CfP: Produktion und Reproduktion: Arbeit und Fotografie

Call for papers
Produktion und Reproduktion: Arbeit und Fotografie

Westsächsisches Textilmuseum Crimmitschau, 24./25. April 2009
Einsendeschluss 1. Oktober 2008

Ausgangsinteresse und Absicht der Tagung "Produktion und Reproduktion: Arbeit und Fotografie" ist es, zum Verstehen von Fotografien aus dem Themenkreis der Industriearbeit als Quellen kulturhistorisch orientierter Forschung beizutragen. Anhand von Fallstudien werden Bestände und Sachverhalte sowie Methoden der Analyse vorgestellt. Zugleich entsteht ein Überblick über die Entwicklung des Genres seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert bis heute. Dabei liegt ein Augenmerk auf Sachsen, doch können und sollen Fragestellungen und Beispiele nicht auf diese Region begrenzt sein.

Ob als Arbeiter- oder als Werksfotografie entstanden, ob als private Erinnerung oder als Werbematerial genutzt, ob in Alben aufbewahrt oder in Bildbänden gedruckt, ob Selbstbild der Unternehmen oder Selbstentwurf der Arbeiter: die Fotografien dokumentieren nicht allein Sachverhalte, sie sind mentalitätsgeschichtlich komplexe Sinnstiftungen.

Ziel soll daher sein, Zusammenhänge zu analysieren: etwa zwischen Arbeitsformen und Produktionsverhältnissen mit den verbildlichten Interaktionen und Rollenbildern, den sozialen Inhalten des physischen Handelns mit dem fotografischen Akt oder den Darstellungsformen und den Gebrauchsweisen der Fotografien in ihren intendierten oder auch in musealen Zusammenhängen.

Solche Betrachtungsweise erweitert die den Objekten der Sammlungen und den Dokumenten der Archive zu entnehmenden Informationen um Symbole gelebten Lebens in einem "Museum der Blicke", das im Spannungsfeld von emphatischer Nähe und kognitiver Distanz auf ganz eigene Art und Weise zwischen historischen Sachverhalten und den Medienerfahrungen heutiger Betrachter zu vermitteln in der Lage ist.

Die Tagung wird in Kooperation des Westsächsischen Textilmuseums Crimmitschau mit dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. (ISGV) Dresden ausgerichtet. Eine anschließende Tagungspublikation ist geplant. Beiträger/innen unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen sind eingeladen, bis zum 1. Oktober 2008 ein etwa 2.000 Zeichen umfassendes Exposé beim Westsächsischen Industriemuseum Crimmitschau einzureichen.



Westsächsisches Industriemuseum Crimmitschau
Frau Claudia Schindler
Leipziger Straße 125
08451 Crimmitschau
Tel.+49-3762-931939, Fax +49-3762-931938
crimmitschau[at]saechsisches-industriemuseum.de
www.saechsisches-industriemuseum.de



Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V.
Herrn PD Dr. Manfred Seifert
Zellescher Weg 17
01069 Dresden
Tel. +49-351-4361650
Fax +49-351-4361651
isgv[at]mailbox.tu-dresden.de
www.isgv.de
 

ORF-Sendung Matrix über "Protest reloaded"

Anlässlich der jüngsten Ausgabe der Netzkultur-Sendung "Matrix" (4.5. 2008) des ORF zum Thema "Protest Reloaded", wird auch Marion Hamm, Luzerner Associate des Forschungskollegs Kulturwissenschaftliche Technikforschung zitiert:

"Protestieren im Kollektiv
Das Schaffen neuer medialer Räume und einer neuen Form von Gegenöffentlichkeit ist ein wichtiges Element von Protestbewegungen im Internet. Vorbild und Vorreiter auf diesem Gebiet ist das globale Medien- und Kommunikationsnetzwerk Indymedia, das erstmals 1999 anlässlich der Proteste gegen ein Treffen der Welthandelsorganisation in Seattle in Erscheinung trat.

Bei Indymedia sind die Aktivisten zugleich auch Journalisten und verschwimmen somit die Grenzen zwischen Artikel und Agitation und zwischen Demonstration und Dokumentation.

