Hinweis auf einen Hinweis auf zwei Vorträge

Ganz sicher, ganz bestimmt haben alle, die ein RSS-Abo für dieses weblog haben, auch eines für das mit diesem verwandte blog surveillance studies.
Falls etwa (kaum vorstellbar, aber immerhin möglich) nicht bitte ich das nachzuholen und bitte, den link oben oder diesen zu nutzen, um die beiden Vorträge von Dr. Nils Zurawski anschauen zu können. Der link auf dieser Seite rechts unter "Wo wir verkehren" tut es auch.
 

Veranstaltungshinweis: Radiophone Psychose und das “Targeted Individual”

Ein Vortrag im Rahmen des Freien Sender Kollegs: Jeffrey Sconce
Radiophone Psychose und das “Targeted Individual”

Dienstag, 7. Juli, 18.30 Uhr (in englischer Sprache)
Universität Hamburg, Phil-Turm, Von-Melle-Park 6, Hörsaal F

Im Verlauf des letzten Jahrhunderts hat die Psychiatrie das “Hören von Stimmen” zu einem “Symptom ersten Ranges” für Schizophrenie erklärt. Traditionell führten diejenigen, die von auditiven Halluzinationen betroffen waren, sie auf gespenstische radiophone Technologien zurück. Doch in den letzten zwanzig Jahren ist eine neue Gemeinschaft der “Stimmen-Hörer” bemüht, diese Halluzinationen zu entpathologisieren. Indem sie sich selbst als “TI” für “targeted individuals” d.h. Zielpersonen) bezeichnen, vertritt diese Gruppe die Auffassung, dass die Regierung der Vereinigten Staaten eine ganze Reihe elektromagnetischer Übertragungsgeräte zum Implantieren von “Stimmen im Kopf” perfektioniert habe. Im Gegensatz zu traditionellen paranoid Schizophrenen aber bleiben die “TIs” zumindest zumeist voll integrierte und produktive Mitglieder der Gesellschaft. Der Vortrag skizziert sowohl die Geschichte dieser Bewegung, als auch die neu entstehenden Auswirkungen der Versuche dieser Gemeinschaft, die Beziehung zwischen Psychose, den politischen Strukturen und technologischen Möglichkeiten neu auszuhandeln.
Jeffrey Sconce lehrt an der Northwestern University in Chicago.
 

Recherche/Meinungsumfrage: Public Perceptions of Illicit Antiquities

Über Material World wurde die folgende Umfrage einer Studentin veröffentlicht. Ich habe vorsichtshalber nachgefragt, ob es in ihrem Sinne ist, diese interessante Umfrage hier weiterzuverbreiten, weil das die Zielgruppe stark verändert. Cherkea Howery meinte dazu My target audience was initially focused on the New York City population, but the internet has certainly allowed more access. No specific criteria is used to narrow participants except for the necessity to access the internet and understand English.

Hier nun die Einladung zur Umfrage.

Reflections in the Glass: your Opinion about Antiquities

Greetings!

I am a New York University Graduate student in the Program of Museum Studies requesting your participation in a unique survey conducted as research for my Master’s thesis. The survey should take less than 15 minutes and is completely anonymous. Your participation could affect the understanding of public perceptions of museum collecting practices and the display of antiquities. Are you aware of the issues or hold museums accountable for their acquisition policies?

Please take your time to answer each question honestly and thoughtfully. The following link will take you to the survey

The results will be posted on my NYU web blog or possibly published as an article at a later date.


Thank you for your participation!

Sincerely,
Cherkea Howery, NYU Museum Studies
 

2 Stellenausschreibungen an der TU Hamburg-Harburg

Zum Link der Stellenausschreibung auf den Seiten der TU Harburg gelangen Sie hier.

Die Technische Universität Hamburg-Harburg ist eine Hochschule, die die
technisch-wissenschaftliche Kompetenz der norddeutschen Region stärken
und qualifizierten Ingenieurnachwuchs ausbilden soll.

