, Öffnungszeiten usw.
Erfahrungsgemäß reisen die Ausstellungen der Museen für Kommunikation auch noch nach Hamburg, Berlin und Nürnberg.

Die Ausstellungsvorbereitungen wurden bereits von einem Weblog begleitet.

Einladungs-Flyer-Download

In diesem Podcast der Kindersendung Domino-Krimskrams des Hessischen Rundfunks (21.2.2008) findet sich eine nette altersgerechte Einführung in das Thema
 

CfP: Die Sprache der Dinge – kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die materielle Kultur

Gesellschaft für Ethnografie e.V., Berlin
21.11.2008-22.11.2008, Institut für Europäische Ethnologie und Museum Europäischer Kulturen
Deadline: 14.04.2008

CfP: Die Sprache der Dinge – kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die materielle Kultur

Tagung der Gesellschaft für Ethnographie e.V. am 21. und 22.11.2008 am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin und beim Museum Europäischer Kulturen – Staatliche Museen zu Berlin
Die materielle Kultur – erste „Metakategorie“ seit Beginn der ethnologischen und volkskundlichen Forschung und lange Zeit Domäne der Museen – erfährt in den Kulturwissenschaften eine Renaissance und Bedeutungswende. Nachdem sie seit den 1970er Jahren vor allem im Zusammenhang sozialer und kultureller Prozesse betrachtet wurde, rückten die „Dinge an sich“ zunächst aus dem wissenschaftlichen Blickfeld. Vor dem Hintergrund sich zeitgleich global wie auch lokal orientierender Gesellschaften werden jedoch neue Fragen an die materielle Kultur gestellt: Dinge werden als Handlungsträger und Akteure neu entdeckt. Das Potenzial der Dinge als Vermittler und Übersetzer zwischen „fremden“ und „eigenen“ Räumen, materiellen und immateriellen Welten sowie sozialen und physischen Bereichen gerät vor diesem Hintergrund erneut in den Fokus der Ethno- und Kulturwissenschaften. Dinge werden (wieder) als Produzenten von Bedeutungen, von sozialen Beziehungen und Praktiken, von Identitäten, Wertvorstellungen und Erinnerungen betrachtet, die mit einer zunehmenden Multifunktionalität und Polysemie das Feld eindeutiger Zuordnungen verlassen haben. Damit sind neue Herausforderungen auch für die Museen verbunden, sich mit ihren Sammlungen – Kondensate ethnologischer Theorien vor allem des 19. Jahrhunderts – auseinander zu setzen.

Der Wandel der Dinge selbst bringt für die materielle Kulturforschung auch neue Felder hervor: In vielen Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologie etwa ist es angesichts von Nanoskaligkeit, komplexer Mensch-Maschinen-Interaktion und dem Verschmelzen realer und virtueller Welten zunehmend schwerer zu definieren, wo die materielle Kultur endet und in eine immaterielle oder sogar rein symbolische Existenzweise übergeht. Aber auch im Hinblick auf andere Forschungsfelder bildet für eine neue Betrachtung der Dinge die Suche nach neuen Konzepten einen Schwerpunkt, mit denen eine symbolische Dinglichkeit und eine „Materialität des Immateriellen“ in sich neu organisierenden Arbeits- und Alltagswelten beschrieben und gedeutet werden kann. Urbane Szenen und Communities sowie neue soziale Netzwerke sind hier ebenso Beispiele wie Formen multilokalen Wohnens oder aktuelle Produktionsweisen in der Kunst – um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Tagung Die Sprache der Dinge – kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die materielle Kultur möchte dazu einladen, die vielfältigen Auffassungen zu Dingen und zu materieller Kultur zu reflektieren, die in den unterschiedlichen Disziplinen an den Museen, Universitäten u.a. Forschungsstätten sowie an den Orten der Praxis zirkulieren. Ziel ist hier, eine Bestandsaufnahme neuer und wieder aufgenommener Ansätze vorzunehmen, mögliche Untersuchungsstränge aufzuspüren und neue Impulse für Forschung und Lehre zu setzen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Wirkmächtigkeit der Dinge, ihre Kultur generierende Funktion, ihre Wege in verschiedenen zeitlichen, räumlichen und kulturellen Bezügen sowie ihre Rekontextualisierungen in Museen und anderen Ordnungssystemen. Veränderte Konsumkulturen, Redefinitionen, Umdeutungs- und Aneignungsprozesse von Dingen, Symbolen, Repräsentationen und Praxen im Kontext der Globalisierung führen zudem weltweit zu Fragen nach der Authentizität materieller Kultur. Auch hier sind neue Ansätze gefordert – etwa zur Frage des „Originals“ und der „Kopie“, zur Problematik kulturellen Eigentums und des Umgang mit dem kolonialen Erbe oder zur Herausbildung und zum Agieren lokaler und subkultureller widerständiger Bewegungen.