Marion Hamm, die an der Universität Luzern an einem Forschungsprojekt über Protestkultur und Medien arbeit und die selbst jahrelang Aktivistin bei Indymedia in Großbritannien war, weist darauf hin, dass Indymedia publizistische Phänomene wie Blogs und Bürgerjournalismus vorweggenommen hat, dass bei Indymedia allerdings nie der Einzelne, sondern stets die kollektive Medienproduktion im Vordergrund stand."


Dabei bezieht sich der Bericht auf ihren Aufsatz über Indymedia von 2005:

Darin verweist sie darauf, in welcher Weise die Software von Indymedia, das was heute Web 2.0. heisst antizipiert hat:

"Open Publishing ist Free Software

Indymedia-Webseiten zeichnen sich durch das System des Open Publishing aus: Jede und jeder, der Zugang zum Internet hat, kann Dokumente hochladen, und zwar ohne Login, ohne Passwort, ohne Identifizierung welcher Art auch immer. Die "Postings" erscheinen auf den meisten Indymedia-Seiten umgehend auf der Startseite im sogenannten "Newswire". Damit ist die Voraussetzung zum Selbermachen von Medien geschaffen. Vom einfachen Text über Fotos und Ton bis hin zum Videoclip kann alles nicht nur produziert, sondern auch einer vernetzten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Was sich im Zeitalter der Blogger und Breitbandanschlüsse fast schon von selbst versteht, die technische Möglichkeit zum Hochladen verschiedener Medien, musste 1999 noch selbst gebaut werden. Die erste Version der Indymedia-Software mit dem schönen Namen "active" wurde ursprünglich für AktivistInnen vor Ort in Sydney entwickelt, dann beim als globalem Aktionstag ausgerufenen "Carnival against Capitalism" am 18. Juni 1999 weltweit und erfolgreich ausprobiert, und schließlich für das erste IMC in Seattle eingesetzt.

Die Betonung des Selbermachens ist charakteristisch für Indymedia und hat im Zusammenhang mit der Erstellung von "Code" noch eine ganz besondere, bereits ausgearbeitete Bedeutung. Alle Indymedia-Webseiten laufen auf "Free Software"[7], das heißt, jede/r kann sich die Programme anschauen, sie benutzen, kopieren und weiterverbreiten und sie entsprechend den eigenen Bedürfnissen verändern. Free Software ist durch eine besondere Lizenz geschützt, die GNU Public Licence. Damit wird sichergestellt, dass der Sourcecode frei einsehbar und damit veränderbar bleibt."


Marion Hamm ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt "Protest als Medium - Medien des Protests" am Soziologischen Seminar der Universität Luzern.
 

Museen für Kommunikation (Frankfurt + Nürnberg): Volontär/in gesucht

Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und wendet sich mit Ausstellungen, museumspädagogischen Programmen und Sonderveranstaltungen zur Geschichte der Kommunikation an eine breite Öffentlichkeit. Zur Stiftung gehören die Museen für Kommunikation in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg und Nürnberg sowie das Archiv für Philatelie in Bonn.

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

wissenschaftliche/n Volontär/in
mit dem Schwerpunkt Ausstellungskonzeption

für jeweils ein Jahr im Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main und im Museum für Kommunikation in Nürnberg

Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium einschlägiger Fachrichtung (Geschichte, Technik- oder Kommunikationsgeschichte, Volkskunde, Kunstgeschichte) sowie erste Erfahrungen im Kulturbereich (mind. durch Praktika). Promotion erwünscht.

Die Ausbildung orientiert sich an den von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland beschlossenen Grundsätzen.

Das Ausbildungsverhältnis wird für die Dauer von zwei Jahren abgeschlossen. Es wird eine Vergütung in der Höhe der Hälfte der Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TVöD (Bund) gezahlt.

Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.

Für weitere Auskünfte steht Ihnen Herr Dr. Kley (Tel. 0911/ 230 88 80) zur Verfügung.

Aus Kostengründen werden eingereichte Bewerbungsunterlagen nur zurückgesandt, wenn ein ausreichend frankierter Rückumschlag beigefügt ist.