An der TUHH ist in der Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik ab 01.09.2009
für die Dauer der unten genannten Projektlaufzeiten folgende zwei
befristete Stellen zu besetzen

Wissenschaftliche Mitarbeiterin / Wissenschaftlicher Mitarbeiter

EGr. 13 TV-L, Kenn-Nr.: D-09-75.4

(mit 50% der regelmäßigen Arbeitszeit)

Die TUHH fördert die Einstellung von Frauen. Sie begrüßt es, wenn sich
der Anteil von Frauen - vor allem in technischen Bereichen - erhöht und
fordert deshalb qualifizierte Bewerberinnen nachdrücklich auf, sich zu
bewerben.

Aufgabengebiet:
Stelle 1:

Durchführung von wissenschaftlichen Aufgaben im Rahmen des von der DFG
geförderten Projektes:

"Die Bedeutung des Internets für die gesellschaftliche Teilhabe - am
Beispiel alltäglicher Praktiken Erwerbsloser" befristet bis 28.02.2011

Stelle 2:

Durchführung von wissenschaftlichen Aufgaben im Rahmen des von der
VW-Stiftung geförderten Projektes: "Subjektkonstruktionen und digitale
Kultur. Neue Subjektformen im Wechselspiel mit soziokulturellen
Praktiken im Cyberspace" befristet bis 31.08.2012
Voraussetzungen:

Abgeschlossenes sozialwissenschaftliches Hochschulstudium

- Fundierte Kenntnisse in der Geschlechter- und/oder
Intersektionalitätsforschung

- Fundierte Kenntnisse in der Arbeits- und/oder Internetforschung

- Breite Erfahrungen in der qualitativen Sozialforschung

Weitere Auskünfte erteilt Ihnen Frau Prof. Winker unter der Rufnummer
040/42878-3445 oder -2788.

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt.

Bewerbungen mit tabellarischem Lebenslauf und den üblichen Unterlagen
sind bis zum 13.07.2009 unter Angabe der Kenn-Nr. D-09-75.4 zu richten an:

Technische Universität Hamburg-Harburg
- Personalreferat PV32 -
Schloßmühlendamm 32
D-21073 Hamburg

Der Technischen Universität Hamburg-Harburg ist es aufgrund der Vielzahl
von Bewerbungen leider nicht möglich, übersandte Bewerbungsunterlagen
zurückzusenden. Bitte reichen Sie daher keine Originale ein.
Sofern Sie Ihrer Bewerbung einen ausreichend frankierten und
adressierten Rückumschlag beifügen, erhalten Sie die Unterlagen
selbstverständlich unaufgefordert zurück.
 

Self-Service als Bevormundungs-Technologie

selfservicedublin400 (aufs BIld klicken für eine größere Version)

Nur ein paar kurze Bemerkungen zu einem durchaus lohnenden Thema für die Forschung: Self-Service an Flughäfen. Ich erspare allen die lange Geschichte die hinter diesen Gedanken steht, aber es hat zumindest meine Skepsis gegen diese Art der vermeintlichen Selbstermächtigung verstärkt. Vom Prosumer kann hier keine Rede mehr sein, wenn man ihn als Teil eines emanzipatorischen Kunden/Konsumenten begreifen will. Nun also: Die Maschinen, die einem das Einchecken auf Flughäfen erleichtern sollen, sind generell keine schlechte Idee, es kommt aber darauf an, wie die Technik tatsächlich funktioniert, wie übersichtlich das Interface ist, wie gut auch Computer-illiterate damit umgehen können usw.. Und schlielich inwiefern man im Notfall auf gut geschultes Personal zurückgreifen kann - was hier nicht unbedingt der Fall war.

Dafür war reichlich Personal vorhanden, das bei dem Fehler, welchen das System produziert hat, ahnungs- und hilflos war, dafür entsprechend der immer angepannteren Stimmung auf Flughäfen, zunehmend unfreundlich (zum Teil zumindest).

Sich auf einem Flughafen aufzuregen, bedeutet kurz vor der Absicht zu stehen, einen Anschlag auf Personal, Anlagen o.ä. zu führen, was einen dann nahe eines terroristischen Aktes bringt - so meine Empfindung. Das Personal wid nervöser (was nachvollziehbar ist, z.T.), aber auch immer unfähiger entsprechend mit Situationen umzugehen und diese einzuschätzen. Dazu kommt das schlecht geschultes Personal mit Systemen allein gelassen wird, die nicht mmer funktionieren. Ein Fehler ist ein technisch-soziales Desaster und führt dann zu Folgen, die in ihrer Dynamik nicht abzusehen sind.