Folgende Achsen werden zur Strukturierung der Diskussion vorgeschlagen:

- Dinge als kontextspezifische Akteure in der Praxis
- Dinge als Produzenten von Praxen, Bedeutungen und Identitäten
- Dinge als Abbilder, Übersetzer, Wissensübermittler und Katalysatoren in Transformationsprozessen
- Dinge als Gegenstand von Analyse, Beschreibung, Bewahrung und Präsentation in musealer und forschender Praxis
- Dinge zwischen Materialität, Immaterialität und Dematerialisierung
- Dinge an der Schnittstelle realer und virtueller Praxen

Bitte schicken Sie Ihren Themenvorschlag in einem Abstract (max. eine Din-A4-Seite) bis zum 14.04.08 an materielle-kultur[at]gfe-online[dot]org.

Für die GfE:
Claudia Hirschberger, Karoline Noack, Jane Redlin, Elisabeth Tietmeyer

Call als PDF
 

Authentizität 2.0 - Neuer Beitrag zu YouTube bei Kommunikation@Gesellschaft:

Bei kommunikation@gesellschaft ist soeben ein neuer Artikel online gegangen. Torsten Näser, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen, analysiert die Enttarnung der YouTube-Userin Lonelygirl15 vor dem Hintergrund der Debatten um Authentizität in den Nachfolgedisziplinen der Volkskunde einerseits und mit Blick auf die Diskussion um Echtheit im Dokumentarfilm andererseits.

Näser, Torsten: Authentizität 2.0 – Kulturanthropologische Überlegungen zur Suche nach ‚Echtheit’ im Videoportal YouTube
In: kommunikation@gesellschaft, Jg. 9, Beitrag 2. Online-Publikation: http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B2_2008_Naeser.pdf


Zusammenfassung

Die Enttarnung der YouTube-Userin Lonelygirl15 als Fake im Jahr 2006 wurde innerhalb der Community kontrovers diskutiert, mit zum Teil deutlich ablehnenden Worten kommentiert und sorgte sogar in Printmedien und Fernsehen für Aufsehen. Spätestens seit diesem Zeit­punkt befindet sich das Social Networking Portal in einem Aushandlungsprozess, in dem die Frage nach der “Echtheit“ der bei YouTube geposteten Videobeiträge im Zentrum steht. Rekurrierend auf den Authentizitätsdiskurs in der Kulturanthropologie/Europäischen Ethno­logie, speziell im Bereich (massen)medialer Repräsentationen, behandelt dieser Beitrag den medienspezifischen Kontext von YouTube als einen prominenten Bestandteil des als soziali­siert kolportierten Web 2.0. Er stellt dar, wie dieser Kontext signalisierte, das Bedürfnis nach einer als echt empfundenen Seherfahrung befriedigen zu können und skizziert die Strategien der Authentifizierung für das Format Videotagebucheintrag. Schließlich wird deutlich, dass ein als unecht empfundenes Kommunikat Auswirkungen sowohl auf die an YouTube heran­getragenen Rezeptionserwartungen als auch auf den Rezeptionskontext hat.


k@g
 

3. Doktorandentagung der Europäischen Ethnologie/Volkskunde/Empirischen Kulturwissenschaft/Kulturanthropologie 2008

Würzburg
30.05.2008-01.06.2008, Würzburg
Deadline: 30.04.2008

Ankündigung und Call for Papers:
3. Doktorandentagung der Europäischen Ethnologie/Volkskunde/Empirischen
Kulturwissenschaft/Kulturanthropologie 2008 in Würzburg

30.05-01.06.2008

Die Doktoranden und Mitarbeiter des Würzburger Lehrstuhls für
Europäische Ethnologie / Volkskunde laden nach den beiden erfolgreichen Treffen 2006 in Bonn und 2007 in München herzlich zu einem weiteren Arbeitstreffen ein.
Doktoranden aus Nachbardisziplinen sind ebenso willkommen wie Studenten aus nicht deutschsprachigen Instituten. Während der Tagung haben die Teilnehmer die Gelegenheit, ihre Dissertationsprojekte in kleinen Vorträgen vorzustellen. Im Anschluss daran können Probleme jeglicher Art rund um die Dissertation diskutiert werden. Der Austausch über Schwierigkeiten bei der Materialerhebung, der Analyse oder Verschriftlichung soll dabei im Mittelpunkt stehen. Ein weiterer Programmpunkt wird eine simulierte Prüfungssituation (Verteidigung) mit einem kürzlich promovierten Kollegen des Faches sein. Vernetzung und Austausch unter den Teilnehmern werden sich auch diesmal nicht nur in inhaltlichen Diskussionen ergeben; das Rahmenprogramm bilden ein gemeinsamer Grillabend und eine Führung durch die Würzburger Innenstadt.