Bitte senden Sie Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen an:
Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Personal
Leipziger Straße 16
10117 Berlin

Bewerbungsschluss: 15.05.2008

Zur Anzeige

Meinungen über Technik (7): Schwäbisch-Bollywood

nannte sich 1995-1997 ein Studienforschungsprojekt am LUI in Tübingen. Dazu ist 1997 ein Ausstellungskatalog erschienen:
"Schwabenbilder. Zur Konstruktion eines Regionalcharakters
Ausstellungsband zu einem Studienprojekt 1997 unter der Leitung von Utz Jeggle. Tübingen 1997."
Der Band dazu ist zwar inzwischen vergriffen, lässt sich aber bei der TVV als Download auf die Festplatte holen. Darin geht es um die Konstruktion von Selbst- wie Fremdbilder, wie sie in dieser Form des TextualPoachings (Henry Jenkins) etwa schwäbische Tüftler und Bastler insbesondere in Bezug auf Technik auch zum Ausdruck kommt:


 

Heute abend, 21 Uhr auf ARTE: "Workingman's Death"

Dienstag, 29. April 2008 um 21.00 Uhr, ARTE

Wiederholungen :
01.05.2008 um 09:50
05.05.2008 um 03:00

Heute abend läuft auf Arte "Workingman's Death" - sozusagen die globalisierte Reprise des Fordismus und der Schwitzbuden:

Workingman's Death
(Deutschland, 2005, 119mn)
Regie: Michael Glawogger
Musik: John Zorn


"Anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai zeigt ARTE mit dem Dokumentarfilm von Michael Glawogger in fünf Bildern Schwerstarbeit, die in unserem technologisierten 21. Jahrhundert zunehmend unsichtbar wird. In der Ukraine beispielsweise kriechen Kumpel den ganzen Tag in engen, illegalen Kohlegruben. Schwefelarbeiter in Indonesien trotzen den Dämpfen und der Hitze eines aktiven Vulkans. Zur alltäglichen Routine von Arbeitern auf einem nigerianischen Schlachthof gehören der Umgang mit Blut, Gestank und Feuer. Pakistanische Männer wiederum verschrotten mit kaum mehr als ihren bloßen Händen einen alten Tanker. Und Stahlarbeiter in China befürchten, sie wären eine aussterbende Art. Die Arbeiter von heute werden nicht mehr besungen, was ihnen bleibt, ist sich gegenseitig zu ermutigen, dass Schwerstarbeit zu verrichten besser ist, als gar keine Arbeit zu haben."

Weitere Informationen

Ziemlich empfehlenswert!
 

Universität Basel: 50%-Assistenten/Assistentin "Kulturwissenschaft/Europäische Ethnologie"

Das Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der
Universität Basel

sucht

per 1. September 2008

Assistenten/Assistentin Kulturwissenschaft/Europäische Ethnologie (50%)

Bewerbungsschluss: 18.05.2008


Ihr Profil:
- Studium der Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie/Volkskunde
- Ausgezeichneter Studienabschluss (Liz./Magister/MA oder Diss.)
- Ausgewiesene Kenntnisse in qualitativen empirischen Methoden
- Didaktische Kompetenz, Freude an der Lehre
- Konzeptionelles Denken, Selbständigkeit, Flexibilität
- Team- und projektorientiertes Arbeiten
- Organisations- und Kommunikationstalent
- Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen

Ihre Aufgaben:
- Mitarbeit in Lehre (v. a. Grundstufe, BA-Programm) und Forschung
- Realisation eines eigenen Forschungsprojektes
- Mitarbeit in Seminaradministration

Ihre Perspektiven:
- Wissenschaftliche Arbeit in einem kleinen, motivierten Team
- Arbeitsschwerpunkte des Seminars: Kulturtheorien, Formen der gesellschaftlichen Integration und Ausgrenzung, Immigration/Emigration, materielle Kultur/Museologie
- Die Stelle ist mit einer gleichzeitigen Promotion oder Habilitation verbunden

Die Stelle ist zeitlich befristet.