Mit der Idee des Self-Service hat das alles nichts mehr zu tun. Für die Forschung allerdings tut sich ein lohnendes Feld auf. Nur zu.
 

Stellenausschreibung: Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in TU Hamburg-Harburg, Arbeit-Gender-Technik

Stellenausschreibung
http://www.tu-harburg.de/aktuell/stellen/D-09-58.html

Die Technische Universität Hamburg-Harburg ist eine Hochschule, die die technisch-wissenschaftliche Kompetenz der norddeutschen Region stärken und qualifizierten Ingenieurnachwuchs ausbilden soll.

An der TUHH ist in der Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik ab 01.07.2009 folgende - auf 2 Jahre - befristete Stelle zu besetzen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin / Wissenschaftlicher Mitarbeiter

EGr.13 TV-L, Kenn-Nr.: D-09-58.4

mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit

Die TUHH fördert die Einstellung von Frauen. Sie begrüßt es, wenn sich der Anteil von Frauen - vor allem in technischen Bereichen - erhöht und fordert deshalb qualifizierte Bewerberinnen nachdrücklich auf, sich zu bewerben.

Aufgabengebiet:
•Mitarbeit in einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt zum Thema:
„Die Integration hochqualifizierter Migrantinnen auf dem deutschen
Arbeitsmarkt (in Technologiebranchen)“
im Rahmen eines Verbundprojektes.
•Erarbeitung des empirischen Designs, Durchführung und Auswertung qualitativer Interviews
•Theoretische Einordnung der empirischen Befunde
•Verfassen von Zwischen- und Endberichten

Voraussetzungen:
•Ein abgeschlossenes sozialwissenschaftliches Hochschulstudium
•Fundierte Kenntnisse in der Geschlechter- und Migrationsforschung
•Erfahrungen mit qualitativer Sozialforschung
•Wünschenswert ist Interesse an technik- und arbeitssoziologischen Fragenstellungen

Weitere Auskünfte erteilt Ihnen Prof. Dr. Gabriele Winker unter der Rufnummer 040/42878-3445 oder 2788.

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt.

Bewerbungen mit tabellarischem Lebenslauf und den üblichen Unterlagen sind bis zum 15.05.2009 unter Angabe der Kenn-Nr. D-09-58.4 zu richten an:

Technische Universität Hamburg-Harburg
- Personalreferat PV32 -
Schloßmühlendamm 32
D-21073 Hamburg

Der Technischen Universität Hamburg-Harburg ist es aufgrund der Vielzahl von Bewerbungen leider nicht möglich, übersandte Bewerbungsunterlagen zurückzusenden. Bitte reichen Sie daher keine Originale ein.
Sofern Sie Ihrer Bewerbung einen ausreichend frankierten und adressierten Rückumschlag beifügen, erhalten Sie die Unterlagen selbstverständlich unaufgefordert zurück.
 

Prosumer zwischen Marketing und Wissenschaft

Ein Kommentar zu der Prosumer-Tagung in Frankfurt am 26. und 27. März 2009.

Zugegeben, das Thema ist neu für mich, Konsum, Konsum- und Wirtschaftssoziologie, Prosumer, Produsage, Marke Eigenenbau. Dennoch war ich überrascht, das sich in dem Feld Prosumer vor allem die Marketing-Branche und ihre wissenschaftlichen Kollegen tummeln. Mehr als ich erwartet hätte. Dennoch war die Tagung eine Berreicherung. Allein durch die Vortäge von Kai-Uwe Hellmann, der dem Hype um die "Marke Eigenbau" und die alles revolutionierenden neuen Wirtschaftsweisen im Web 2.0 Einhalt gebot und zum genauen Nachdenken aufforderte.