Die Tagung ist als Workshop ausgelegt und lebt von der aktiven
Beteiligung der Teilnehmer. Anregungen zu speziellen Problemfeldern und Wünsche für weitere Programmpunkte sind deshalb herzlich willkommen.

Der Tagungsbeitrag beläuft sich auf 25.- Euro. (Bitte erst anmelden,
Bestätigung und Anmeldeinformationen abwarten und dann das Geld
überweisen)

Die Anmeldungen und ein kurzes Abstract des Dissertationsthemas (max. 500 Wörter) sind bitte bis 30. April an die folgende Adresse zu senden:
anmeldung[at]doktorandentagung.de

Informationen zu Programm, Zahlungskonditionen und Unterkunft gibt es auf unserer Webseite: www.doktorandentagung.de
Für alle weiteren Anfragen steht die Adresse info[at]doktorandentagung.de
zur Verfügung.

Anmeldungen können auch per Post oder Fax geschickt werden an:

Organisationsteam Doktorandentagung 2008
Universität Würzburg
Institut für Deutsche Philologie
Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde
Am Hubland
97074 Würzburg
Tel.: 0931/888-5606
Fax: 0931/888-4621
e-Mail: info[at]doktorandentagung.de
www.doktorandentagung.de


Jörg Fuchs M.A., Susan Gamper M.A.,
Sebastian Joosten M.A., Judith Kestler M.A., Eike Lossin M.A
 

CfP-"Medien und Lesen" / Verlängerung

Post von der Redaktion merzWissenschaft, die besagt, dass der Abgabetermin für Abstracts für merzWissenschaft 2008 zum Thema "Medien und Lesen" wurde vom 25.02. auf den 05.03.2008 verschoben.

Zum CfP
 

2008: 75 Jahre "Die Arbeitslosen von Marienthal"

so lautet der Titel einer klassischen Studien der empirischen Sozialforschung, die erstmals 1933 erschienen ist. Reinhard Müller vom Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich hat nun anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der Marienthal-Studie 2008, eine Jubiläums-Webseite aufgesetzt:

"Der Erfolg dieser Studie bewirkte in den Sozialwissenschaften eine weltweite Vertrautheit mit dem Namen »Marienthal«. Doch kaum jemand weiß mehr über diese Fabrik und Arbeiterkolonie als das Wenige, das in dem Buch mitgeteilt wird. So betrachtet, ist »Marienthal« ein Mythos geworden."

Es findet sich auf der Webseite auch eine ausführliche Beschreibung dieser Feldforschung von Anfang der dreissiger Jahre. Ausserdem stehen hier eine Fülle weiterer Inrmationen zur Verfügung:
Marienthal
"Diese Website bietet Erst- und Hintergrundinformationen zu Marienthal vor wie nach der berühmten Studie von 1933. Texte, Bilder und Archivalien gewähren Einblicke in die Geschichte Marienthals, in den Ort und seine Menschen, von den Anfängen bis in die Gegenwart. Diese werden durch Informationen zur Marienthal-Studie sowie zu deren Projekt- und Autorenteam ergänzt."

Am bekanntesten dürfte für die Meisten noch die Suhrkamp-Ausgabe der Studie aus den siebziger Jahren sein:

Marie Jahoda, Paul F[elix] Lazarsfeld, Hans Zeisel [d. i. Hans Zeisl] / Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langdauernder Arbeitslosigkeit. Mit einem Anhang zur Geschichte der Soziographie. (1. Auflage.)
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975 (= edition suhrkamp. 769.), 147 S.


Der Besuch dieser Webseite gehört fortan zum Pflichtprogramm eines jeden sozialwissenschaftlichen Methodenseminars.

Via Adresscomptoir

.
 

Süddeutsche über "infam niedrige Besoldungsklasse"

Was gesagt gehört, muss man mal sagen. In der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (08.02. 2008), weist Malte Dahlgrün auf die infam niedrige Besoldungklasse W hin, die dazu führt, dass Schullehrer mehr verdienen als Universitätsprofessoren. Soweit so gut und so richtig. Und mit der Exezellenz hat das alles gar nichts zu tun. Aber das ist ja politisch so gewollt.