Richten Sie Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen (falls vorhanden: Skizze Forschungsprojekt) bis zum 18. Mai 2008 bitte an: Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, Spalenvorstadt 2, Postfach, 4003 Basel, z. H. Prof. Dr. Walter Leimgruber, der Ihnen auch für weitere Auskünfte zur Verfügung steht (+41 61 267 12 40 oder walter[dot]leimgruber[at]unibas[dot]ch)

RWTH Aachen: Wissenschaftlicher Mitarbeiter "Technikgeschichte"

Am Lehrstuhl für Geschichte der Technik der RWTH Aachen ist zum 1. August 2008 eine Stelle als Wissenschaftliche(r) Angestellte(r) (TVL E 13) neu zu besetzen (Doktorandenstelle/post-doc).

Bewerbungsschluss: 31.05.2008

Einstellungsvoraussetzungen sind ein einschlägiges abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine herausragende Promotion im Fach Technikgeschichte, bevorzugt im Bereich der deutschen und europäischen Technikgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Nicht promovierte BewerberInnen sollten einen Abschluß als Diplom-IngenieurIn der Elektrotechnik oder einen vergleichbaren Abschluß der Ingenieur- oder Naturwissenschaften besitzen. GeisteswissenschaftlerInnen sollten eine natur- oder ingenieurwissenschaftliche Grundausbildung oder eine starke interdisziplinäre Ausrichtung vorweisen können. Wünschenswert sind Kenntnisse im Bereich der Technikgeschichte und ggf. angrenzender Disziplinen (Wirtschafts-, Wissenschaftsgeschichte etc.). Die Stelle ist auf drei Jahre ausgelegt und beinhaltet Mitarbeit in Lehre (4 SWS), Forschung und Verwaltung des Lehrstuhls für Geschichte der Technik. Gelegenheit zur Anfertigung einer Dissertation/Habilitation ist gegeben.

Bewerbungen von Frauen sind ausdrücklich erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen bevorzugt berücksichtigt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Auf § 8 Abs. 6 Landesgleichstellungsgesetz NW (LGG) wird verwiesen. Bewerbungen geeigneter schwerbehinderter Menschen sind ausdrücklich erwünscht. Dies gilt auch für Gleichgestellte im Sinne von § 2 SGB IX.

Die Bewerbungen sind mit den üblichen Unterlagen (Wissenschaftlicher Werdegang, Verzeichnis der Schriften und ggf. Lehrveranstaltungen, Zeugnisse und Urkunden über akademische Prüfungen) bis zum 31. Mai 2008 zu richten an:

Univ.-Prof. Dr. phil. Walter Kaiser
Lehrstuhl für Geschichte der Technik
Kopernikusstr. 16
52074 Aachen

Fragen zur Stelle können an Dr. phil. Stefan Krebs gerichtet werden:
Telefon: +49 -241 80 266 63
Email: krebs[at]histech[dot]rwth-aachen[dot]de

Wolfgang Zeglovits: "Reales, virtuelles Leben: 'Für Junge kein Unterschied'“

Zum Thema Online/Offline hat die Wiener Tageszeitung "Die Presse" (26.04.2008), Wolfgang Zeglovits (Wien) interviewt. Das Interview ist im Rahmen des "Thema des Tages: Die Gesellschaft der Voyeure" plaziert und es finden sich eine Reihe von zwar kulturpessimistisch motivierten aber gar nicht so uninformativen Beiträgen zum Thema Privatheit und Internet. Wolfgang Zeglovits hält dagegen und argumentiert historisch:

"Medienanthropologe Wolfgang Zeglovits sieht YouTube & Co. als weltweiten Vertriebskanal für private Medienmacher.

Warum veröffentlichen User selbst erstellte Inhalte im Netz?

Zeglovits: Das Bedürfnis nach Öffentlichkeit gab es schon immer. Nur fehlten der Masse die technischen Möglichkeiten. Heute ist der PC ein Universalgerät zur Medienerstellung. Jedermann kann Videos auf einem Niveau schneiden, von dem früher Profis träumten. Das Internet ist nur ein Hilfsmittel zur Distribution. Die finanziellen Hürden und das notwendige Know-how sind deutlich geringer als vor wenigen Jahren.

Das Internet ist nur Mittel zum Zweck, nicht aber der Grund für den neuen Exhibitionismus?