Den Hinsweis auf Marcel Mauss, den ich von Jörg Lamla erhielt, nehme ich gern auf, denn das Konzept des Tausches erscheint mir auch in Bezug auf den Tausch von Daten gegen niedrie Prozente hilfreich - zumal es Aussaen in unseren Interviews gibt, die auf entsprechend soziale Beziehungen hindeuten.

Mein kurzes Fazit von der Tagung ist, dass der Begriff des Produmers schwierig ist, wenn nicht gar in die Irre führend, beschreibt er doch etwas, was auch auf einen Subsistenz-Bauern zutrifft und so neu nicht ist. Durch das "Web 2.0" ist ein Hype um die alles revolutionierenden Wirtschaftsweisen entstanden, der leider zu wenig die politökonomischen Bedingungen globaler Produktions- und Besitzverhältnisse berücksichtigt, auch wenn sich im Kleinen an wenigen Stellen etwas neues ergeben kann.

Insgesamt aber ein Thema, das sich weiterzudenken lohnt.
 

Symposium: Kulturelle Übersetzungen (Hamburg, 17.-18. April 2009)

Hinweis: die abstracts der Tagung finden Sie hier.

Tagung der Isa Lohmann-Siems Stifung 2009

Zeit: 17. und 18. April 2009
Ort: Warburg-Haus, Heilwigstr. 116, 20249 Hamburg
Veranstalter: Isa Lohmann-Siems Stiftung (Forschungsprojekt: Kulturelle Übersetzungen)
Leitung: Anika Keinz, Klaus Schönberger, Vera Wolff
Tagungsgebühr: 15 € (inkl. Verpflegung im Tagungsgebäude), für Studierende kostenlos

Freitag, 17. April 2009

13.15 Uhr - Begrüssung

13.45 Uhr - Reetta Toivanen, Helsinki
Verpflanzung von juristischen Begriffen: Kulturelle Übersetzung von Menschenrechten

14.30 Uhr - Serhat Karakayali, Berlin
„Learning From..." – Kulturalisierung, Modernekritik und Kolonialismus

15.15 Uhr - Anika Keinz, Frankfurt (Oder)
(Nur) Sprachideologien? – Übersetzungsprozesse zwischen Erfahrung und Politik oder Versuch einer Feminisierung des Rechtsdiskurses in Polen

16.00 Uhr - Kaffee

16.30 Uhr - Natasha Eaton, London
Nomadism of Color: Waste, color, empires in India

17.15 Uhr - Vera Wolff, Hamburg
Westliche Technik, japanischer Geist: Künstlerische Materialien als Medien der Übersetzung

18.00 Uhr - Klaus Theweleit, Karlsruhe/ Freiburg i. Breisgau
Gehirnsprünge. Zur Gehirnveränderung durch Medien

Anschließend Wein & Brezeln


Samstag, 18. April

9.30 Uhr - Boris Buden, Berlin
Zum politischen Übersetzungsbegriff

10.15 Uhr - Bożena Chołuj Warschau/ Frankfurt (Oder)
Judith Butler zwischen Inszenierung und politischer Handlung oder zur deutschen und polnischen Übersetzung von „Gender Trouble“

11.00 Uhr - Kaffee

11.30 Uhr - Katharina Eisch-Angus, Regensburg/ Frauenau
Tägliche Verunsicherung: Übersetzungsprozesse zwischen Alltagserfahrung und neuen Sicherheitsdiskursen

12.15 Uhr - Klaus Schönberger, Zürich
Eigensinnige Übersetzung(en). Ästhetische Praktiken und subversive Re-Präsentation von Macht

13.00 Uhr - Buffet

14.00 Uhr - Pedro Erber, Ithaca
The Unsuitable Avant-Garde? Postwar Art Histories in Brazil and Japan

14.45 Uhr - Michal Buchowski, Poznań / Frankfurt (Oder)
Brothers in Disciplinary Arms as Others: How Crosscultural Communication is Curbed in Anthropology

15.30 Uhr - Abschlussdiskussion
 

SHOT revisited (Schluss) – Montag und Dienstag, 13./14. Oktober 2008

Tagungsbericht: 50th Annual Meeting der Society for the History of Technology, 11.–14. Oktober 2008 in Lissabon

[die abstracts der Sessions sind abrufbar unter -> conference schedule]