Mindestens genauso infam und ungeheuerlich ist der gegemwärtige Umgang mit prekär beschäftigten WissenschaftlerInnen im Rahmen von TVL-Zeitverträgen.

Was passiert gegenwärtig?
Die Universitäten versuchen bei der Einstellung des wissenschaftlichen Personals erfahrene und qualifizierte wissenschaftliche MitarbeiterInnen auf ein Lohnniveau zu drücken, dass noch ungeheuerlicher als das W1 oder W2-Niveau der ProfessorInnen ist.

Dass man mit Angestellten ohne Macht und Lobby nicht sehr pfleglich umzugehen gewillt ist, wissen wir schon von den Ärzten unterhalb der Oberarzt-Position in den Kliniken.

Und was nun passiert ist schlichtweg eine ähnliche Katastrophe. Noch nicht ganz klar ist, inwieweit das am durch Verdi ausgehandelten Tarifvertrag TVL liegt, oder inwiefern hier die Universitätspersonalabteilungen ihre jeweils eigenen Auslegungsversuche unternehmen.

Der Hintergrund ist der, dass jede(r) der/die nicht kontinuierlich an einer Uni oder ähnlichen Institution angestellt ist (was bei Zeitverträgen eben die Regel ist), bei jedem neuen Vertrag jeweils als Berufsanfänger auf TVL-1 zurückgestuft wird. Dass heisst, dass der Doktorand ohne Berufserfahrung gleichgestellt wird, mit dem habilitierten Wissenschaftler.

Die Art und Weise, wie WissenschaftlerInnen bei der Einstufung dann auch noch von einzelnen verbeamteten KollegInnen in Personalabteilungen deutscher Universitäten behandelt oder sagen wir besser misshandelt werden, ist gleichermaßen schaurig. Da wird auch unsereins gelegentlich von Privatisierungsphantasien heimgesucht .

Und wenn dann auch noch Personalräte wie an der Hamburger Uni eine Personalpolitik betreiben, die solch lebensfernen Regeln gehorchen wie das Promovierte nur noch angestellt werden dürfen, wenn sie auf ganze Stellen gehen, selbst wenn sie das gar nicht können (Familie!) oder wollen, dann müsste doch dem Letzten klar werden, dass ihm niemand hilft, außer wenn er sich selbst bewegt.

Es ist wahrscheinlich eine Illusion, dass es gelingen kann, überaus prekäre WissenschaftlerInnen und verbeamteten ProfessorInnen (die ihre Möglichkeiten - von löblichen Ausnahmen abgesehen - bei weitem nie ausnutzen) zu einer gemeinsamen Verabredung zu gewinnen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt ... Verlassen sollte man sich darauf allerdings nicht.

Und erst wenn man sich selbst organisiert, wird man auch ernst genommen ...

Heute ab 17 Uhr: Forschungskolleg im Hamburger Museum für Kommunikation

Es sei nochmals daran erinnert, dass das Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung heute Nachmittag bzw. Abend (von 17.00 Uhr an) im Hamburger Museum für Kommunikation mit acht ReferentInnen einen Vortrag über acht Stationen zum Thema "Die Elektrifizierung der Kommunikation" durchführen wird. 20.30 Uhr startet der letzte Themenblock.
 

Von den Klowänden (Blogs) des Internet (4): Wiener Opernball als Volkskundeseminar?

Doris Knecht, Kolumnistin des Wiener Kuriers wie des Falters, Fachfrau für Spießerfragen (vgl. das Interview im Videoblog von Robert Misik zum Thema "Spießer") trieb sich früher in Punkerkreisen herum, lässt sich angesichts des heute Abend stattfindenden Wiener Opernballs auf bezeichnende Weise, nämlich implizit despektierlich, über die akademische Disziplin "Volkskunde" in ihrer KurierKolumne "Unser Lieblingsgast" vom 17.1.2008 aus:

"Der Fasching ist kurz, halten wir uns ran. Heute wird, heißt es, Richard Lugner seinen heurigen Opernballgast bekannt geben (...)
Richard Lugner ist aus freien Stücken eine öffentliche Figur ohne Geheimnisse, die für ihre Prominenz selbst den Preis der Lächerlichkeit zu bezahlen bereit ist. Dennoch behält er sein Kunden-Recht auf diskrete und höfliche Geschäftsabwicklung. Insbesondere im Zusammenhang mit einer Veranstaltung, die sich dermaßen feudal und staatstragend geriert. Es mag schon sein, dass Lugner nicht der Lieblingsgast der Opernball-Organisation ist, aber er ist, samt seinem Miet-Gefolge, einer der Lieblingsgäste der Opernballfernseher, und die tragen schließlich mit ihrem Interesse auch tüchtig zum Erfolg des sog. Staatsballes bei.
Egal. Für meinereine, deren Tanzkünste sich auf ein paar Zuckungen aus dem Pulp-Fiction-Fundus beschränken, ist der Opernball alljährlich ein lustiges Volkskunde-Seminar. Etwa die schwarzweißen Formationswalzungen zu Beginn: Wie wird dieses Ritual dereinst von Volkskundlern der Zukunft interpretiert werden, wenn die ORF-Aufzeichnungen aus der Müllhalde des 21. Jahrhunderts geborgen werden? Und was werden sie von Lugner halten?"


Und vor allem was werden Sie von jenen Intellektuellen halten, die davon leben, sich über den Trash zu erregen, sich lustig zu machen und sich damit im Kampf um das symbolische Kapital einen Vorsprung zu sichern. Da beschleicht unsereins jedenfalls das saudumme Gefühl, dass Lugner, Mausi und das dazugehörige Lugner- wie Opernball-Bashing Teil des gleichen Problems sind. Das mal so dahin geschrieben von einem, der auch nicht weiß, was die künftigen Volkskundler herausfinden werden, der aber so eine Ahnung hat, dass man auf der einen Seite mit seinen Untersuchungsgegenständen im Ansehen sinken kann, andererseits haben dieselben jedoch den Vorteil, dass sie selbst zu einer Art "Moving target" werden (können). Und dann sind eben nicht mehr nur Lugner, Mausi und die "Formationswalzungen" das Thema, sondern eben auch diejenigen, die an der Sortiermaschine des Mülls die Weichen stellen wollen. Und damit werte Kollegen Musner und Maderthaner, beschreiben wir eine soziale Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Klassenfraktionen und das ist doch allemal ein Ausweg aus dem Kulturalismus-Dilemma. Wenn auch einer, der so nicht gewünscht ist?

PS. Volkskunde war in den letzten Jahrzehnten zumeist eine Ethnographie des Popularen (vgl. Bernd Jürgen Warneken), aber die Eintrittspreise zum Opernball sind eines bestimmt nicht: Popular. Aber die Vorstellung, denselben als "gesunkenes Kulturgut" zu analysieren, gefällt mir dennoch außerordentlich gut.

Magisterarbeit online: Das Mobiltelefon als kulturelles Artefakt

Unter der Überschrift "Für mehr Technikforschung: Magisterarbeit über Ethnologie des Mobiltelefons online" informiert :: antropologi.info :: über eine an der Uni München über die Ethnologie des Mobiltelefons am Beispiel von Westafrika und Jamaika verfaßte Magisterarbeit von Fabian Klenk:

"Dieser Arbeit liegt die Neugier zugrunde (…) wie die Ethnologie als Kulturwissenschaft mit modernen Technologien im lokalen Kontext umgeht, welche Konzepte sie bietet um die unterschiedliche Nutzung ein und desselben physischen Geräts zu verstehen und welche Konzepte und Theorien aus Nachbarwissenschaften – wie den Science and Technology Studies (STS) oder der Soziologie – herangezogen werden können, um ein aussagekräftiges Bild über eine bestimmte Technologie zu erhalten." (Klenk 2007,5)

Download der Magisterarbeit

Klenk, Fabian. 2007. Ethnologie der modernen Technologien. Das Mobiltelefon als kulturelles Artefakt. Magisterarbeit am Institut für Ethnologie und Afrikanistik der LMU München. München. Elektronisches Dokument. URI:
München. Oktober 2007

Update: Joern Borchtert hat eine Kritik der Arbeit verfasst
Ein Weblog mit Informationen und Meinungen rund um Fragen der Kulturwissenschaftlichen Technikforschung

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Roboter im Film
http://www.zeit.de/kultur/ film/2015-04/ex-machina-fi lm-android-roboter
amischerikow - 21. Apr, 13:40
Trauern in der Online-Version
Prof. Dr. Norbert Fischer über digitale Trauerportale...
amischerikow - 18. Feb, 10:49
Robo-Bar
https://www.wired.de/colle ction/latest/ausgabe-0215- robo-mit-schuss
amischerikow - 14. Feb, 16:36
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Publikationen aus dem Forschungskolleg










Gerrit Herlyn
Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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