Zeglovits: Der Wille zur Selbstdarstellung ist Teil des menschlichen Naturells. Schon in den 1980er Jahren haben Zuseher Videokassetten mit ihren schrägsten Aufnahmen an die „Hoppala“-Redaktion des ORF geschickt. Allerdings mit der Einschränkung, dass sie von der Redaktion bewertet und nur die besten ausgestrahlt wurden. Das ist jetzt nicht mehr nötig. Bei YouTube hat man eine Garantie, auf Sendung zu gehen. Ganz ähnlich ist es mit Leserbriefen einer Zeitung, bei denen anders als bei einem Weblog eine Vorauswahl getroffen wird."


Das ganze Interview
 

Bonner Volkskundler in Nöten (II)

Die Bonner Volkskunde ist in Not. Eine weitere kritische Betrachtung (auch zum Bonner "Marketing"), die mit allgemeineren Überlegungen zu unseren Fächern einhergeht, finden wir bei Joern Borchert im Blog "Kulturelle Welten".

Update: 28.04.2008
Weitere Reaktionen bei :: antropologi.info :: - Ethnologie in den Medien
 

"Kinder heute sind viel disziplinierter als früher" - Digitale Medien befördern Kommunikation

Na wer sagt's denn, es gibt auch noch vernünftige Leute, die sich dem allgemeinen Geblubber über disziplinlose Kinder oder "Medienverwahrlosung" wohltuend abheben. Im Hamburger Abendblatt (24.4. 2008) kommt Prof. Michael Schulte-Markwort ausführlich zu Wort:

"Die Kinder heute werden früher mündig, sind unglaublich eigenständig und lernen viel disziplinierter, als ich das in dem Alter getan habe", stellte Prof. Michael Schulte-Markwort, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik am UKE und dem Altonaer Kinderkrankenhaus, fest. "Nach meiner inzwischen 20-jährigen Berufserfahrung entwickeln sich die Kinder immer besser, sie werden immer sozialer, sorgen immer mehr für einander. Dank der digitalen Medien - die übrigens dazu beigetragen haben, dass Kinder wieder Briefe schreiben - tauschen sie sich schnell und viel aus." Eine entscheidende Ursache sei, dass die Kinder heute früh in Entscheidungsprozesse mit einbezogen würden, dass ihre Meinung gefragt ist, dass ihnen mit Respekt begegnet werde.

Damit die Kinder ihren Weg gehen, ihre Träume verwirklichen können, sei es besonders wichtig, "dass wir das verstärken, was sie gut können, dass wir ihnen immer zuverlässige Strukturen im Alltag bieten und ihnen Zeit genug lassen, um sich zu erholen und zu spielen". Gerade kleine Kinde bräuchten ritualisierte Abläufe, um die Schnelligkeit des Alltags gut zu verkraften. Je älter die Kinder würden, desto mehr Freiräume könne man ihnen gewähren. Großeltern seien für Kinder deshalb so wichtig, weil sie ihr Vertrauen in sich und in die Welt stärken könnten. "Gespräche zwischen den Generationen müssen dabei auf gleicher Augenhöhe stattfinden", sagte Schulte-Markwort, "das ist nicht allen naturgegeben, deshalb muss es geübt werden."
 

Der lange Arm des 'Real Life' - Über den prognistischen Wert Kulturwissenschaftlicher Technikforschung

Christoph Neubergers Projektgruppe zu StudiVZ-Studie hat u.a. einen Befund bestätigt, der bereits vor zehn Jahren in der Kulturwissenschaftliche Technik- bzw. Internetforschung erhoben bzw. als Merkmal der Internetdiffusion angesehen wurde (s.u.):

"Manche befürchteten, in Zeiten von Online-Communities könnte der Nachmittagskaffee mit Freunden ausgedient haben und sich stattdessen jeder zu Hause vorm Computer in der StudiVZ-Welt vergnügen.

Die Ergebnisse der Projektgruppe widerlegen solche Befürchtungen: Nach wie vor bevorzugen Studierende bei engen Freunden den persönlichen Kontakt. Pinnwandeinträge oder Nachrichten im StudiVZ rangieren bei ihnen nach Treffen, SMS, Telefon oder E-Mail erst an fünfter Stelle. Verdrängungseffekte hat es durch die Community allenfalls in der elektronischen Kommunikation gegeben: Die befragten Nutzer geben an, durch das StudiVZ weniger E-Mails oder SMS zu schreiben.