Die ersten Sessions des Montags behandelten vornehmlich „Technikhistorikklassiker“, wobei ein Schwerpunkt auf den Standardisierungsanstrengungen im 20. Jh. lag. Eine Session mit dem Titel „Measuring Bodies, Standardizing Subjects“ behandelte den Menschen als Standardisierungsprojekt und seine Vermessung im Kontext neuer Technologien. Am „Problem of the Human Body in Airplanes, Food, and Airplane Food During WW II and Beyond“ beschrieben die Papers die historische Entwicklung bestimmter Normen, die zu Ergebnissen wie der „K Ration“ der amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg (Sarah W. Tracy, Honors College, University of Oklahoma) führten. Die Parallelsession „Containerization and Intermodal Freight Transportation in Historical Perspective – Regulation, Innovation and Globalization, 1920–1970. Das Panel wurde von Bruce Seely (College of Sciences and Arts, Michigan Tech) und Arthur Donovan (US Merchant Marine Academy) organisiert, die selbst auch papers vorstellten. Die Veranstaltung unterstrich in historischer Perspektive noch einmal die Wichtigkeit von standardisierten Transportmitteln für den Handel – erst ein Format, das zwischen Schiff, Eisenbahn und LKW austauschbar war, führte zu den enormen Effizienzsteigerungen und Kostenreduktionen im Transportwesen, das damit neue Organisationsformen für Unternehmen ermöglichte. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf den Darstellungen des Zusammenspiels staatlicher Regularien mit technischen Veränderungen „during periods of rapid technical change“ (vgl. session abstract), der verdeutlichte, dass staatliche Akteure bei der Verhandlung von neuen Technologien auch Gestaltungsspielräume nutzen können, die einen Einfluss auf die Beschaffenheit der Technik haben.

Am Nachmittag lotete ein Panel zum Thema „Medical Technology“ die Kontroversen zwischen Kulturen und neuen medizinischen Möglichkeiten aus. Alle drei Referate behandelten Themen aus dem Bereich der medizinisch unterstützten Reproduktion und Schwangerschaft. Neben Paula Viterbo (Bryn Mawr College, PA, zum Thema „,Natural’ Contraception“) und Bridget E. Gurtler (Rutgers University-New Brunswick, zum Thema Künstliche Befruchtung in historischer Perspektive), untersuchte Marianna Tolia (Technical University of Athens) die „Woman/ User Perspective on the IVF Technologies in Greece as Manifested in the Net“. Dabei untersuchte sie die Perzeption künstlicher Reproduktionstechnologien (ART) in Griechenland; im Fokus ihres Interesses standen dabei vornehmlich weibliche Nutzerinnen von Online-Foren zum Thema In-Vitro-Fertilisation (IVF). Im griechischen Kontext sei von den Frauen viel Mitarbeit (work) erforderlich, die es zu erforschen gelte. Unterschiedliche Faktoren träfen hier zusammen: ein nicht funktionierendes Gesundheitssystem und Misstrauen gegenüber den Ärzten, gepaart mit der Abwesenheit einer funktionierenden Regulierungsbehörde und einem intensiv bearbeiteten Markt trügen hier zu einer Verunsicherung der NutzerInnen der ART bei, mit denen sie allein gelassen seien. Die Behandlung müsste also nicht einfach nur in das Alltagsleben der user integriert werden, sondern diese müssen selbstständig versuchen, ihr Misstrauen gegenüber dem medizinischen Establishment auszubalancieren, Unabhängigkeit in der Erlangung von Informationen zu erreichen und darüber hinaus die Kosten zu reduzieren (wirtschaftliche Situation anders als in „klassischen“ ART-Märkten, z.B. USA). Dabei ist das Internet von großer Bedeutung, da es mit den Anforderungen der NutzerInnen korrespondiert. Mit Hilfe virtueller Kommunikation können hier die Mitglieder verschiedener Gruppen sich in einer community austauschen und so Informationen von anderen ART-Nutzerinnen aus erster Hand erhalten und weitergeben. Ein weiterer Vorteil des Internets ist die Anonymität und nicht-personale Kommunikation, da Unfruchtbarkeit ein in Griechenland gesellschaftlich tabuisiertes Thema sei. Weiterhin ermögliche es die ermöglichen es emoticons, dieses emotional aufgeladene Thema auf einer persönlicheren Ebene zu verhandeln, als dies mit rein verbalen Äußerungen möglich sei. Im Ergebnis trage die Internet-Technologie dazu bei, einen geschützten und hoch emotionalen Raum zu schaffen, der die Wissensproduktion für die NutzerInnen ermögliche.
In ihrem Kommentar stellte Michi Knecht (Humboldt-Universität zu Berlin) zunächst fest, dass die ART/IVF-Technologien zwar das Verständnis von Empfängnis und Reproduktion verändert hätten, einem breiteren Publikum jedoch nach wie vor unbekannt seien. Kapital, Pharmazien und Wissen zirkulieren weltweit, letztendlich werden sie jedoch in regionalen Kontexten angewendet – die Überkreuzungen fordern vorhandenes Wissen bei den ART-NutzerInnen heraus und machen Neuordnungen nötig. Knecht schlug vor, die historische Perspektive in der Forschung zu diesem Thema stärker zu berücksichtigen, so sei z.B. die Möglichkeit, Kontrolle (control / regularisation) über den Körper auszuüben eines der Hauptmotive der Moderne und auch erst in dieser entstanden.

Die interessanteste Sitzung der Konferenz – schließt man sich einem Kommentar aus dem Plenum an – widmete sich unter dem Titel „Techno-Cocooning: Cultural Histories of Mobile Capsules“ dem Herstellen von Räumen durch Klang. Das „technische Einkapseln“ in einen Klangraum in seiner historischen Dimension wurde dabei am Beispiel Automobil, aber auch am Walkman/MP3-Player dargestellt.
Der erste Vortrag von Christopher McDonald (Graduate Study in History, Princeton) untersuchte, wie das Autoradio in der Zeit zwischen 1929-59 zu einem „Companion“ wurde, das Langeweile oder Einsamkeit vertreiben half und eine Brücke zur Außenwelt für den Fahrer darstellte (Creating a Companion in the Car: Car Radio in America as a Technology Hybrid).
Die zentralen Vorträge des Panels referieren die Panel-Organisatoren Karin Bijsterveld und Gijs Mom. Karin Bijsterveld (Dept. Of Technology & Society Studies, Universiteit Maastricht) nahm das Thema Autoradio auf und erweiterte es zeitlich und thematisch. In ihrem Vortrag „Acoustic Cocooning: Ho the Car Became a Place to Relax (Europe, 1920s–1990s)“ stellte sie dar, wie „Ruhe” ein Standard der Autovermarktung wurde. Ruhe wird neuerdings nicht mehr in Verbindung mit Einsamkeit gebracht, die vom Autoradio übertönt werden muss, sondern mit Kontrolle darüber, wer bzw. welche Geräusche Zugang zum persönlichen Nahraum haben (oder nicht). Bijsterveld weist dies an Hand von Vermarktungsstrategien (Autowerbung, Philips-Autoradio) nach, die insbesondere seit den 1990er Jahren auf die „sonic qualities“ der Autos abhebt. Vor dem Hintergrund der „Erlebnisgesellschaft“ (Gerhard Schulze) treffen Strategien, das Auto als Klangerlebnis zu designen und zu vermarkten, offenbar Bedürfnisse der mobilen Nutzer.
Den Gedanken der Umweltkontrolle macht Gijs Mom (Dept. Technology, Innovation & Society, Technische Universiteit Eindhoven) zum zentralen Thema seines Vortrages „Cultures of Control: Sensorial Struggles in the Automobile, 1920s–1990s“. Er periodisiert an Hand einer Literaturanalyse, die sich auf das sinnliche Erleben bei der Autofahrt konzentriert (Proust (1907) z. B. beschrieb das Autofahren als „multisensorial trip“), drei Phasen des Cocooning: Bis zum 1. Weltkrieg wurde das Auto als geschlossener und schützender Körper gesehen (shell), in der Zwischenkriegsperiode als Raum auf Rädern (capsule), seit der Nachkriegszeit als „corridor“, der Privatheit in der Öffentlichkeit ermöglicht. Alle drei Rezeptionen des Automobils weisen die Gemeinsamkeit auf, sich von der Umwelt zu distanzieren.
Einen ganz anderen Blick auf mobiles Cocooning wirft Heike Weber (Institut für Philosophie, TU Berlin). Sie verbindet in ihrem Vortrag „Head Cocoons“ zwei Kontexte, Musikkultur und Mobilitätskultur. Wie die Zeitung dem bürgerlichen Reisenden zur Abschottung dien(t)e, schaffe nun der Kopfhörer eben diesen Privatraum, indem er akustische Abgrenzung ermöglicht.
In der Diskussion wurde herausgehoben, dass die historische Erforschung von technischen Klangwelten in der Technikgeschichte bisher ein Forschungsdesiderat gewesen sei und sich gerade zu einem breiteren Forschungsgebiet entwickelt, wie die breit rezipierten Studien Bijstervelds (Mechanical Sound, 2008) oder Susan J. Douglas’ (Listening In: radio and the American imagination, 1999) zeigen. So sind das Flugzeug, oder das Radio samt seiner Archivbestände „technische Leitfossile“, die unsere akustische Wahrnehmung und damit unsere alltäglichen Erfahrungen mitbestimmen. Da die Session-papers vor allem das Cocooning, also den Schutz vor unerwünschtem Klang betonten, tauchte in der Diskussion auch die Frage auf, ob Cocooning schlechterdings vielleicht unmöglich sei – gerade beim Autofahren träfen den Fahrer ständige Handlungsaufforderungen des Verkehrs, die einen Rückzug ausschlössen. Auch gebe es gegenläufige Tendenzen – Porsche etwa arbeitet an immer lauteren Motorengeräuschen, andere PKW-Besitzer bauen sich „boom boxen“ ein. Gerade diese Beispiele, so Bijsterveld, wiesen jedoch darauf hin, dass Kontrolle über den Klang erlangt werden wolle – eines der Merkmale des Cocoonings. Ein weiterer Kritikpunkt waren die Daten, da schwerpunktmäßig auf der Basis von Autowerbung analysiert wurde. Es ist hier zu wünschen, dass neben den klassischen klangökologischen Theoremen verstärkt auch ethnografisch-kulturanthropologische Forschungen über die Sinne und damit die Alltagserfahrungen breiterer Gruppen in der Technikgeschichte Berücksichtigung finden.