Im StudiVZ pflegen Nutzer vor allem entfernte Kontakte, etwa zu alten Schulfreunden. "Hier hat das Netzwerk teilweise zu häufigeren Kontakten beigetragen", so Prof. Neuberger. Neue Kontakte ergeben sich durch die Plattform kaum: Rund zwei Drittel der Befragten geben an, keine neuen Kontakten via StudiVZ geknüpft zu haben. Demgegenüber stehen gerade einmal fünf Prozent, die viele oder gar sehr viele neue Leute über das Netzwerk kennen gelernt haben."


Immer wieder umstritten ist die Prognosefähigkeit der Sozial- und Kulturwissenschaften. Ein gutes Beispiel für eine solche Aussage über zuukünftige Entwicklung im Kontext von Medieninnovationen ist die Frage nach der Diffusion des Internet und auch nach den zu erwartenden Nutzungspraktiken. In diesem Zusammenhang sei nochmals an die Ergebnisse des Tübinger DFG-Projekts "Zur Transformation der Alltagsbeziehungen von InternetnutzerInnen (1998-2000) erinnert. Dieselben stammen aus heutiger Sicht noch aus der "Vorgeschichte" des Internet, wenngleich soviel sich auch nicht so viel geändert hat, wie Begriffe à la "Web 2.0" oder "Social Software" behaupten.

Das Internet galt insbesondere zu Beginn Mitte der 90er Jahre (und gilt bis heute) als jenes Symbol der Globalisierung, ohne dass man einfach nicht mehr mithalten und mitreden könne. Es wurden weitreichende Behauptungen aufgestellt, in welcher Weise sich lokale soziale Bezüge erübrigen und an Bedeutung verlieren würden.

Dabei hätte man auch schon damals aus der Geschichte des Telefons wissen können, dass auch das Telefon vor allem dazu dient(e), lokale Bezüge und den sozialen Nahraum zu unterstützen. Aus der Beschleunigung der technologischen Entwicklung wurde aber unisono auch eine entsprechende Dynamik für soziale Praxen und ihre soziokulturellen Praktiken abgeleitet. Und eine der Charakteristka von "Wissensgesellschaft" liegt offenbar darin, gesichertes Wissen und bereits historisch gemachte Erfahrungen für obsolet zu erklären und immer neuen Hypes hinterherzulaufen. Insofern ist das Münsteraner Ergebnis gar nicht so erstaunlich, wie die Presserklärung der Universität der ForscherInnen nahelegt.

Denn bereits für die Frühzeit des Internet gibt es Untersuchungen jenseits der Medienwissenschaften, die den nun herausgefundenen Zusammenhang festgehalten haben:

"Im oder besser mit dem Netz wird dasselbe Leben geführt wir im ‚real life‘; IuN dienen dazu, bestehende soziale Netzwerke zu intensivieren.
(...)
Deshalb ist Hoffnungen auf neue Menschen („netizens“) oder
Beziehungen („virtual communities“) der Befund entgegenzuhalten, daß im Hinblick auf die Nutzung von IuN und dem Aufbau neuer und andersartiger Kontakte als im ‚real life‘ weitgehende Fehlanzeige zu verzeichnen ist.
(...)
Die Aneignung und Nutzung von IuN erfolgt im Kontext bestehender sozialer Beziehungen und Praxen. IuN dienen in erster Linie der Organisation des ‚real life, zur Pflege sozialer Beziehungen im Nahbereich sowie von schon bestehenden Bekanntschaften, Freundschaften und Verwandtschaftsbeziehungen.
(...)
Virtuelle Re-Integration
IuN ermöglichen die Stabilisierung, Wiederbelebung, Erweiterung und Aufrechterhaltung von Beziehungen in durch räumliche Trennung bedrohten sozialen Netzwerken.
• Stabilisierung und Wiederbelebung:
Es zeigt sich, daß insbesondere in den Untersuchungsgruppen
mit hoher beruflicher Mobilität der Wegzug oder die räumlich weite Entfernung von Freunden wichtige Einstiegsgründe sein können. Auf die räumliche Trennung wird mit einer virtuellen Re-Integration geantwortet. Soziokulturelle Normen, die es in bestimmten sozialen Netzwerken selbstverständlich machen, eine Email-Adresse zu besitzen, und objektive berufliche Gegebenheiten ergeben ein Gemengelage von Nutzungsweisen und Nutzungsgründen.
Wir unterscheiden dabei „Weihnachtskartenbeziehungen“ von wiederbelebten Beziehungen. Letztere entstehen nur wieder, weil
es IuN ermöglicht."