Leider sah das Tagungsprogramm keine Abschlussdiskussion vor, sodass am letzten Vormittag die Sessions in gehabter Art und Weise weitergeführt wurden. Obwohl sie parallel mit weiteren Sessions stattfand, konnte diese Lücke teilweise durch die Session 66, „Science, Technology, and the Social Functions of Our Disciplinary Boundaries OR Is SHOT Necessary?” gefüllt werden. (Angelehnt war der Titel an das Büchlein „Is Sex necessary“? (Thurber/ White 1929), das auf humorvolle Weise (OK, 20er Jahre Humor ...) die psychologischen Verstrickungen des (weißen männlichen) Mittelklasse-Amerikas bei/m Partner-Suche/ -Wahl und -Sein behandelt und als Klassiker dieser Art Ratgeberliteratur gilt.) Die „Round-Table-Conversation“ konstatierte eher zu wenige Verstrickungen - zwischen den Histories of Technology und Science. Organisiert hatte das Panel Amy Slaton (Dept. of History and Politics, Drexel University), es begann mit einem Impulsreferat von Maria Rentetzi (Dept. of Humanities, Social Sciences and Law, National Technical University of Athens), die das Labor als Beispiel des Zusammenwirkens von „Wissenschaft und Technik“ in den Mittelpunkt ihres Referats stellte. Ihre Bildanalyse der historischen Entwicklung von Apparaten der Radiophysik an Hand historischer Fotos kennzeichnete das Labor als eines der Hauptbeschäftigungsfelder der History of Science - und als Verbindung zwischen Wissenschaft und Technik, da es Menschen und Apparate kontextualiesiere. Da ihre Forschungen dabei einen Schwerpunkt auf Gender (Wissenschaftlerinnen im Institut für Radiumforschung Wien, erste Hälfte des 20. Jh.) legen, kam das Gespräch schnell auf die Themenkomplexe Gender, Race, Class zu sprechen. Wie diese sozialwissenschaftlichen Konzepte in die History of Technology einbezogen werden könnten, wurde als eine der drängenden Fragen ausgemacht. Ziel der historischen Technikforschung dürfe es nicht nur sein, Fallstudien anzufertigen, sondern auch auf sozialwissenschaftliche Erkenntnisse zu beziehen. So werden Studien in soziologisch-philosophischer Ausrichtung wie die SCOT oder STS im Fach breit rezipiert. Eine weitere Herausforderung für die History of Technology ist dabei, wie die dritte Podiumsdiskutantin Jessica Wang (Dept. of History, University of British Columbia) betonte, das Überbrücken des „Science-Technology Divide“. So sei es auch die Aufgabe der History of Technology, neben Innovationen und Innovationsprozessen verstärkt auch die Produktion und Zirkulation von Wissen zu untersuchen. Auch im Hinblick auf den wissenschaftlichen Nachwuchs könnte die größere Einbeziehung von z. B. Genderfragen oder anderer Themen von gesellschaftlicher Relevanz das Interesse am Fach mehren.

Viele Beiträge haben gezeigt, dass diese interdisziplinäre Herausforderung angenommen wird und neue Konzepte, wie die „New-Approaches“ oder „Cocooning“-Sessions zeigten, im Fach erprobt werden. Ähnlich äußerte sich auch Steve Usselman (School of History, Technology, and Society, Georgia Institute of Technology), zum Tagungszeitpunkt Präsident der Society, in seiner „Presidential Adress“. Er encouragierte die Forscher_innen zu „dichten Beschreibungen“ und versicherte, dass SHOT weiterhin „the best country“ in der Wissenschaftslandschaft sei, um Technik unter verschiedensten Forschungsinteressen zu untersuchen.
Das nächste Annual Meeting findet vom 15.–19. Oktober 2009 in Pittsburgh, Pennsylvania, statt. Dem portugiesischen Planungsteam unter der Leitung von Maria Paula Diogo (Centro de História das Ciências, Universidade de Lisboa) ist für die tolle Organisation der Tagung zu danken. Die Atmosphäre des Arts Hotel auf dem Expogelände Lissabons, das auf die Tagung abgestimmte Begleitprogramm und die Stadt selbst regten sehr zu vielerlei Diskussionen und Gedankenaustausch an.
 

Filmtipp, leider nicht ganz aktuell: Das selbstgebaute U-Boot

Der Film Herr Pilipenko und sein U-Boot lief 2007 schon auf arte, ich hab ihn erst jetzt im Hangar des U-Boot-Museums Hamburg gesehen. Ein sehenswerter Film! Sich aus Schrott ein eigenes U-Boot zu bauen, dass ist mehr als recycling.
In Programmkinos läuft er bestimmt ab und zu, auf der website zum Film und bei youtube läuft der trailer. Demnächst wahrscheinlich auch auf arte und beim NDR einen kleine Nachtrags-Dokumentation: Was wurde aus dem U-Boot und aus Herrn Pilipenko, der durch den Film berühmt wurde.
Ein Weblog mit Informationen und Meinungen rund um Fragen der Kulturwissenschaftlichen Technikforschung

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Roboter im Film
http://www.zeit.de/kultur/ film/2015-04/ex-machina-fi lm-android-roboter
amischerikow - 21. Apr, 13:40
Trauern in der Online-Version
Prof. Dr. Norbert Fischer über digitale Trauerportale...
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Robo-Bar
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amischerikow - 14. Feb, 16:36
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Gerrit Herlyn
Deutungsmuster und Erzählstrategien bei der Bewältigung beruflicher Krisenerfahrungen In: Seifert, Manfred/Götz, Irene/Huber, Birgit (Hg.): Flexible Biographien. Horizonte und Brüche im Arbeitsleben der Gegenwart. Frankfurt u. a. 2007, S. 167-184.








Anika Keinz, Klaus Schönberger und Vera Wolff (Hrsg.)
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