Damaliges Fazit:
"Der lange Arm des ‚real life‘ wirkt auch in der Netzkommunikation fort."

Quelle: Schönberger, Klaus: Internet und Netzkommunikation im sozialen Nahbereich. Anmerkungen zum langen Arm des ›real life‹. In: forum medienethik 2/2000: Netzwelten, Menschenwelten, Lebenswelten. Kommunikationskultur im Zeichen von Multimedia, S. 33-42. Online verfügbar unter: http://www.fatk.uni-tuebingen.de/files/ethik.pdf

Eine weitere Studie über ein anderes Netzwerk des sogenannten Web 2.0, Xing, kommt zu einem ähnlichem Ergebnis wie die Münsteraner Studie:
Renz, Florian: Praktiken des Social Networking: Eine kommunikations­soziologische Studie zum online-basierten Netzwerken am Beispiel von openBC (XING). Boizenburg. 2007.

Vgl. die Rezension der Arbeit von Thies W. Böttcher bei kommunikation@gesellschaft:

"Ein herauszuhebendes Ergebnis ist, dass Nutzer vorherrschend (hypothetisch, denn eine klarere Aussage lässt die Datenmenge nicht zu) eine Mischung aus privaten und geschäftlichen Kontakten, die schon vor der Nutzung von openBC Bestand hatten, pflegen (im „Ausblick“ des Buches wird der Mangel an neu generierten Kontakten durch die quantitative Studie eines Marktforschungsunternehmens gestützt). Dies widerspricht der „Idealvorstellung“ der Seitenbetreiber, dass in großem Maß neue Geschäftskontakte über die Plattform geknüpft werden (S. 93). Das Hauptmotiv, das einer der befragten Nutzer äußerte, nämlich „mit Leuten in Kontakt zu bleiben“ (S. 91), könnte sich in einer quantitativen Studie bewähren."

Es ist dieser Blick auf die historische Entwicklung, die den Vorzug von Kulturwissenschaftlicher Technikforschung gegenüber anderen mit dem Internet beschäftigten Disziplinen auszeichnet.

Rezension des Passauer Arbeitskulturentagungs-Bandes

Auf H-Soz-Kult (23.04.2008) ist von Ulrike Richter (Marburg) eine Rezension des Passauer Arbeitskulturenbandes online gegangen:

Seifert, Manfred; Götz, Irene; Huber, Birgit
(Hrsg.): Flexible Biografien? Horizonte und Brüche
im Arbeitsleben der Gegenwart.
Frankfurt am
Main u.a.: Campus Verlag 2007. ISBN: 978-3-
593-38486-3; 241 S.

In dieser Rezension werden auch die beiden Hamburger Beiträge von Klaus Schönberger und Gerrit Herlyn gewürdigt.
 

Universität Bonn: Das Fach Kulturanthropologie/Volkskunde kurz vor seiner Abschaffung

Bonn: Das Fach Kulturanthropologie/Volkskunde kurz vor seiner Abschaffung

An der Universität Bonn droht das schnelle Aus der Abteilung Kulturanthropologie/Volkskunde im im neuen Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur und Kulturwissenschaft. Zur Situation:

"Das Fach Kulturanthropologie / Volkskunde ist an der Universität Bonn akut bedroht! Pläne des Rektorats sehen die Einsparung von insgesamt 39(!) Stellen an der Philosophischen Fakultät vor. Die Institute sind somit durchschnittlich mit Einsparzwängen von vier Stellen konfrontiert. Um die problematische Haushaltslage zu „überwintern” hat der Vorstand des Instituts für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft eine „Einfrierung” aller wissenschaftlichen Abteilungsstellen der Kulturanthropologie / Volkskunde beschlossen.

Was heißt das? Die „Einfrierung” sieht – vorausgesetzt die Finanzlage hat sich bis dahin gebessert – 2011 eine Wiederbesetzung des Lehrstuhls vor; was bis dahin geschieht ist ungewiss. Zwar beabsichtigt der Geschäftsführende Direktor des Instituts den Lehrbetrieb durch „geeignete personelle Maßnahmen” ordnungsgemäß weiterzuführen, doch liegen hier weder eindeutige Pläne geschweige denn schriftliche Zusicherungen vor. Freilich gründet sich eine gute Hochschulausbildung auch nicht nur auf „ordnungsgemäße” Lehre, sondern ist überdies auf parallele Forschung des Personals – Stichworte Aktualität und Konkurrenzfähigkeit – angewiesen. Wie kann ein angeblich berufsqualifizierender Studiengang für ein hochdynamisches Berufsleben qualifizieren, wenn die Inhalte nicht dem Wandel, nicht sich verändernden Problemkontexten angepasst werden? Warum werden die Studierenden des Profils Kulturanthropologie / Volkskunde im Institutsvergleich derart benachteiligt, obwohl sie doch mittels Studienbeiträgen deutlich überproportional zur sogenannten „Verbesserung” der Lehre gerade ihres Profils beitragen?

Damit nicht genug: Vertreter des Instituts lassen verlauten, dass eine Einstellung des Profils Kulturanthropologie / Volkskunde bereits zu diesem Wintersemester sowie ein MA-Start ohne das Profil Kulturanthropologie / Volkskunde erwogen werden. Eine „Einfrierung” der Stellen – die weder fair noch betriebswirtschaftlich logisch ist – würde somit nicht wie propagiert ein „befristetes Moratorium” darstellen, sondern einem 2011 angeblich neu zu besetzenden Lehrstuhl sukzessive die Studierenden sowie – und auch das wird bereits überregional kritisch diskutiert – zahlreichen Kultureinrichtungen den traditionellen wissenschaftlichen Nachwuchs entziehen. Ob die Bonner Volkskunde aber durch diese oder ähnliche Maßnahmen tatsächlich de facto abgeschafft wird, darüber entscheidet letztlich der Rat der Philosophischen Fakultät – und zwar am 7. Mai 2008!"


In Bonn hat sich nun eine "Taskforce" gebildet, die um Solidaritätsbekundungen bittet:

Die „Taskforce” ist ein Zusammenschluss von Studierenden und Alumni der Universität Bonn, die sich gegen die de facto-Abschaffung der Kulturanthropologie/Volkskunde wehren. Wir setzten uns für die Fachdisziplin, für die gewohnt hohe Qualität ihrer Forschung und Lehre und für die Berufsperspektiven ein, die der hohe Praxisbezug gewährleistet.

Ausserdem gibt es eine Homepage, die Vorschläge macht, wie man/frau helfen kann zu verhindern, dass im Zeitalter des Ökonomismus der Universität ein weiterer Sieg der Diktatur der BWL beklagt werden muss.

Zugleich lässt sich aber auch sehen, wohin es führt, wenn der Kulturbegriff der geisteswissenschaftlich-philologischen so genannten Kulturwissenschaften administrativ exekutiert wird. In welcher Weise ein solcher Kulturbegriff selbst praktische Konsequenzen hat, zeigt sich an diesem Beispiel. Dann wird wieder sortiert in Hochkultur und minderwertige Populär- und Alltagskultur. Man sollte sich damit nicht mehr gemein machen und wieder anfangen das zu kritisieren.
 

Wissenschaftsblogs & Rankings

Der Rankings gibts ja viele. Davon ist auch unsereins nicht ganz unbetroffen. Seit entdeckt wurde, dass auch WissenschaftlerInnen bloggen, gibt es eine Reihe Versuche, dieselben zu sammeln und zu positionieren (z.B. das Wissenschaftscafe).
Bei Metaroll findet man diesen Blog derzeit auf Platz 28. Was immer das auch bedeuten mag. Interessant sind aber die Rubriken "Fans" und "Wer uns liest, liest auch noch" ....
Ein Weblog mit Informationen und Meinungen rund um Fragen der Kulturwissenschaftlichen Technikforschung

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Robo-Bar
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amischerikow - 14. Feb, 16:36
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Publikationen aus dem Forschungskolleg










Gerrit Herlyn
Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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